Der Hoicher-Maler:Die Kunst der Ursprünglichkeit

Der Königsdorfer Georg Demmel legte keinen Wert auf Ausstellungen, sprach nie über seine Werke und verkaufte sie nur an Menschen, die ihm sympathisch waren. Walter Frei widmet dem Maler nun einen Bildband, der Einblick gibt in sein Oeuvre

Von Barbara Szymanski, Königsdorf

Der Hoicher-Maler: "Fünf Bauern am Wirtshaustisch": Für seine reduzierten Zeichnungen wie diese schnitzte sich Georg Demmel aus einem Holzspan feine oder gröbere Stifte.

"Fünf Bauern am Wirtshaustisch": Für seine reduzierten Zeichnungen wie diese schnitzte sich Georg Demmel aus einem Holzspan feine oder gröbere Stifte.

(Foto: Repro: Hirmer-Verlag/oh)

Georg Demmel ist der "Hoicher-Maler" in Königsdorf. Ein eher zurückhaltender, in sich ruhender Bauernsohn, dessen Erkennungszeichen ein Schafwolljanker, eine Pfeife im Mundwinkel und ein flacher, grauer Filzhut waren - oder oft auch ein schlichter Arbeitskittel. Seine Kunst war es, das Leben der Bauern und ihrer tierischen Helfer mit seinen Bildern zu huldigen. Für seine reduzierten Zeichnungen schnitzte er sich aus einem Holzspan feine oder gröbere Stifte. Und seine Zurückhaltung gegenüber der lauten, geschäftigen Welt drückt sich auch in seinen Aquarellen aus, für die er verhaltene, eher kühle Farbtöne verwendete. Bewegungen zeichnen seine Blätter aus und der Betrachter spürt deshalb den Herbstwind und vernimmt das feine Rascheln wie beim Aquarell "Laub sammeln im Wald". Viele Fresken an Häusern, in Kirchen und an Leonhardiwagen im ganzen Oberland erinnern zudem an ihn. Georg Demmel (1899 bis 1972), dem akademischen Maler, Mitglied der Münchner Secession und großen Sohn Königsdorfs wurde nun ein Bildband gewidmet, der Einblick in das reichhaltige Oeuvre gibt, aber auch viel über den Menschen und "besten Darsteller bäuerlichen Lebens", so sein Ruf, erzählt.

Der Hoicher-Maler: Künstler Georg Demmel als etwa 30-Jähriger.

Künstler Georg Demmel als etwa 30-Jähriger.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Sie hatten sich fein gemacht, die Königsdorfer, für diese Buchvorstellung im großen Saal des Posthotels Hofherr. Der Autor Walter Frei aus Bad Tölz war sichtlich berührt von diesem großen Zuspruch, der Aufmerksamkeit und dem Applaus, der immer wieder aufbrandete bei seiner Einführung. Gut eineinhalb Jahre hat der Autor, der auch "Tölz in alten Bildern" oder den Bildband über den Isarwinkler Maler Albert Spethmann verfasste, daran gearbeitet. Er konnte dabei zurückgreifen auf Material, das die Kinderbuchautorin Sigrid Heuck über ihren Freund Georg Demmel aufbewahrt hatte, sowie auf Dokumente der Autorin Sigrid Hofstetter. Franz G. Roeckl schwebt als Kunstmäzen, Herausgeber, und Urgroßneffe des Architekten Gabriel von Seidl über dem Bildband. Über den größten Fundus freilich verfügt der Großneffe Michael Demmel, der Bilder, Dokumente und Zeichnungen seines Großonkels sorgsam aufbewahrt. Denn der Hoicher-Maler legte kaum Wert auf Ausstellungen, mochte den Münchner Galeriebetrieb nicht und verkaufte seine Blätter nur an Leute, die ihm sympathisch waren. Nie hat er über seine Kunst geredet oder diese gar erklärt. Wortlos zeigte er seine Bilder her und malte derweil weiter in seinem Atelier. Fromm war er, sprach aber mit dem Pfarrer lieber über die beste Zubereitung von Beerenwein. Als dieser einmal mit ihm über ein Bild mit schwarzen Schafen diskutierte, platzte Georg Demmel offenbar der Kragen: "Dem Herrgot gefällt es besser in meinem Garten als in deiner Kirch." Sein Garten mit vielen Blumen, Obst und Gemüse war ihm nämlich genauso wichtig wie das Berggehen und die Stille der Natur. Deshalb war er dagegen, dass die Gemeinde plante, einen lärmenden Eisplatz hinter dem Hoicher-Anwesen zu bauen. "Ich mal euch einen Esel mit zwölf Ochsen ans Rathaus", drohte er, der Kinder und Frauen zwar mochte, aber niemals heiratete. Denn die fesche Cilli Geiger vom Dorfkramer durfte "der Hungerleider", so die Eltern von Cilli, nicht ehelichen. Beide blieben ihr Leben lang ledig.

Örtliche Würdigungen

Walter Frei, Autor des Buches "Georg Demmel - Ein Künstler aus Königsdorf und sein malerisches Erbe", regte bei der Buchvorstellung vorige Woche im gut besuchten Saal des Königsdorfer Posthotels Hofherr an, den "Hoicher-Maler" posthum zum Ehrenbürger des Dorfes zu ernennen. Schließlich könne Königsdorf neben dem Ingenieur und Erfinder Robert Bosch, dem Schriftsteller Hans Carossa oder dem Dichter Paul Ernst auch stolz sein auf diesen "großen Sohn" der Kommune, erklärte er. Die Zuhörer im Saal applaudierten nach diesem Vorschlag kräftig. Der Königsdorfer Bürgermeister Rainer Kopnicky (CSU) lobte daraufhin zwar den Mut zu diesem "schönen Buch", deutete aber auch an, dass die Gemeinde grundsätzlich sehr zurückhaltend sei, was die Verleihung von Ehrenbürgerwürden betreffe. Immerhin, über einen Straßennamen als Würdigung "können wir nachdenken, aber zuvor müssen wir mit der Familie reden", sagte Kopnicky. Zumindest aber wolle die Gemeinde sich sofort ein größeres Kontingent des Bildbands zulegen. Im Heimatmuseum können die Besucher übrigens der Kunst und dem Leben des Malers Georg Demmel begegnen, jeden Sonntag, 9.30 bis 12 Uhr, bis Ende Oktober. szb

Genauso wichtig war ihm das Studium an der Kunstgewerbeschule in München, wo er bald in die Meisterklasse von Professor Josef Hillerbrand, einem gebürtigen Tölzer, aufrückte. Georg Demmel erweckte zunächst den Eindruck eines Sonntagsmalers, aber seine Ursprünglichkeit und sein Einfühlungsvermögen in die Genremalerei machten in bald zum Lieblingsschüler des Dozenten. Nur mit einer Rohrnudel gegen den größten Hunger fuhr Georg Demmel ins Münchner Institut, musste seine Studien immer wieder unterbrechen, um auf dem Hof seines Bruders mitzuhelfen. Das tat er gern und engagiert. Aufmerksam auf diesen bescheidenen, unentwegt arbeitenden Maler wurde auch die Künstlervereinigung Neue Münchner Secession. "Dieses und der Studienaufenthalt in Südfrankreich waren wohl die Höhepunkte in seinem Leben", betonte Walter Frei in seinem Vortrag. Georg Demmel beherrschte auch mit Bravour die großflächige Malerei und das Anfertigen von imposanten Fresken, für die er eine besondere Technik entwickelte. Neuartige Farben wollte er dabei nicht verwenden. "Des Graffel brauch ich nicht." Mit der sogenannten Biestmilch, der Erstmilch der Kühe für ihre Kälber, rührte er seine Farben an, weil sie viel Kasein enthalten und die Farben frischer leuchten. Davon kann man sich überzeugen an Fresken in seinem Heimatdorf und vielen anderen Orten. Der Hoicher-Maler hat auch das Stadtbild von Tölz wesentlich mitgeprägt. Auf dem Kunstmarkt sind kaum Werke von ihm zu finden, die Monografie aber setzt seinem Schaffen nun endgültig ein bleibendes Erinnern.

Der Hoicher-Maler: Der Tölzer Walter Frei stellte sein Kunstbuch im Posthotel Hofherr in Königsdorf vor.

Der Tölzer Walter Frei stellte sein Kunstbuch im Posthotel Hofherr in Königsdorf vor.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

"Georg Demmel - Ein Künstler aus Königsdorf und sein malerisches Erbe" ist im Hirmer Verlag, München, erschienen, 215 Seiten, 34,80 Euro.

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