Der Alltag kehrt zurück:Landrat beendet Katastrophenfall

Schnee Schneechaos Winter 2019

Vom heftigen Wintereinbruch zeugen die Schneehaufen in der Tölzer Marktstraße.

(Foto: Manfred Neubauer)

Nachdem sich die Wetterlage beruhigt hat, hebt Josef Niedermaier den Ausnahmezustand auf

Von Klaus Schieder, Benjamin Engel und Susanne Hauck

Landrat Josef Niedermaier (FW) hat den Katastrophenfall im Landkreis, den er fünf Tage zuvor wegen des extremen Winterwetters ausgerufen hatte, am Dienstag wieder aufgehoben. "Alle Einsätze sind abgearbeitet", sagte er bei einer Pressekonferenz im Landratsamt. Dabei dankte er ausdrücklich den Einsatzkräften der Feuerwehren, der Polizei, der Bergwacht, der Bundeswehr, des Technischen Hilfswerks, des Roten Kreuzes, der Wasserwacht und anderer Hilfsorganisationen. "Ich denke, das hat uns alle wieder einen Schritt zusammenrücken lassen." Insgesamt 3347 Helfer waren nach Angaben von Kreisbrandrat Alfred Schmeide im ganzen Landkreis eingesetzt, um vor allem die Schneemassen von den Dächern zu schaufeln. "Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen", sagte Schmeide.

Niedermaier war es "ein persönliches Anliegen", den Einsatzkräften sämtlicher Organisationen zu danken, die bis an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gegangen seien und sich ohne Wenn und Aber für die Bevölkerung ins Zeug gelegt hätten. Eine Arbeit, die gefährlich sei, wie der Landrat betonte. Dies habe der tödliche Unfall am Freitag bei Fall gezeigt, wobei ein Mitarbeiter der Tölzer Straßenmeisterei mit dem Schneepflug in die Isar stürzte. Sein ganzes Mitgefühl gelte der Familie des Verstorbenen, sagte Niedermaier. Seine Kollegen von der Straßenmeisterei hätten trotz aller Trauer am nächsten Tag wieder auf ihren Räumfahrzeugen gesessen - "das nötigt mir einen Heidenrespekt ab".

Aufhebung Katastrophenfall

Landrat Josef Niedermaier (li.) und Kreisbrandrat Alfred Schmeide lobten die Arbeit der 3347 Einsatzkräfte.

(Foto: Manfred Neubauer)

Im Einsatz waren insgesamt 2025 Feuerwehrleute, 389 Angehörige von BRK, Bergwacht, Wasserwacht und DLRG, 234 Kräfte des Technischen Hilfswerks, 237 Polizisten, darunter zwei Hundertschaften der Bereitschaftspolizei, 244 Soldaten des Gebirgsjägerbataillons 233 aus Mittenwald, 109 Helfer in der Organisation sowie 45 Privatleute, beispielsweise vom Maschinenring. Etliche davon waren auswärtige Einsatzkräfte. Sie gehörten vor allem Kontingenten aus Straubing, Rottal-Inn und Kehlheim an. "Wir hätten es vonseiten des Landkreises so personalmäßig nicht geschafft", sagte Kreisbrandrat Schmeide.

Zugewiesen wurden diese Helfer durch die Regierung von Oberbayern, nachdem Landrat Niedermaier am Donnerstagabend den Katastrophenfall ausgerufen hatte. Dies sei ein verwaltungstechnischer Vorgang gewesen, stellte Niedermaier nochmals klar. "Das heißt nicht, das gleich die Welt untergeht." Dadurch habe man die Einsatzkräfte vom Landratsamt aus rasch koordinieren können. "Sonst läuft jeder irgendwo hin, und die Katastrophe ist dann erst wirklich da." Eingesetzt wurden die Kontingente in vier Abschnitten: Nordlandkreis mit Wolfratshausen, Icking, Egling und Münsing, Landkreismitte mit Geretsried und Dietramszell, Südlandkreis mit Kochel und Walchensee sowie Isarwinkel mit Bad Tölz, Lenggries und Jachenau.

Die Hilfe, die im Landkreis benötigt wurde, war unterschiedlich. Im Süden ging es darum, Straßen freizuräumen, umgestürzte Bäume zu beseitigen und Orte wie die abgeschnittene Jachenau wieder zugänglich zu machen. Im Norden - vor allem in Wolfratshausen, Geretsried, Icking und Dietramszell - musste besonders der Schnee von den Dächern geschaufelt werden. Dort gelten andere Schneelastzonen als im südlichen Landkreis, je nach Gebäude und Lage. Die wurden nach dem folgenschweren Winter 2005/2006 zwar erheblich verschärft, aber "die Gebäude, die da sind, bleiben auch", so Niedermaier. Es sei schwierig, sie nachträglich auf ein Schneegewicht hin zu verstärken. Während Schlehdorf oder Bichl mit der weißen Last alleine zurande kam, war in Icking schnell klar, dass Unterstützung nötig sein würde. Bürgermeisterin Margit Menrad teilte in der Ratssitzung am Montagabend mit, dass nun die Dächer der Turnhalle vom Rainer-Maria-Rilke-Gymnasium, der Turnhalle und Aula vom Günter-Stöhr-Gymnasium, von Kindergarten, Krippe und Grundschule vom Schnee befreit seien. In Geretsried wurden die am 10. und 11. Januar eingerichteten Sperrzonen aufgehoben.

Der Alltag kehrt zurück: Auch auf der Huberwiese in Icking hat der Wintereinbruch meterhohe Schneehaufen hinterlassen.

Auch auf der Huberwiese in Icking hat der Wintereinbruch meterhohe Schneehaufen hinterlassen.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Von den in der Einsatzzentrale im Landratsamt koordinierten Kräften wurden Schulen, Turnhallen, Bahnhöfe und andere öffentliche Einrichtungen geräumt. Dabei gab es sechs Leichtverletzte, die sich meist Quetschungen und Zerrungen zuzogen, wie Kreisbrandrat Schmeide ausführte. Was Privatdächer betrifft, so hätten manche Betreiber von Supermärkten und Tankstellen selbst verantwortungsbewusst gehandelt, so Niedermaier. Andere hätten im Landratsamt gefragt, was sie machen sollen. Klar sei, dass jeder Privatbesitzer selbst verantwortlich sei und einen Einsatz gegebenenfalls bezahlen müsse. Der Landrat führte als Exempel den Fall eines Wäschereibetriebs in Wolfratshausen an. Die Firma habe das Schneeräumen selbst organisieren müssen. "Würde sie für alle Altenheime hier waschen, müssten wir hingehen, aber sie wäscht für Hotels."

Die Kosten für den Einsatz sind noch unklar. "Jede Zahl, die ich jetzt nenne, wäre falsch", sagte Niedermaier. Jede Gemeinde und jede Hilfsorganisation bezahlt laut Toni Stowasser, Sachgebietsleiter für Öffentliche Sicherheit und Ordnung im Landratsamt, zunächst selbst die Ausgaben. Sie könnten aber einen Zuwendungsantrag bei der Regierung von Oberbayern stellen. "Sie erhalten dann bis zu 80 Prozent der Summe zurückerstattet", sagte Stowasser.

Am Brauneck werden die meisten Lifte an diesem Mittwoch wieder laufen. Auf das Tragseil des Finstermünzlifts ist aber ein Baum gestürzt. Derzeit wird die Anlage laut der Bergbahn-Sprecherin auf Schäden überprüft. Erst dann wird sich zeigen, wann er öffnen kann. Noch unklar ist, ob die Herzogstandbahn am Wochenende fährt. Laut Geschäftsführer Jörg Findeisen türmen sich am Gipfel bis zu 2,50 Meter Schnee. Der Betrieb hänge von der Entscheidung der Lawinenkommission ab.

Die ersten schönen Tage nach Schneefall gelten für Touren als die gefährlichsten. Scheint die Sonne wie für den Mittwoch vorausgesagt, blenden einige das Lawinenrisiko aus. Daher rechnet Christoph Brenninger, Bereitschaftsleiter der Lenggrieser Bergwacht, in nächster Zeit vermehrt mit Tourengehern. Er würde aber empfehlen, das diese Woche zu unterlassen. "Momentan ist es brandgefährlich", sagte er am Dienstag. Derzeit bestehe große bis erhebliche Lawinengefahr. Die Lage wird sich nur langsam entspannen. Bis auf 2000 Höhenmeter prognostiziert der Lawinenwarndienst für diesen Mittwoch Plusgrade. Damit setze sich der Schnee zwar schneller, sagte Brenninger. Der Neuschnee werde aber schwerer und drücke auf darunter liegende Schwachschichten. Damit bildeten sich Scherbrüche. Lawinen könnten sich so selbst auslösen.

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