Demo in Bad Tölz:Für Windkraftanlagen im Landkreis

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"Grotesk" nennen die Fridays for Future Bad Tölz die 10H-Regel. (Foto: N/A)

Die Tölzer Ortsgruppe der Fridays for Future demonstriert gegen die 10H-Abstandsregel.

Von Tilman Voss

Wer am Freitagnachmittag in der Tölzer Innenstadt unterwegs war, hat sich plötzlich einem ungewöhnlichen Anblick gegenüber gesehen. Ein 2,40 Meter hohes Windrad mitten in der historischen Marktstraße, direkt vor dem Winzerer-Denkmal. Strom erzeugte es allerdings nicht, denn es war Teil einer Demonstration der Fridays for Future (FFF) Bad Tölz. Die Aktivisten protestierten damit gegen die sogenannte 10 H-Regel. Sie fordern eine Abschaffung dieser Vorschrift sowie eine Neuregelung des Regionalplans Oberbayern. 10 H besagt, dass der Abstand eines Windrades zu Wohnsiedlungen mindestens das Zehnfache der Bauhöhe betragen muss.

In der Praxis bedeutet dies, dass Windräder größtenteils nur in einer Entfernung von mehr als zwei Kilometern zu Wohngebieten errichtet werden dürfen. Eine Vorschrift, die den Bau von Windkraftanlagen zum Beispiel im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen fast unmöglich werden lässt.

Um den Tölzer Passanten in der Marktstraße die Dimensionen klar zu machen, hatten die Aktivisten mit einem Abstand von 24 Metern - also in zehnfacher Entfernung der Höhe ihres Modellwindrads - ein modellhaftes Holzhaus aufgestellt. Dazwischen waren mehrere Aufsteller mit den Aufschriften "Atomkraftwerk", "Kohlekraftwerk oder "Flughafen" platziert - all diese Anlagen dürfen näher an ein Wohngebiet heranreichen als ein ökologisch sinnvolles Windrad, so die Aktivisten.

Sarina Haushofer, Mitglied der Ortsgruppe, bezeichnete die 10H-Regelung als "grotesk". Sie verwies auf die Ergebnisse einer Studie, in welcher über fünf Jahre hinweg Lösungswege erarbeitet wurden, um bis 2035 eine vollständig regenerative Energieversorgung des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen zu realisieren. Es sei bereits seit der Veröffentlichung der Studie 2019 bekannt, dass Windkraft dafür unerlässlich wäre, sagte die 17-Jährige. Dennoch gebe es im Landkreis kaum Flächen, auf denen Windräder errichtet werden dürften.

Die FFF-Gruppe macht dafür neben der 10H-Regel auch den Regionalplan Oberland verantwortlich, der den Spielraum für den Bau von Windrädern erheblich einschränke. Der Regionalplan legt unter anderem fest, an welchen Plätzen diese errichtet werden dürfen. Im Plan ist fast der gesamte Landkreis als Ausschlussgebiet markiert. Die Tölzer Aktivisten kritisieren dies eindringlich. Denn geeignete Flächen wären aus ihrer Sicht durchaus vorhanden. Speziell im Norden des Landkreises gebe es mögliche Standorte für neue Windkraftanlagen.

Die Tölzer FFF-Aktivisten erklärten, sie seien auch mit Politikern in Kontakt; es gebe aber bislang keinen Durchbruch. Der politische Wille fehle schlicht, sagte Haushofer. Jüngst hatten sich allerdings Landespolitiker hoffnungsvoll geäußert und auf die neue Bundesregierung verwiesen, die eine Gesetzesänderung bezüglich der 10H-Regel auf den Weg bringen könnte.

Darüber hinaus sehen die Aktivisten auch eine ablehnende Haltung in der Bevölkerung als Problem. "Bei Autobahnen hat niemand der Anwohner ein Problem, doch sobald es um Windräder geht, ist das Geschrei wieder groß", sagte Haushofer. So war das Ziel der Protestaktion vor allem, Bürgerinnen und Bürger anzusprechen und Vorurteile gegenüber der Windkraft abzubauen. Passanten fanden neben der Installation auch eine Infotafel mit mehreren Grafiken vor. Dort widersprachen die Aktivisten unter anderem dem Argument, Windräder stellten eine erhebliche Gefahr für Vögel dar. Nach Ansicht der jungen Aktivisten sind Katzen oder herumliegende Glasscherben eine erheblich größere Bedrohung für die Vogelpopulation.

Die Ortsgruppe möchte das Thema präsent halten, um möglichst viele Menschen zu erreichen. Denn wenn die Bevölkerung der Windkraft zustimmend gegenüber stünde, wären auch politische Änderungen wahrscheinlicher, sagte Haushofer.

© SZ vom 14.02.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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