Das Ende von Möbel Mahler:Vom Einrichtungshaus zur Resterampe

Das Ende von Möbel Mahler: Bis zu 75 Prozent: Bei Möbel Mahler hat die letzte Rabattschlacht begonnen. Ein Verkäufer sagt, das gehe ihm "an die Nieren".

Bis zu 75 Prozent: Bei Möbel Mahler hat die letzte Rabattschlacht begonnen. Ein Verkäufer sagt, das gehe ihm "an die Nieren".

(Foto: Hartmut Pöstges)

Die 260 Mitarbeiter müssen ihren eigenen Laden abwickeln. Was gestern hochpreisige Markenware war, ist jetzt eine Beute für Schnäppchenjäger.

Von Claudia Koestler, Wolfratshausen

"Wenn nicht jetzt, wann dann", fragt der Herr im Polyesterstrick und grinst verlegen. Lange war er schon nicht mehr bei Möbel Mahler, um etwas für seine Wohnung zu kaufen. Was hätte er sich denn schon groß leisten können, sagt er. "Das war ja immer recht hochpreisig hier." Die Schnitzel aber, die lockten: "Ab und zu dort mal essen, das ging trotz kleiner Rente."

Der Anfang vom Ende

Jetzt aber ist alles anders: Der Abverkauf hat begonnen. "Bis zu 75 Prozent reduziert", proklamieren massenhaft quietschgelbe Plakate. Und plötzlich ist in dem früher so gediegenen Einrichtungshaus alles so billig wie einst nur das Schnitzel: Stühle, die vergangene Woche angeblich noch über 100 Euro kosteten, gehen jetzt für 30 über den Ladentisch, Kissen sind für unter fünf Euro zu haben: "Die haben sogar Gänsefederfüllung!", frohlockt der polyesterbestrickte Herr. Selbst das, was wirkt wie Dekoration, ließe sich mitnehmen: Auf dem Rücken jenes lebensgroßen Nikolauses, der über der Brüstung lehnt, klebt ein Zettel: "Jetzt 299 Euro."

Es gehe "schon an die Nieren", sagt ein Verkäufer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Jahre habe er den Kunden die hohe Qualität der Sessel und Sofas ans Herz gelegt und dafür auch die Preise gerechtfertigt. Jetzt sei dieselbe Ware zum Ballast erklärt, der raus müsse und plötzlich "wie Beute umkreist" werde. Aber, zuckt er mit den Schultern, "so ist das eben. Wo etwas für die einen endet, beginnt für andere eine günstige Gelegenheit". Letztlich denke er nicht groß nach: Die eröffnete Rabattschlacht fühle sich an "wie eine Werbeaktion, nur dass eben danach nichts mehr kommt." Genauso denkt auch ein Auszubildender. Heute klebt er den ganzen Tag Zettel, die den Ausverkauf propagieren. "Es sind schon deutlich mehr und andere Kunden, die das lockt", sagt er.

"Für die Stadt ist der Schaden groß genug"

Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) wundert sich über die noch einmal massive Werbung: "Da wird versucht zu verkaufen, was zu verkaufen ist." Die Spanne zwischen dem Immobiliendeal Ende November und der Schließung sei extrem kurz. "Für die Stadt ist der Schaden auch so schon groß genug."

Währenddessen sind Parkplätze bei Möbel Mahler rar, an den Kassen bilden sich Schlangen: "Schon mal was für Weihnachten horten", sagt ein Kunde. Es sei eben "wie Fieber, man will was finden, bevor es weg ist", beschreibt eine andere Kundin. Irgendwann in den kommenden zwei, drei Jahren wäre für sie eine neue Küche fällig geworden, "jetzt wartet man eben nicht mehr, sondern schaut gleich".

Peter und Louise Iunescu (Name geändert) haben hingegen ein Problem: Im vergangenen Jahr hatten sie für über 10 000 Euro bei Möbel Mahler eingekauft, als Dank erhielten sie eine Woche Urlaub in einem Mahler-eigenen Hotel auf Gran Canaria. Die Woche Luxus mit Rundumbetreuung war für sie ein Erweckungserlebnis, das sie gerne wiederholt hätten. "Das aber hat sich jetzt wohl erledigt, wenn alles rausgehauen wird", bedauern sie.

Die Aufschrift an der Wand einer Wohnlandschaft, vor der das Paar gerade steht, weil sie jetzt nur noch die Hälfte kostet, bringt all ihre Gefühle unfreiwillig auf den Punkt: "Today's moments are tomorrow's memories." Die Augenblicke von heute sind die Erinnerungen von Morgen.

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