CSU-Jahrsempfang:Brüder, zur Freiheit!

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Der Benediktiner-Abtprimas Notker Wolf stellt das Prinzip der Liberalität über alles.

Felicitas Amler

Abtprimas, E-Gitarre und Bürgermeisterkandidat: Notker Wolf mit Gastgeschenk und Michael Mülleer. (Foto: Hartmut Pöstges)

Notker Wolf präsentiert sich gern als Klostermann der anderen Art. Als einer, der rockt und raucht und das offene Wort nicht scheut. So ließ sich der Abtprimas der benediktinischen Konföderation - weltweiter Chef Tausender Mönche und Nonnen - am Freitagabend im Geretsrieder Pfarrheim Heilige Familie nur zu gern mit einer E-Gitarre ablichten. Die hatten ihm die Veranstalter, CSU-Kreis- und Ortsverband, als Gastgeschenk überreicht. Sichtlich stolz auf den prominenten, unkonventionell auftretenden Redner sagte CSU-Sprecher Ewald Kailberth, es sei sein "zweiter Live-Kontakt" mit dem Abtprimas, der erste sei das Deep-Purple-Konzert 2008 in Benediktbeuern gewesen - wo Notker Wolf mit "Feedback" als Vorgruppe aufgetreten war.

Auch Martin Bachhuber, CSU-Landtagsabgeordneter aus Bad Heilbrunn, versuchte, Nähe zu dem von ihm so titulierten "hohen Gast" herzustellen. Er hangelte sich in einem politischen Vorwort an der Benediktiner-Leitlinie "Ora et labora" entlang: Auch die CSU müsse "die Ärmel hochkrempeln, arbeiten, arbeiten und nochmals arbeiten, aber das Gebet nicht vergessen". Nachdem er sich politisch von anderen Parteien und mit einem Rempler explizit von Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger distanziert hatte, bat Bachhuber den Abtprimas um Absolution, falls er sich versündigt habe. "Keine Sorge", antwortete der, "bei mir im Kloster darf man sündigen - und es wird auch noch vergeben."

Vor den 200 Besuchern des CSU-Neujahrsempfangs rockte der Benediktiner nur verbal. Die Saite, die er am lautesten erklingen ließ, war die der Freiheit. In einem eher assoziativen Vortrag unter der Überschrift "Nachdenklichkeiten zum Jahresbeginn 2013" pries er die Freiheit als die Maxime privaten wie öffentlichen Handelns. Heutzutage sei man von einem "Wust von Gesetzen" eingeengt, es herrschten moralisch- politische Korrektheit und "Bevormundungstendenz". Er sehe allenthalben Überwachungsmonitore ("Ich komme mir vor wie in Nordkorea") und stelle einen Hang zum Zentralismus fest. Dabei mache nur "die Freiheit, die uns von Gott geschenkt wurde", die Würde des Menschen aus. Der Bundeskanzlerin, die er ansonsten schätze, sei dieses Bewusstsein nicht in die Wiege gelegt worden. Der europäischen Politik empfahl der Abtprimas ein dezentrales System, wie es die Benediktiner hätten - die EU als konföderatives Gebilde: "Wir brauchen keine Zentralregierung." Er sprach sich für eine "freie soziale Marktwirtschaft" mit öko-sozialer Ausrichtung aus, verwarf einerseits den "Raubtierkapitalismus", wandte sich aber dagegen, die Banken "an die Kette zu legen".

Applaus erhielt der Benediktiner, der schon mal für die Postille "Bild der Frau" schreibt, als er eine schwindende Bedeutung der Mutterrolle beklagte und fragte: "Wieso muss sich eine Frau dadurch definieren, dass sie einen männlichen Beruf hat?" Freilich sprach er sich postwendend für Frauen in Vorständen aus, damit nicht "alles zu einer Sache der Macher" werde.

Der CSU empfahl Wolf, keine Antworten bei Bischöfen zu suchen, sondern auf Querdenker zu setzen, auf "solche, die keine Ruhe geben, bis was rauskommt". Kurze Pause und dann der in CSU-Ohren wohlklingende Schlussakkord: "Ich denke da noch an unseren guten Franz Josef Strauß selig."

© SZ vom 28.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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