Covid 19 im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen:Wenn die Ampel auf Gelb schaltet

Covid 19 im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen: Mund-Nasen-Schutz? Kein Problem, die Freie Waldorfschule in Geretsried hat ausreichend davon gelagert. Wer eine Maske braucht, kann sie im Sekretariat bei Marion Geißinger abholen.

Mund-Nasen-Schutz? Kein Problem, die Freie Waldorfschule in Geretsried hat ausreichend davon gelagert. Wer eine Maske braucht, kann sie im Sekretariat bei Marion Geißinger abholen.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Der Corona-Inzidenzwert steigt auch im Landkreis. In nahezu allen Lebensbereichen könnten sich die Vorschriften bald verschärfen

Von Stephanie Schwaderer, Benjamin Engel, Felicitas Amler, Klaus Schieder, Jakob Teterycz

Noch steht die Corona-Ampel im Landkreis auf Grün. Doch sobald der sogenannte Inzidenzwert (wöchentliche Neuinfektionen je 100 000 Einwohner) den Wert 35 überschreitet, gelten wieder Einschränkungen. Gaststätten müssen dann um 23 Uhr zusperren, private Treffen sind auf maximal zehn Personen begrenzt. Wie kommen die Menschen damit klar?

Volkshochschule

Die Vorschriften änderten sich ja ständig, sagt Christine Hohnheiser, Leiterin der VHS Wolfratshausen. Derzeit seien die Volkshochschulen auch bei einem Inzidenzwert über 35 noch von der Maskenpflicht in den Kursen befreit. Aber der VHS-Verband halte es für möglich, dass Bayern dies bald verschärfe. "Im Moment dürfen wir laut Kultusministerium weitermachen wie bisher." Dennoch seien sie und ihr Team damit beschäftigt, die Bewegungskurse je nach Raumgröße in der Teilnehmerzahl zu verkleinern. Die VHS bespielt in Wolfratshausen 26 Gebäude; umso aufwendiger ist die Neuorganisation. Sie habe im Übrigen gerade erst alle 80 Referentinnen und Referenten angeschrieben, um sie noch einmal zu bitten, die Schutzmaßnahmen strikt einzuhalten. Mit all dem wird Hohnheiser beschäftigt bleiben. Denn: "Es wird ständig alles angepasst, und wir müssen innerhalb von einem Tag reagieren."Die VHS Wolfratshausen hat in diesem Jahr etwa ein Drittel ihrer Teilnehmer verloren.

Demenzzentrum

Die Corona-Schutzauflagen sind im Wolfratshauser Demenzzentrum der Arbeiterwohlfahrt (AWO) streng. Nur mit einer wirksicheren FFP 2-Maske können Besucher zu den Bewohnern. Und es dürfen nur um die drei Menschen aus der Familie gleichzeitig zu ihren Angehörigen - und das auch nur mit Anmeldung für maximal eine halbe Stunde. So vorsichtig agiert Einrichtungsleiterin Anke Bimschas, weil ihr Haus auf Demenzkranke spezialisiert ist. "Diese Menschen können sich nicht selbst schützen", sagt sie. Deswegen will sie die Zahl der Kontakte für die derzeit 65 Bewohner möglichst reduzieren. Ein Besuchsverbot müsse aber vermieden werden. "Es braucht Kontakte." Die Einschränkung der Besuchszeit sei auch dem Krankheitsbild geschuldet. Denn viele Bewohner könnten sich nur für einen begrenzten Zeitraum konzentrieren. Derzeit werden laut Bimschas alle 14 Tage sämtliche Mitarbeiter sowie zehn Prozent der Bewohner auf eine Corona-Infektion getestet. Bisher habe dafür ein Arzt in die Einrichtung kommen müssen. Nach den neuen Regeln könne einrichtungsintern getestet werden. Jeder Mitarbeiter schreibe noch vor Dienstbeginn auf, wie er sich fühle. Das sei ein wichtiger Reflexionsprozess und auch eine Schutzmaßnahme, sagt Bimschas.

Kulturabende

KKK - KleinKunst und Kultur

Sabine Pfister

(Foto: Manfred Neubauer)

"Umsichtig weiterspielen" - so lautet die Strategie von Sabine Pfister, die in Lenggries die Reihe Kleinkunst und Kultur (KKK) veranstaltet. Bislang habe sich ihr Hygiene-Konzept bestens bewährt - auch deshalb, "weil sich alle Gäste immer einwandfrei an alle Vorschriften gehalten haben". Ein Großteil der KKK-Vorstellungen findet derzeit nicht in der Kaminstubn im Arabella Brauneckhotel, sondern im Arzbacher Kramerwirt statt, wo sich 70 Stühle großzügig im Raum verteilen lassen. Auch das Lüften nimmt Pfister ernst. Ihre Gäste bittet sie deshalb, einen Schal oder eine Strickjacke mitzunehmen. Masken durften bislang auf dem Platz abgenommen werden. Springt die Corona-Ampel auf Gelb um, müssen die Leute sie auch dort anbehalten. "Ich hoffe, dass unser Publikum dafür Verständnis hat", sagt Pfister. Um die Gesamtdauer auf maximal zwei Stunden zu beschränken, hat sie die Einlasszeiten verkürzt und die Pausen gestrichen. Viele Künstler seien bereit, zwei Vorstellungen nacheinander zu geben. Auch die Betreiber des Kramerwirts und der Kaminstuben sowie die Agenturen unterstützten sie. "Sonst würde es nicht funktionieren." Betriebswirtschaftlich sinnvoll seien die Veranstaltungen nicht. "Aber Kultur tut einfach gut. Und wenn du Musiker wie Mulo Francel spielen hörst, geht dir das Herz auf."

Gymnasium

Coronavirus

Nicht nur in Schulen wie hier am Gymnasium und der Realschule Geretsried gilt Maskenpflicht.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Astrid Barbeau, Schulleiterin des Rainer-Maria-Rilke-Gymnasiums in Icking, ist stolz auf ihre Schülerinnen und Schüler. "Einige von ihnen tragen jetzt schon freiwillig die Masken im Unterricht", sagt sie. Sollte der Inzidenzwert von 35 überschritten werden, müssten dies alle anderen auch tun. Schon seit Schulbeginn sind Masken auf allen Begegnungsflächen verpflichtend. Dies umfasse die Treppenhäuser, den Kioskbereich sowie die Aula des Gymnasiums. Zudem sei der Kiosk ganztägig geöffnet, um einen Ansturm zu den Stoßzeiten zu vermeiden. Flexiblere Stundenpläne und getrennte Pausenbereiche sollen die 800 Schüler und 70 Lehrkräfte weiter streuen. Derzeit sei ein neues Pausensystem in Arbeit.

Gastronomie

Bei verschärften Bedingungen macht das "Jailhouse" in Bad Tölz nicht mehr auf. Peter Frech, Betreiber des Lokals, das sich auch "Biertempel" nennt, sagt: "Wir erholen uns noch vom letzten Lockdown." Wenn er seine Tische nicht mehr zweimal an einem Abend vergeben könnte, überstiegen die Kosten den Umsatz. Aktuell gehe das noch. Allerdings könne das Lokal wegen der Abstandsregelung nur die Hälfte seiner Plätze anbieten. Zudem blieben die Leute nicht mehr so lang, stellt der Betreiber fest. Schließlich könnten sie nicht tanzen. Die Kellerdisco des Jailhouse sei schon lange geschlossen. Zudem mussten dieses Jahr alle Veranstaltungen abgesagt werden. "Es ist schwierig", sagt Frech, da der "Biertempel" eigentlich eine "Erlebnisgastronomie" sei. Wenn die Inzidenz die 35 überschreitet, müssen die Gastronomiebetriebe um 23 Uhr schließen. Für die doppelte Tischvergabe rentiere es sich dann nicht mehr. "Ein zweiter Lockdown könnte das Ende sein."

Hochzeiten

Covid 19 im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen: Birte Otterbach.

Birte Otterbach.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Bad Tölz ist eine beliebte Adresse für Hochzeiten. Nicht weniger als 252 Brautpaare gaben sich beispielsweise 2018 im Rathaus, im Salettl im Kurhaus, im Historischen Saal des Stadtmuseums oder im Planetarium das Ja-Wort. Wegen Corona hat die Stadt die Zahl der standesamtlichen Eheschließungen heuer allerdings ein wenig heruntergefahren. "Wir haben nicht mehr so viel angeboten", sagt Birte Otterbach, Pressesprecherin der Stadt, und fügt mit Blick auf die rasant steigenden Infektionszahlen hinzu: "Wir haben es schon geahnt, dass jetzt die zweite Welle kommt." Noch hat kein Hochzeitspaar bisher die standesamtliche Trauung wieder abgesagt, aber im Rathaus gibt es Otterbach zufolge vermehrt Nachfragen wegen der Verhaltensregeln. Im altehrwürdigen Trauzimmer neben dem Bürgermeisterbüro dürfen sich nur zehn Personen gleichzeitig aufhalten: Standesbeamter Wolfgang Steger oder sein Kollege, das künftige Ehepaar, sieben Gäste - Schluss. "Und es ist nicht so, dass die eine Hochzeitsgesellschaft wartet, während die andere noch drin ist", sagt die Pressesprecherin. Die Zahl der Trauungen wurde freitags von drei auf zwei, samstags von zwei auf eine reduziert. Trotz der Corona-Pandemie seien die standesamtlichen Eheschließungen in Bad Tölz bislang "relativ normal" verlaufen, berichtet Otterbach. "Aber wir haben schon gemerkt, dass viele Paare vorsichtig sind, sie haben Masken getragen." Und fürs nächste Jahr haben sich aktuell noch nicht so viele Eheleute in spe einen Termin geben lassen wie üblich. "Wir haben weniger Anrufe bekommen", sagt die Pressesprecherin. "Ich denke, dass die Paare zögerlicher sind."

Sportverein

Wer die Homepage des Geretsrieder Sportvereins TuS mit mehr als 2000 Mitgliedern aufruft, stößt als Erstes auf ein eigenes Hygieneschutzkonzept. Vom generellen Mindestabstand bis zum Wettkampfbetrieb ist alles geregelt. Und daran wird sich wohl auch bei einem Inzidenzwert über 35 nicht viel ändern, meint der Vorsitzende Mirco Naumann. "Es gibt offiziell keine extra Einschränkungen, was Sportvereine angeht." Der TuS trainiere ja in den Schulturnhallen der Stadt und halte sich dort an die übliche Maskenpflicht beim Hinein- und Hinausgehen, in Gängen et cetera. Nur direkt im Training würden keine Masken getragen. Allerdings unterlägen die Sportler schon anderen Einschränkungen. So dürften die Umkleiden nicht genutzt werden. Die Trainierenden kämen daher bereits in Sportkleidung an und wechselten allenfalls die Schuhe. "Wenn's Winter wird, wird's aber deutlich komplizierter." Schade nennt Naumann ein anderes Gebot. Immerhin spiele der TuS Badminton in der 2. Bundesliga, sagt er, und da sei es schon schade, dass Zuschauer generell ausgeschlossen seien. Naumann erklärt, wenn bei weiter verschärfter Lage die Schulen dazu übergingen, Klassen zu teilen, würde sich der TuS anschließen und ebenfalls Teilnehmerzahlen reduzieren.

Beerdigungen

Covid 19 im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen: Pfarrer Florian Gruber

Pfarrer Florian Gruber

(Foto: Hartmut Pöstges)

"Ein bisschen kindisch" findet es Florian Gruber, Pfarrer der evangelischen Kirche Sankt Michael in Wolfratshausen, dass auch am Grab die Anzahl der Trauernden eingeschränkt werden soll. Bei gelber Corona-Ampel sind zu Beerdigungen nur noch zehn Personen oder zwei Haushalte zugelassen. Dabei wäre an den Gräbern im Freien doch ausreichend Platz, um Abstand zu halten, meint Gruber. Er sagt jedoch, die Corona-Vorschriften würden schon von den Bestattern mit den Trauernden abgesprochen. Die Zeit der extremen Einschränkungen sei für viele "sehr frustrierend" gewesen, sagt der Pfarrer. Urnenbeisetzungen seien deswegen oft verschoben worden. Gruber stellt aber fest, dass ohnedies weniger Menschen zu Beerdigungen kämen, weil Trauernde von auswärts oft - natürlich auch wegen Corona - gar nicht kämen. In Sankt Michael gibt es aktuell noch eine andere Folge der Pandemie: Der Konfirmandenkurs werde vorerst abgesagt, so Gruber, weil ein Mentor positiv getestet worden sei.

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