Coronavirus in Bad Tölz-Wolfratshausen:Unterhaltung in schwieriger Zeit

Coronavirus in Bad Tölz-Wolfratshausen: Fritz Wagner aus Münsing.

Fritz Wagner aus Münsing.

(Foto: Manfred Neubauer)

Fritz Wagner aus Münsing berichtet in einem Blog über Skurriles und Lustiges

Interview von Benjamin Engel, Münsing

Mit seiner Familie wohnt Fritz Wagner seit einem Dreivierteljahr in einem früheren Bauernhof zwischen Münsing und Weipertshausen. Der 68-jährige Maler und Grafikdesigner leitet den Ambacher Verlag mit Sitz in Münsing. Er veröffentlicht Bücher zur lokalen Geschichte, das Kulturprogramm KaOs oder das Münsinger Gemeindeblatt. Seit wenigen Tagen betreibt er einen Blog, in dem er von seinen Alltagseindrücken in Zeiten des Coronavirus berichtet (https://vryz. blogger.de).

SZ: Herr Wagner, wie ist die Stimmung im Moment bei Ihnen zu Hause?

Fritz Wagner: Wir wohnen ja in einem Bauernhof mit weiten Feldern um uns herum. Eigentlich sind wir die totale Isolierstation. In einem Abstand von einem Kilometer ist nichts. Wir haben es relativ gut. Wenn nicht das Virus wäre, wäre es eine schöne Zeit.

Sie haben ja gerade auch einen Glücksmoment erlebt. In Ihrem Blog schreiben Sie, dass Ihre Katze nach neun Monaten wieder bei Ihnen aufgetaucht ist.

Die Katze ist uns abhanden gekommen, als wir aus Ambach weggezogen sind. Sie hat eine Tätowierung im Ohr, an der man sie identifizieren kann. Unsere Katze ist dann bei einer Familie in Ammerland aufgetaucht. Als meine Frau den Anruf bekommen hat, ist sie schier in Tränen ausgebrochen.

In Ihrem Blog stehen persönliche, private Eindrücke neben Informationen aus dem Münsinger Rathaus, zum Lieferservice einer örtlichen Bäckerei oder Kerzenhamsterern im Edeka.

Der Blog hat den Sinn, Unterhaltung in schwieriger Zeit zu bieten. Wichtiges nimmt man leichter auf, wenn es in einem unterhaltsamen Umfeld auftaucht. Ein Blog ist einfach das schnellste Informationsmedium. Es wäre schön, wenn mir viele Münsinger und Vereine Neuigkeiten zusenden würden, die in irgendeinem Zusammenhang mit dem Virus stehen.

Sind Sie noch viel unterwegs?

Meine Frau ist mein Kontakt zur Außenwelt. Sie arbeitet halbtags in der Geschäftsstelle des Starnberger Amtsgerichts. Meine Frau übernimmt die meisten Einkäufe, wenn sie sowieso raus muss. Zum Teil übernehmen das auch die Kinder mit dem Fahrrad.

Fühlen Sie sich da nicht eingeengt?

Wir können Tischtennis, Federball und sogar ein wenig Fußball spielen. Unsere Kinder bekommen auch Unterricht übers Netz. Obwohl der Internetempfang nicht der beste ist, funktioniert das trotzdem. Der Blog nimmt den halben Tag in Anspruch.

Und was ist mit Ihrem Verlag?

Da läuft im Moment wenig. Das aktuelle Kulturprogramm ist nicht erschienen. Ich habe Staatshilfe beantragt, weil wir anzeigenabhängig sind. Man muss schauen, was kommt. Für ein neues Buch der Münsinger Chronik-Reihe wollten wir eigentlich Hochbetagte interviewen. Wir versuchen jetzt einmal, ob das am Telefon geht.

Manchmal macht Ihr Blog sprachlos, etwa wenn sie die Begegnung mit einem Freund beschreiben, der behauptet, es gebe gar kein Virus. Das sei alles nur erfunden, um demokratische Errungenschaften wegzuwischen.

Ich kann mir das nur so erklären, dass manche Leute sich in Krisensituationen von der Realität abwenden. Ich höre mir täglich den Podcast des Virologen Christian Drosten an, der auch solche Falschmeldungen seziert.

Können Sie unter diesen Umständen noch optimistisch bleiben?

Ich bin optimistisch, dass man das in Deutschland noch einigermaßen gut hinbekommt. Ich möchte gerade in keinem anderen Land leben. Die Verantwortlichen hier, denke ich, machen einen prima Job.

Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn die Zeiten wieder besser werden?

Mir geht ab, im Café einen Kaffee zu trinken oder mit Freunden in die Kneipe zu gehen. Ich leide aber nicht darunter, weil wir es hier gut haben. Am meisten freue ich mich eigentlich, wenn meine Kinder wieder ihre Freunde treffen können.

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