Süddeutsche Zeitung

Claus Steigenberger macht wieder Kabarett:"Das will ich hinausschreien"

Lesezeit: 2 min

"Bavarilarifari" ist eine Mischung aus Kapitalismuskritik und Hanswurstsiade

Interview von Stephanie Schwaderer

Vor 17 Jahren trennte sich die im Oberland gefeierte Kabarettgruppe Narrenschaukel. Nun meldet sich deren einstiger Texter Claus Steigenberger auf der Kabarett-Bühne zurück. Der 63-jährige Eurasburger hat ein Zwei-Personen-Stück für drei Charaktere geschrieben: "Bavarilarifari".

SZ: Herr Steigenberger, nach 17 Jahren Pause, was müssen Sie als Kabarettist loswerden?

Claus Steigenberger: Eine ganze Menge. Ich hatte ja nie geplant, so lange zu pausieren. In den vergangenen Jahren habe ich viel für andere gearbeitet, war Co-Autor für Helmut Schleich, bin im Komödienstadel aufgetreten, habe als Sprechtrainer in der BR-Serie Dahoam is Dahoam gearbeitet. Am Abend sitzt man dann oft auf dem Sofa und kann nicht mehr. Aber seit fünf, sechs Jahren juckt es mich schwer in den Fingern, die Notizbücher sind immer dicker geworden. Ich wollte unbedingt wieder etwas Eigenes machen. In dem Stück, wie es jetzt vorliegt, stecken sechs Jahre Arbeit und unzählige Überarbeitungen.

Was treibt Sie an?

Die Ohnmacht. Besser: der Wunsch, der Ohnmacht etwas entgegenzusetzen. Wenn ich sehe, wie ein Herr Nüßlein sich an Masken bereichert - so eine Sauerei! Oder wie ein Verkehrsminister Scheuer einen Mist nach dem anderen baut - und nichts passiert! Das macht mich wütend. Wir werfen all die Werte über Bord, mit denen ich groß geworden bin, an die ich geglaubt habe. Das will ich hinausschreien. Natürlich auf eine Weise, die fürs Publikum unterhaltsam ist.

Ihr Stück heißt Bavarilarifari. Charakterisieren Sie es doch bitte einmal in ein paar Sätzen.

Es ist hoch politisch und eine Mischung aus Hanswurstenstück und Kapitalismuskritik. Die Analyse beginnt in Bayern, dann weitet sich der Blick auf Deutschland und die ganze Welt. Und dann werden die Zusammenhänge von Wachstum und Umweltzerstörung deutlich, die großen Betrügereien in Politik, Wirtschaft und Finanzwelt. Stichwort Fridays for Future. Warum glauben unsere Kinder nicht mehr das, was wir ihnen vorgeben? Fakt ist, wenn es ums Geld geht, zählt der Mensch nicht mehr.

Klingt ernst, aber nicht unbedingt unterhaltsam. Wie wird Kabarett daraus?

Ich hatte das Glück, dass der Kasperl gekommen ist und mir geholfen hat.

Der Kasperl Larifari des Grafen Pocci?

An den knüpfe ich zwar mit dem Titel an, aber dieser Kasperl ist gar nicht so bayerisch, wie man immer meint. Und er ist keine Kinderfigur. Pocci hat dem Kasperl die Zähnegezogen. Seine Wurzeln liegen in Italien, er ist viele hundert Jahre auf der Welt. Deshalb weiß er auch sehr viel, und manche Dinge kann nur er sagen, weil er ein Hanswurst ist.

Was denn zum Beispiel?

Wie die CSU funktioniert und warum sie immer in Bayern gewinnt. Der Grund dafür, sagt er, sei, dass die CSU-Politiker das Kasperltheater imitierten. Aber sie spielten so schlecht.

Die Figur des Kasperls übernehmen vermutlich Sie?

Genau, mit moderater Verkleidung, sozusagen als moderne Variante des Hanswurst.

Wer sind die beiden anderen Figuren?

Das sind der Kabarettist Claus Steigenberger und die Kabarettistin Caro Hethenyi. Ich bin sehr froh, dass ich Caro für dieses Projekt gewonnen habe. Sie ist nicht nur eine tolle Schauspielerin, sondern teilt auch meine politische Überzeugung. Sonst könnte man dieses Stück nicht spielen. 40 Seiten Hochgeschwindigkeitsdialog. Komplexe Zusammenhänge, teils schwierige Fachbegriffe, aber alles muss ganz leicht rüberkommen.

Haben Sie eine Souffleuse?

Nein, gerade proben wir, über kleine Aussetzer einfach hinwegzuspielen. Schlimmstenfalls müssen wir kurz abbrechen. Das kommt schon mal vor, macht aber nichts. Dieses Programm ist fürs Publikum geschrieben. Wir sind Menschen und machen Kabarett - nicht für Verbraucher, nicht für Konsumenten, sondern für Menschen.

Claus Steigenberger und Caro Hetheny: "Bavarilarifari", Premiere am Freitag, 5. November, 20 Uhr (Einlass 18 Uhr) in der Geltinger Kulturbühne "Hinterhalt", Leitenstraße 40, Reservierung unter Telefon 08171/23 81 04 oder per Mail an info@hinterhalt.de

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Quelle:
SZ vom 22.10.2021
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