Caritas-Tagesstätte:Dabei sein ist alles

Caritas-Tagesstätte: „Ausblick“-Team: Inge Biedermann, Eva Hamatschek, Michael Biedermann, Andrea März, Wolfgang Kozlowski (vorn v.l.); Caritas-Leiter Wolfgang Schweiger, Daniela Volk, Sonja Prassas, Stefanie Grimm und Gunda Gürtler (hinten v.l.)

„Ausblick“-Team: Inge Biedermann, Eva Hamatschek, Michael Biedermann, Andrea März, Wolfgang Kozlowski (vorn v.l.); Caritas-Leiter Wolfgang Schweiger, Daniela Volk, Sonja Prassas, Stefanie Grimm und Gunda Gürtler (hinten v.l.)

(Foto: Hartmut Pöstges)

"Ausblick" bietet Menschen mit psychischen Erkrankungen die Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen, dem Alltag eine Struktur zu geben und in Gemeinschaft Lebensfreude zu entwickeln.

Von Felicitas Amler

Ganz normaler Alltag: Morgens aufstehen, ab ins Bad, Frühstück, und dann raus ins Leben. Ganz normal? Keineswegs. Vielen Menschen fehlt genau diese Struktur in ihrem Leben. Oder sie sind von den Herausforderung des Alltags schlicht überfordert. Frauen und Männer, die unter einer Depression oder einer Angststörung leiden, zum Beispiel. Menschen, die wegen einer psychischen Erkrankung gar nicht arbeiten können. Diesem Personenkreis bietet die Caritas fast auf den Tag genau seit 20 Jahren eine Anlaufstelle in Geretsried: die Tagesstätte "Ausblick" des Sozialpsychiatrischen Dienstes. Dort, an der Sudetenstraße 51, können Besucher im geschützten Raum soziale Kontakte knüpfen, in Gemeinschaft Aufgaben bewältigen, Zuspruch und Wertschätzung erfahren, spielen, basteln, und ihrem Alltag damit die lebenserleichternde Struktur geben.

Täglich seien etwa 15 bis 25 Menschen da, berichtet die Sozialpädagogin Sonja Prassas, eine der sechs Fachkräfte des "Ausblicks". Der Treff umfasse offiziell 20 Plätze, die vom Bezirk Oberbayern getragen werden; das bedeute, dass die Einrichtung für etwa 50 Menschen in wechselnden Besetzungen da sei. Jeder kann kommen, so oft und wie lange er oder sie möchte. Morgens um 8.30 Uhr wird geöffnet, von 9 bis 10 Uhr ist offene Cafeteria, dann werden meist Karten- oder Brettspiele gespielt - bevorzugt Watten und Rummikub -, und viermal pro Woche wird anschließend gemeinsam gekocht. Das Lieblingsessen? Eindeutig Schnitzel mit Kartoffelsalat, sagt Sozialpädagogin Andrea März am Tag der Pressekonferenz, an dem Kürbissuppe auf dem Speiseplan steht. Auch der wird gemeinsam aufgesetzt. Denn das gehört wie alles andere dazu, "die eigenen Möglichkeiten, die Selbständigkeit und die eigenen Ressourcen zu fördern", wie die Fachfrauen sagen.

Zum "Ausblick" gelangt man "niedrigschwellig", wie das genannt wird. Es sei weder ein Arztbericht nötig noch müssten Formulare ausgefüllt werden. Auch die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer wissen oft gar nicht genau, welche psychische Erkrankung die einzelnen Klienten haben. Inge Biedermann etwa, eine Frau der ersten Stunde, erzählt von einer Besucherin, die wie sie von Anfang an dabei ist. Was ihr psychisches Problem sei, könne sie nicht sagen, nur dass ihr der "Ausblick" offenbar gut tue. Genauso wie den Ehrenamtlichen. "Ich gehe gern her", sagt etwa Eva Hamatschek, die seit 20 Jahren dabei ist. "Es ist hier eine gute Atmosphäre." Die Besucher genössen die Zuwendung, etwa beim Basteln oder Töpfern, "und ich kann selber viel erzählen, sie hören gern zu". Michael Biedermann hat sich aufgeschrieben, wie oft er als Helfer da ist: zwischen 100 und 150 Stunden im Jahr. Er tut dies auch deswegen so gern, weil er seine Hobbys einbringen kann: Fotografieren und die Liebe zur Natur. Denn hinaus ins Freie gehe es möglichst oft, bestätigt März. Bewegung sei ganz wichtig, Nordic Walking und Yoga gehörten zum Programm. Aber auch ein Gesprächskreis "Gott und die Welt", den der Geretsrieder katholische Diakon Michael Baindl leitet.

Und dann gibt es jedes Jahr das Highlight, wie März und Prassas sagen: eine viertägige Freizeit, zum Beispiel in Südtirol. Bis zu zwölf Klienten können daran teilnehmen: "Für die meisten ist es der einzige Urlaub. Und der einzige, den sie bewältigen können." Denn in einem Hotel übernachten, dort auf fremde Menschen treffen, Teil eines ganz alltäglichen, womöglich quirligen Betriebs zu sein, dazu gehört für viele durchaus Überwindung. In der Gemeinschaft ist es leichter, all das zu bewältigen. Und das macht am Ende sogar große Freude.

Der Einzugsbereich der Tagesstätte (8.30 bis 13.30 Uhr; donnerstags bis 16 Uhr) umfasst den gesamten Nord-Landkreis. Für gesundheitlich eingeschränkte Besucher gibt es einen Hol- und Bringdienst. Der Besuch ist kostenfrei. Telefon 08171/90 94 15

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