Bad Tölz-Wolfratshausen:Nach dem Gewitter

Bad Tölz-Wolfratshausen: CSU-Direktkandidat Alexander Radwan (Mitte) und Bezirksverband-Vorsitzende Ilse Aigner (rechts) bei der Verkündung der Hochrechnungen am Wahlabend.

CSU-Direktkandidat Alexander Radwan (Mitte) und Bezirksverband-Vorsitzende Ilse Aigner (rechts) bei der Verkündung der Hochrechnungen am Wahlabend.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Die CSU hat bei der Bundestagswahl auch im Landkreis rund sieben Prozent verloren. Die Partei will deshalb nun analysieren, was im Wahlkampf schiefgelaufen sein könnte. Die SPD dagegen genießt den Erfolgsmoment.

Von Konstantin Kaip, Alexandra Vecchiato und Florian Zick

Das heftige Gewitter, das am Sonntag zu vorgerückter Stunde über den Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen zog, hatte fast schon Symbolcharakter. Die CSU musste bei der Bundestagswahl herbe Verluste hinnehmen. Noch am Abend kündigte der CSU-Kreisvorsitzende Thomas Holz deshalb an, dass sich Anfang der Woche der CSU-Kreisvorstand mit dem Wahlkampfteam von Direktkandidat Alexander Radwan und dem Bezirksverband Oberbayern zusammenschließen werde, dessen Vorsitzende Landtagspräsidentin Ilse Aigner ist. Ziel des Unterfangens: eine eingehende Analyse der Wahlergebnisse.

Holz treibt um, dass bei dieser Bundestagswahl der "personenbezogene Wahlkampf" im Vordergrund stand. Inhalte seien ins Hintertreffen geraten. "Wir müssen uns auch Gedanken machen, ob wir noch den richtigen Wahlkampf führen", betonte der Chef der Kreis-CSU. Es sei coronabedingt ein schwieriger Wahlkampf gewesen. Dass CDU und CSU erst nach dem Parteitag in Nürnberg der Schulterschluss gelungen ist, hätte zwar eine erfolgreiche Aufholjagd bewirkt. "Ideal war es aber nicht", sagt Holz.

Ilse Aigner macht sich ebenfalls Gedanken über die Form des Wahlkampfs - und darüber, wie dieser eventuell in Zukunft geführt werden muss. "Beim Parteitag sind wir aufgewacht", sagt sie, da das Schreckgespenst Rot-Rot-Grün im Raum stand. Die "letzten gemeinsamen Anstrengungen" hätten doch noch zum Erfolg geführt. Insofern sei sie, so Aigner, zufrieden mit dem Ergebnis - allerdings nur, weil man davor "in den Abgrund geblickt" habe.

Nachteilig ist aus Sicht der CSU auch gewesen, dass Corona fast alle Präsenzveranstaltungen verhindert hat, vom Neujahrsempfang bis zum Gautrachtenfest - ganz zu schweigen von Wahlkampfveranstaltungen in Bierzelten. "Das ist uns total abgegangen, die gewohnten Mechanismen haben nicht funktioniert", sagt Aigner. Denn gerade diese Events seien eine wichtige Austauschplattform zwischen Politik und Basis. "Es ist die extreme Stärke der CSU, nahezu überall einen Ortsverband zu haben", erklärt Aigner. Doch diese Stärke auszuspielen, sei den Christsozialen verwehrt worden durch die Pandemie. Und Videokonferenzen würden persönliche Treffen nicht ersetzen. Die CSU-Stammwählerschaft, eher ältere Semester, über die sozialen Medien zu erreichen, sei womöglich nicht gelungen. "Auch das müssen wir bereden."

Im Vergleich zur vergangenen Bundestagswahl hat die CSU im Landkreis sieben Prozentpunkte eingebüßt, das spiegelt sich auch in Wolfratshausen wider, Edmund Stoibers Heimatstadt, die zu seiner Zeit als Ministerpräsident noch mit ein Garant für die absolute Mehrheit war. Jetzt stehen da 30,7 Prozent, ein Ergebnis noch unter dem Kreisdurchschnitt. Für Günther Eibl zeigt das Ergebnis den "allgemeinen politischen Trend" auf - und die falsche Kandidatenwahl der Union. Die bayerische Bevölkerung hätte sich Markus Söder statt Armin Laschet gewünscht, sagt der stellvertretender Ortsverbandsvorsitzende und Zweite Bürgermeister. "Das muss man ganz klar sagen." Der bayerische Ministerpräsident habe in der Coronakrise Führungsstärke bewiesen, sagt Eibl. Er ist überzeugt, dass Söder bundesweit den Unterschied gemacht hätte. "Mit ihm wären wir sicherlich über 30 Prozent gekommen." Nun gebe es "einen Wählerauftrag", sagt Eibl und fügt hinzu: "Ab und zu ist es nicht schlecht, auch mal in die Opposition zu gehen und sich neu aufzustellen."

Bei der politischen Konkurrenz sieht man es gerne, das CSU-Politiker jetzt auch wieder das Wort Opposition im Mund führen. Die Vormachtstellung der CSU sei auch in der Region stark angeschlagen, sagt der SPD-Kreisvorsitzende Klaus Barthel. Nur noch gut 40 Prozent der Erst- und nur knapp über 30 Prozent bei den Zweitstimmen - "das ist angesichts der früheren 60-Prozent-Ergebnisse ein enormer Vertrauensverlust", sagt Barthel, der mit dem Abschneiden seiner SPD sehr zufrieden ist. Direktkandidat Hannes Gräbner hat den Einzug über die Landesliste schließlich nur um zwei Plätze verpasst. Ein paar Prozent mehr und das nächste Mal reicht es vielleicht wieder für einen SPD-Abgeordneten aus dem Wahlkreis 223. Daraus könne die SPD durchaus ein "neues Selbstbewusstsein" ziehen, sagt Barthel.

Mit 13,5 Prozent im Wahlkreis hat die SPD freilich immer noch eines der zehn schlechtesten Ergebnisse unter den Wahlkreisen in Bayern eingefahren. Es sei aber auch nichts Neues, dass Bad Tölz-Wolfratshausen keine SPD-Hochburg sei, sagt Barthel. Für einen Aufarbeitungsworkshop wie bei der CSU sieht man bei den Roten jedenfalls keinen Grund. Im Gegenteil: "Vor einem halben Jahr hätte noch keiner einen Pfifferling auf uns gesetzt", sagt Barthel. Doch bei der zunehmenden Zersplitterung der Parteienlandschaft sei nun plötzlich auch für die SPD wieder alles drin.

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