Bürgerzentrum:Funktionell

Lesezeit: 3 min

Im Münsinger Rathaus sind die Entwürfe für das Bürgerzentrum "Neuer Pallaufhof" noch bis diesen Donnerstag zu sehen. Nicht alle kann das Sieger-Modell überzeugen, das die traditionelle Form eines Einfirsthofs aufgreift

Von Benjamin Engel, Münsing

Zu den Leitsätzen des Designs zählt, dass sich die Form aus der Funktion entwickelt. Für Georg Sebald ist genau das mit dem Siegerentwurf zum Bürgerzentrum "Neuer Pallaufhof" gelungen. Der Vorsitzende im Förderverein für Musikerziehung Münsing betonte, dass eine funktionelle Raumaufteilung für die Kunst- und Kulturschaffenden besonders wichtig war. Das Architektenteam um Bernhard Peck und Armin Daam habe die Funktionsräume von Küche, Lager bis zur Garderobe im Osten direkt parallel zum Veranstaltungssaal platziert. So entstünden direkte Zugänge, erläuterte er kürzlich den rund 40 Vereinsvertretern, Kunst- und Kulturschaffenden im Münsinger Gemeindesaal. Für sie hatte er eine Sonderführung durch die Ausstellung zum Architektenwettbewerb organisiert.

An der Jurysitzung vor wenigen Wochen hatte Sebald als Berater ohne Stimmrecht teilgenommen. Der Siegerentwurf von Peck.Daam Architekten habe von Beginn an zu den Favoriten gezählt, berichtete er. Der lang gestreckte Bau greift die traditionelle Form des Einfirsthofs auf. Laut Sebald nutzen die Architekten mit ihrer Idee die Hanglage sehr gut aus. So können die Besucher von der obersten Ebene der Tiefgarage den Saal mit etwa 350 bis 400 Sitzplätzen ebenerdig erreichen. Die flexiblen Glaselemente hinter der Bühne im Süden können geöffnet werden. So sind auch Freiluftveranstaltungen möglich, bei denen die Gäste auf Sitzstufen im Gelände das Geschehen verfolgen können.

In der Ausstellung zeigen sich aber auch die anderen Formensprachen, die für die Realisierung zur Debatte standen. Für das Bürgerzentrum inklusive Rathaus hatte das Münchner Büro von Rainhard Bauer etwa zwei lang gestreckte Baukörper in Dreieckform vorgeschlagen. Wie Sebald sagte, habe der optisch auffallende Entwurf die Anforderungen an die Funktionalität sogar sehr gut gelöst. Ob die besondere Bauform eine schöne Akustik erlaubt hätte, bezweifelte er. Die Jury mit elf Personen hatte über diesen Punkt kontrovers debattiert und geurteilt, dass die Idee nicht zum Münsinger Ortsbild passe. Für den früheren Münsinger Kulturreferenten Christoph Bühring-Uhle handelte es sich um den einzigen Entwurf, der etwas außerhalb des Vorgegebenen gedacht sei. "Das würde aber in 100 Jahren nicht in Münsing gebaut", sagte er.

Was alle 16 eingereichten Entwürfe im Grundsatz eint, ist, dass sie entweder einen großen Einfirsthof oder zwei Baukörper zur Realisierung vorschlagen. Eine Zweiteilung hätte Bildhauer und Dritter Bürgermeister Ernst Grünwald (Wählergruppe Ammerland) besser gefallen. "Mit zwei Häusern entstehen schönere Freiflächen", sagte er. Beispielhaft verwies er auf den viertplatzierten sogenannten Zwiehof von Holzer Architekten aus Wolfratshausen, der mehrere Hofplätze entstehen lässt. Ausschließlich von der Form gesehen überzeuge ihn der Siegerentwurf. Wie die Freiflächen gestaltet sind, kritisierte er allerdings. Grünwald fand schade, dass sich die einzige große Fläche vor dem Gebäude nach Westen zum Feuerwehrhaus hin öffnen würde. Gleichzeitig sei das Gebäude aus seiner Sicht zu weit nach Osten zum Pfarrhof verschoben. Ob die angestrebte Öffnung zum Kirchenareal so gelingen könne, bezweifelte er.

Architekt Bernhard Peck (Mitte) und Landschaftsarchitekt Jochen Rümpelein (rechts) erläuterten ihren Siegerentwurf, den Bürgermeister Michael Grasl (links) für gelungen hält. (Foto: Manfred Neubauer)

Erleichtert ist Bürgermeister Michael Grasl (FW), zehn Jahre nach dem Grundstückskauf einen wichtigen "Meilenstein" geschafft zu haben. Bis das neue Bürgerzentrum gebaut sei, werde es aber noch einige Zeit dauern, sagte er. Für das Projekt rechnet er mit Kosten von zehn Millionen Euro aufwärts. Die Dimensionen des jetzigen Pallaufhofs und des neuen Baus würden größenmäßig identisch sein. Ein "gescheites" Foyer im nördlichen Eingangsbereich sei für die Kommune wichtig gewesen, berichtet er. Das jetzige Rathausgebäude sei 40 Jahre nach dem Bau veraltet. Vorräume existierten nicht. Es gebe keine Barrierefreiheit, die Räume seien so hellhörig, dass jedes Wort aus einem Raum auch im angrenzenden verstanden werde. Wichtig sei, dass nun auch bessere Wegeverbindungen für die Schulkinder und Trauernden bei Beerdigungen möglich würden. Der jetzige Weg von der Kirche zum Friedhof über die Hauptkreuzung sei ein "Unding". Als "gestalterisch unaufgeregt" bezeichnete der Bürgermeister den Siegerentwurf. Kritiker könnten einwenden, dass ein am Einfirsthof orientierter Bau nichts Ungewöhnliches sei, sagte er. Aus wirtschaftlicher Sicht sei ein Baukörper besser. Eine Lösung unter einem Dach eröffne mehr Grünflächen. Die Familienbeauftragte der Agenda Soziales, Anke Mai, konnte Grasl damit nicht vollständig überzeugen. "Rein optisch hätte ich mir etwas anderes gewünscht", sagte sie.

Noch bis Donnerstag, 23. August, sind die Entwürfe zu sehen: Montag bis Mittwoch und Freitag von 10 bis 12 Uhr, am Donnerstag von 16 bis 18 Uhr

© SZ vom 22.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: