Bürgerversammlung LenggriesNeuer Wohnraum, neue Pflegeplätze, uralte Knochen

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Das Lenggrieser Pflegeheim soll bald bezogen werden.
Das Lenggrieser Pflegeheim soll bald bezogen werden. (Foto: Manfred Neubauer)

In der Lenggrieser Bürgerversammlung geht es um zukunftsträchtige Investitionen und einen Elch, der einst im heutigen Gemeindegebiet gelebt hat.

Von Benjamin Engel, Lenggries

Zur Lenggrieser Bürgerversammlung im Alpenfestsaal hat Thomas Holz (CSU) vor allem lobende Worte und ein leeres Stück Papier mitgebracht. Das hielt der Landtagsabgeordnete und stellvertretende Landrat bei seinem Grußwort in die Höhe, um zu illustrieren, dass es keine großartigen Dissense zwischen Kommune und Kreisbehörde gebe. „Ich habe nichts ins Hausaufgabenheft zu diktieren“, so Holz. Es werde gut zusammengearbeitet. Die Gemeinde erfülle nicht nur ihre Quote zur Unterbringung Geflüchteter nach dem Königsteiner Schlüssel. „Das ist nicht selbstverständlich.“ Zudem leiste sie einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag, indem sie ein Pflegeheim mit 90 vollstationären Betreuungsplätzen baue.

Bürgermeister Stefan Klaffenbacher bei der Bürgerversammlung.
Bürgermeister Stefan Klaffenbacher bei der Bürgerversammlung. (Foto: Manfred Neubauer)

Eine Lenggrieserin nutzte die Gelegenheit, um ihrer Sorge über das starke Wahlergebnis der AfD in Lenggries Ausdruck zu verleihen. „Auch wir vor Ort sind in der Verantwortung“, sagte sie. Die Gemeinde brauche Konzepte, um dem Erstarken des Rechtsextremismus entgegenzutreten. Im Gegenzug verwies Bürgermeister Stefan Klaffenbacher (FWG) darauf, dass die AfD in Lenggries unter dem bayernweiten Schnitt geblieben sei, auch wenn es Wahlbezirke mit deutlich mehr Stimmanteilen gegeben habe. Viele Leute seien unzufrieden mit der Regierung. Der Gemeinderat könne gerne diskutieren, so Klaffenbacher. „Für uns steht außer Frage, dass wir zur Demokratie stehen.“

In der Kaserne werde derzeit die mehr als 50 Jahre alte Tartanbahn saniert, die der örtliche Turnverein häufig nutze. Kostenpunkt: 450 000 Euro, dafür gebe es eine Förderung in Höhe von 220 000 Euro. Ein großes Thema sei die Neuaufstellung des Bebauungsplans. Auf dem Areal sollen unter anderem eine Kindertagesstätte und bezahlbare Wohnungen entstehen. Zudem biete sich Raum für den Bauhof, dessen aktueller Standort an der Sylvensteinstraße zu klein sei. In der Kaserne soll es laut Klaffenbacher mehr Platz für vielfältige Nutzungen und für die Jugend geben. Im Gespräch sei zudem eine Tagespflege.

In der einstigen Kaserne waren einmal 1000 Soldaten untergebracht, nun gibt es viele Ideen, wie die Gebäude genutzt werden könnten.
In der einstigen Kaserne waren einmal 1000 Soldaten untergebracht, nun gibt es viele Ideen, wie die Gebäude genutzt werden könnten. (Foto: Manfred Neubauer)

In seinem Rechenschaftsbericht nahmen das neu entstehende Pflegeheim und die frühere Prinz-Heinrich-Kaserne breiten Raum ein. Von ersterem sprach er als der größten aktuellen Baustelle, bei der die Gemeinde allerdings auf der „Zielgeraden“ sei. Das Pflegeheim soll Ende Juni 2025 betriebsbereit sein. Die geschätzten Baukosten von 21,4 Millionen Euro könnten relativ gut eingehalten werden. Zudem verwies der Rathauschef auf die Ganzdach-Photovoltaikanlage, die 400 000 Kilowattstunden Strom pro Jahr erzeugen könne, was dem Bedarf von hundert Haushalten entspreche.

Die Frage, wie viele Wohnungen dort entstehen und einkommensorientiert gefördert werden könnten, blieb vorerst unbeantwortet. Es gehe in erster Linie darum, „generell bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, auch für Pflegekräfte“, so der Bürgermeister. Durch Gewerbe und den Bauhof werde es ein gewisses Verkehrsaufkommen geben. Doch das werde zu handhaben sein.

Nahwärmenetz statt Ölheizung

In seinem Bericht sprach Klaffenbacher auch das erweiterte Nahwärmenetz an. Das neue Pflegeheim sei bereits angeschlossen. Noch in diesem Jahr solle auch das Haus der Senioren über das Nahwärmenetz versorgt werden und die 40 Jahre alte Ölheizung ersetzen.

Im Rahmen der Ortskernsanierung wurden seinen Worten nach 2024 im Karl-Pfund-Weg, in der Isarstraße und in der Flößergasse die Asphaltierungs- und Pflasterarbeiten abgeschlossen sowie Bäume und Sträucher gepflanzt. Zuvor seien Wasserleitungen und Schmutzwasserkanäle erneuert sowie Breitbandleitungen verlegt worden. Die städtebaulichen Arbeiten hätten zwei Millionen Euro gekostet, die Wasserleitungen und Schmutzwasserkanäle eine Million Euro. Aus dem Städtebauförderprogramm erwarte die Gemeinde Zuwendungen in Höhe von 700 000 Euro. Schließlich erwähnte Klaffenbacher noch die mit PV-Anlagen sowie Speichern ausgestatteten Feuerwehren und die neue Schlauchpflegeanlage.

„Sensationsfund“ in der Schachthöhle

In den Anfragen lenkte Hans Proisl senior den Blick auf einen  „Sensationsfund“: In einer Schachthöhle südlich von Lenggries wurden demnach das Geweih und Knochen eines Elchs entdeckt. Das Tier hatte laut Klaffenbacher nachweislich um 300 vor Christus gelebt. Der Gemeinderat werde sich in einer der nächsten Sitzungen mit dem Thema befassen, sagte er. Allerdings könne die Kommune heuer keine Mittel mehr in den Haushalt stellen, um den Fund zu sichern und etwa im Heimatmuseum als Exponat zu präsentieren.

Ein weiterer Bürger wollte wissen, ob die Gemeinde eine Allgemeinverfügung erlassen könne, um Mähroboter in den Abend- und Nachtstunden zu verbieten. Diese gefährdeten Igel. Laut Klaffenbacher ist dies schwierig. Eine solche Verfügung könne das Landratsamt erlassen. Auf Nachfrage habe dieses jedoch geantwortet, dass derzeit aussagekräftige Daten fehlten, um einen solchen Schritt zu begründen.

Abreißen oder sanieren: Beim alten Krankenhaus gehen die Meinungen auseinander.
Abreißen oder sanieren: Beim alten Krankenhaus gehen die Meinungen auseinander. (Foto: Sibylle Reuter/oh)

Sibylle Reuter erneuerte ihren Antrag aus dem Vorjahr, das ehemalige Krankenhaus nicht abzureißen. Ihren Worten nach wurden dafür 477 Unterschriften in Lenggries und 279 in der Umgebung gesammelt. Das Haus sei ein Identitätsfaktor. Zudem sei eine Sanierung in der regel kostengünstiger als ein Abriss. Laut Klaffenbacher wird dazu derzeit ein Gutachten erstellt. Die Raumhöhen seien für Wohnungen ungeeignet. Daher würde er davon dringend abraten, auch weil das Grundstück die einzige Erweiterungsfläche der Kommune für Nutzungen im Sozialen und für Senioren sei.

An Festen und Feiern hat es in Langgries im vergangenen Jahr nicht gefehlt - vom Faschingsumzug über den Patronatstag bis zur Fest- und Kunstwoche war in Lenggries viel geboten. Klaffenbacher warnte jedoch davor, dass die Vorschriften und Auflagen etwa zur Terrorabwehr bald so zahlreich werden könnten, dass eine Gemeinde wie Lenggries das nicht mehr stemmen könne. „Wir brauchen die Unterstützung von Landtag und Bundesregierung.“ Holz sagte seine Unterstützung zu. Jeder solle sich sicher fühlen, aber die Maßnahmen dafür müssten in einem vertretbarem Rahmen bleiben. „Unsere Festl, Prozessionen und Patronatstage zeichnen uns aus. Das muss es weiter geben.“

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