Manchmal muss man sich als Bürgermeister etwas gönnen. Anstatt hinterm Rednerpult zu stehen, flanierte Thomas Gründl (CSU) über die Bühne des Kursaals, ein Headset auf dem Kopf, halb Nachrichtensprecher, halb Showmaster. Auf der Leinwand hinter ihm wechselten sich Zahlen, Fakten, Fotos, Grafiken und ein kurzer Videofilm in rascher Folge ab. 2015 war ein Markstein in der Geschichte von Bad Heilbrunn, das galt es in der Bürgerversammlung am Montagabend mit einem unterhaltsamen Auftritt zu feiern.
Gründl sieht im Grundstückskauf einen "Befreiungsschlag" fürs Zentrum
Die Gemeinde kann nach jahrzehntelangem Stillstand endlich ihr Ortszentrum gestalten, nachdem sie für zehn Millionen Euro die 81 000 Quadratmeter großen Grundstücke der Kurfürstin Adelheid GmbH gekauft hat. "Ein Befreiungsschlag", sagte Gründl. Mit der Münchner Traditionsmetzgerei Vinzenzmurr hat sie einen Nahversorger gefunden, der sich an der Bundesstraße 472 ansiedeln soll. Grund genug für den Rathauschef, Lob und Dank an alle Beteiligten wie Blumensträuße von der Bühne zu werfen, an den Gemeinderat, die Verwaltung, die Planer, den Altbürgermeister und CSU-Landtagsabgeordneten, Martin Bachhuber, das Bürgerforum. Wenn sich Gründl zwischen seinen Sätzen auch selbst auf die Schulter klopfte, nahmen ihm das die knapp 150 Zuhörer im prall gefüllten Kursaal nicht krumm. Sie spendeten ihm immer wieder Beifall.
Die Verhandlungen mit der Kurfürstin Adelheid GmbH waren langwierig und anstrengend, das ist nun vorbei. "Jetzt geht die Arbeit aber erst richtig los", sagte Gründl. Der Gemeinderat hat das Untersuchungsgebiet für die Ortsentwicklung abgesteckt und einen städtebaulichen Wettbewerb beschlossen, wovon sich der Bürgermeister noch die eine oder andere Idee fürs Zentrum verspricht. Seine persönliche Vision: ein Mix aus Wohnen und Gewerbe, Eisdiele, Bistro, Tourismus, Dorfplatz mit Maibaum. Dazu der neue Kreisverkehr an der B 472, über den es in die Birkenallee als neue Zufahrt zur Ortsmitte geht. Gründl wünscht sich, dass das Rondell die Autofahrer nicht bloß zum Abbremsen bringt, sondern auch Neugier auf Bad Heilbrunn weckt. An dem Standort wird auch Vinzenzmurr zu finden sein, der sich mit einem Vollsortimenter wie Rewe oder Edeka zusammentun will. Er soll vor Weihnachten 2017 öffnen, wenn dem Bürgermeister zufolge alles nach Plan läuft. Dafür gab's Applaus aus dem Publikum.
Die Rücklagen sind in acht Jahren von 800.000 auf 2,4 Millionen Euro gestiegen
Finanziell steht die Gemeinde solide da. Allerdings muss sie 1,7 Millionen Euro für das neue, rund 27 000 Quadratmeter große Gewerbegebiet im Norden aufbringen, mit dem Gründl den Rückgang der Betriebe von 499 auf 493 im Vorjahr stoppen möchte. Zwölf Anfragen von Firmen liegen ihm bereits vor. Aber vor allem sind noch die zehn Millionen Euro Kaufpreis für die Areale der Kurfürstin GmbH über die nächsten 16 Jahre zu zahlen. "Man muss sehen, was wir für die einzelnen Grundstücke bekommen", sagte Gründl. Außerdem: In den acht Jahren seiner Amtszeit sei die Rücklage von 800 000 auf gut 2,4 Millionen Euro gestiegen. Das quittierten die Zuhörer ebenfalls mit Beifall.
Der Wegweiser zur Ortsmitte hat in Bad Heilbrunn auch symbolische Bedeutung: Endlich kann die Gemeinde ihr Zentrum entwickeln.
(Foto: Manfred Neubauer)Breitbandausbau, Kindergarten, Schule, Feuerwehren, Vereine - all dies läuft für Gründl reibungslos. Im Tourismus hatte Bad Heilbrunn ebenfalls ein gutes Jahr mit einem leichten Plus an Gästeankünften (10 909; 2014: 10 446) und Übernachtungen (116 817; 2014: 116 500). Sorge bereitet allerdings, dass in den vergangenen sieben Jahre 18 Gastgeber ihre Häuser schlossen, lediglich fünf neue aufmachten. Weitere Betten würden dringend benötigt, sagt Gründl. Käme ein Hotel ins Ortszentrum, zöge dies andere Betriebe nach.
Bald sollen 90 Flüchtlinge in die ehemalige Leonardis-Klinik einziehen
Neben einem kursorischen Bericht über die Finanzen des Landkreises befasste sich Dritter Landrat Klaus Koch (Grüne) vor allem mit dem Thema Asyl. Etwa 1700 Flüchtlinge, vornehmlich aus Afghanistan, Syrien und Eritrea, sind derzeit in etwa 170 Liegenschaften des Kreises untergebracht. Wie es heuer weitergehe, wisse niemand, sagte Koch. Der momentane Rückgang der Asylbewerberzahlen werde "nicht dauerhaft so sein". Der Landkreis geht in seinen Berechnungen weiterhin von 5000 Flüchtlingen bis zum Jahresende aus. "Um auch mit einer anhaltenden Welle umgehen zu können", wie Koch formulierte. 38 Asylsuchende leben derzeit in Bad Heilbrunn, vor allem Familien mit Kindern. Um sie kümmern sich etwa 30 Ehrenamtliche vom "Team Asyl". In Heilbrunn habe es den ersten Runden Tisch zu dem Thema im Landkreis gegeben, sagte Sprecherin Ingrid Spindler. Eine Herausforderung sei, dass bald 90 Flüchtlinge in die ehemalige Leonardis-Klinik einziehen sollen. "Wir können jede Hilfe gebrauchen", sagte sie. Gesucht würden zudem kleine Wohnungen für anerkannte Asylbewerber, eine Gitarre, Toaster, Fahrräder.
Kritik übte Michael Andre am Verfahren für den neuen Flächennutzungsplan. Randgebiete wie Obersteinbach seien nicht berücksichtigt, monierte er. Daniela Malcher von der Firma Lars Consult, die voriges Jahr mit Bürgern in vier Planungswerkstätten die Ziele für die Ortsentwicklung erarbeitete, versuchte zu beruhigen: Alle 31 Ortsteile von Bad Heilbrunn würden in den Plan eingebunden, erwiderte sie. Im Vorentwurf und im Entwurf soll er heuer zweimal ausgelegt werden. Martin Glaubrecht forderte, die unfallträchtige Straße nach Langau in eine Anliegerstraße umzuwidmen, Josef Sonner möchte eine solarbetriebene Tempo-Messanlage in Langau. Derzeit stehe sie überdies "am falschen Standort", sagte er. Bürgermeister Gründl versprach, all dies prüfen zu lassen. Nach zweieinhalb Stunden legte er das Headset ab und schloss die Bürgerversammlung. Unter Beifall, versteht sich.