In Schäftlarn regt sich Protest gegen eine neue Gewerbehalle eines Recyclingbetriebs. Für eine Bürgerinitiative geht es gar um die Zukunft des Ortsteils Kloster Schäftlarn. Befürchtet werden unzumutbare Auswirkungen für Anwohner und Umwelt durch Schwerlastverkehr, Lärm und Industrie. Um sich gegen den von ihr als „verantwortungslos“ bezeichneten Neubau zu wehren, hat die Initiative die Petition „Rettet Schäftlarn – keine Recyclinganlage im Klosterdorf“ gestartet. Dort ist das Ganze passend illustriert mit einem Bild von rauchenden Fabrikschloten vor einem in Natur eingebetteten Kirchengebäude.
Und darum geht es konkret: Der Entsorgungsbetrieb Frisch Recycling GmbH, vormals CD Recycling, will von seinem jetzigen Standort im alten Rinderstall des Klosters auf die Seite gegenüber umziehen. Dafür soll an der Staatsstraße eine neue Halle gebaut werden – als Ersatz für das Sägewerk, das seinen Betrieb aufgegeben hat. Der Gemeinderat Schäftlarn hat den Antrag auf Vorbescheid im Juni einstimmig befürwortet. Er befindet sich im Moment im Genehmigungsverfahren beim Landratsamt München als entscheidende Behörde.
Die Initiative befürchtet mehr Lärm und mehr Verkehr
Sprecher der Bürgerinitiative und offizieller Initiator der Online-Petition, die bis jetzt etwa 500 Menschen unterzeichnet haben, ist Benito Focardi. „Ein Recyclingbetrieb bringt unvermeidlich Lärm durch Maschinen und Verkehr mit sich“, heißt es in einer Stellungnahme. Schwerlastfahrzeuge würden vermehrt durch das Klosterdorf fahren, was nicht nur mit Lautstärke und Staub verbunden sei, sondern auch ein Sicherheitsrisiko für die Schüler des Gymnasiums, Radfahrer und Ausflügler bedeuten würde. Zudem bedrohe das „Recyclingzentrum“ geschützte Tier- und Pflanzenarten und verstoße gegen Umweltauflagen und Denkmalschutzgesetze beim unmittelbar benachbarten historischen Kloster.
Noch schwerer aber wiegen die Vorwürfe gegen die Gemeinde Schäftlarn und die beteiligten Behörden. Diese würden unsauber arbeiten, lässt Focardi durchblicken. So habe ein „Umweltgutachter“ offenbar Fehler im Bauantrag festgestellt, es gebe Hinweise auf Verstöße gegen das Immissionsschutzgesetz. Aber das ist noch nicht alles, denn der Initiator wirft dem Kloster vor, Gegner des Projekts mundtot machen zu wollen. „Es gibt glaubwürdige Berichte, dass Bürger, die sich kritisch äußern, Repressalien befürchten“, schreibt er. „Viele Bürger haben Bedenken, da das Kloster Schäftlarn in der Region als wichtiger Verpächter und Vermieter auftritt.“ Auch die Gemeinde muss sich laut Focardi den Vorwurf gefallen lassen, dass sie Eingaben von Anwohnern „absichtlich ignoriert oder nicht weiterverfolgt“.
„Da entsteht keine Chemiefabrik“, sagt Bürgermeister Fürst
Die Anschuldigungen will Schäftlarns Bürgermeister Christian Fürst (CSU) nicht auf sich sitzen lassen. „Da entsteht keine Chemiefabrik“, sagt der Rathauschef. „Die Firma ist jetzt schon legal da, und es geht nur darum, die alte Fläche weiterzunutzen.“ Die Kritik der Petition weist er zurück. In Zukunft werde es nicht mehr Krach geben, sondern weniger: „Bis vor Kurzem war hier das Sägewerk und es wurde im Freien gearbeitet“, erklärt er dazu. „Da gab es Lärmbelästigung, was künftig nicht mehr so sein wird.“ Die Frisch Recycling GmbH, eine seit 20 Jahren im Ort ansässige Firma, die Elektroschrott und Metalle sortiert und wiederverwertet, habe versichert, dass alle Arbeiten ausschließlich innerhalb der neuen Halle stattfinden werden. Zudem sei auch die Verkehrsbelastung überschaubar. „Es kommen nur wenige Fahrzeuge in der Woche.“

Anstelle der ehemaligen Lagerfläche des Sägewerks sei eine Wendeschleife mit Grünfläche geplant. Der Gemeinderat befürworte geschlossen die Entwicklung des ehemaligen Sägewerks, sagt Fürst, alles sei ausführlich und offen diskutiert worden. Die jetzige brachliegende Kiesfläche sei keine Augenweide. Zudem spricht er der Abtei Schäftlarn als Vermieter das Recht zu, sich wirtschaftlich positiv zu entwickeln. „Es wäre schade, eine bisher gewerblich genutzte Fläche künftig brachliegen zu lassen“, so Fürst, da sonst die Gemeinde gezwungen wäre, anderswo wieder eine neue Fläche auszuweisen.
„Das alles ist in Schäftlarn überhaupt kein Gesprächsthema.“
Die Bürgerinitiative kritisiert aber auch mangelnde Transparenz. Sie erklärt, dass „wichtige Dokumente wie Umwelt- und Verkehrsgutachten bislang nicht offengelegt“ wurden, außerdem habe es die Gemeinde versäumt, „die betroffenen Bürger umfassend zu informieren und einzubeziehen“. Auch das weist Fürst als bloße Behauptungen zurück. Umgekehrt gibt er zu verstehen, dass hinter dem Ganzen die massive Stimmungsmache eines einzelnen Anwohners steckt, der sich belästigt fühle und das Vorhaben mit unsachlichen Methoden und Drohungen zu verhindern versuche. Von einer breit aufgestellten Bürgerinitiative könne keine Rede sein. „Das alles ist in Schäftlarn überhaupt kein Gesprächsthema“, sagte er am Telefon. „Hier regt sich sonst keiner auf.“
Der Sprecher der Bürgerinitiative, Benito Focardi, erklärt dazu, dass er selbst gar nicht in der Region wohne. Laut Petitionstext vertritt er einen „betroffenen Anwohner, der aus Angst vor Konsequenzen anonym bleiben will“. Auch wollte sich Focardi nur schriftlich zu Fragen der SZ äußern. Viel Lärm um nichts – diesen Verdacht hegen einige Menschen, die sich in der Facebook-Gruppe „Rettet Schäftlarn – Keine Industrie im Klosterdorf“ äußern. Warum jetzt nach 30 Jahren Sägewerk auf einmal eine Recyclingfirma störe, will eine Frau aus Kloster Schäftlarn wissen, die genervt die Frage stellt, ob die Initiative überhaupt schon mal mit den Anwohnern gesprochen habe: „Ich glaube, Sie werden nicht viele finden, die dagegen sind.“