Bürgerentscheid:Erfolg für den Naturschutz

Während sich die Bürgerinitiative "Rettet den Lainbachwald" über das klare Ergebnis des Bürgerentscheids in Benediktbeuern freut, sieht Bürgermeister Kiefersauer keine Möglichkeit mehr, noch Flächen für Firmen anzubieten

Von Petra Schneider, Benediktbeuern

Der Bürgerentscheid über den Lainbachwald ist am Sonntag überraschend deutlich ausgegangen: 62,1 Prozent stimmten für das Anliegen der Bürgerinitiative (BI), den Forst zu erhalten. 37,9 Prozent folgten dem Ratsbegehren des Gemeinderats, das die Erweiterung des bestehenden Gewerbegebiets dort nach Süden hin zum Ziel hatte. Die Wahlbeteiligung lag bei 44,9 Prozent. Damit bleibt der Lainbachwald in seiner jetzigen Form erhalten, das Gewerbegebiet wird nicht ausgebaut. Der Bürgerentscheid hat ein Jahr Gültigkeit, dann könnte die Gemeinde erneut in die Planungen einsteigen.

Fasching in Bichl

Die Befürchtungen beim Faschingszug in Bichl, dass der Forst für ein größeres Gewerbegebiet Süd gefällt wird, haben sich nach dem erfolgreichen Bürgerentscheid am Sonntag nicht bewahrheitet.

(Foto: Manfred Neubauer)

Bei der Auszählung in der Gästeinformation waren sich die Wahlhelfer einig: Es sei gut, dass nach einjähriger Kontroverse nun eine Entscheidung falle. "Damit man weiß, wo die Bürger hinwollen", wie Gemeinderat Clemens Hammerl (CSU/Benediktbeurer Mitte) sagte.

Einig waren sich die sechs Wahlhelfer auch, dass das Dorf durch den Streit um den Lainbachwald nicht gespalten worden sei. Es gebe einfach zwei unterschiedliche Meinungen, hieß es. Weil mit dem Bürger- und dem Ratsbegehren zwei Entscheide zur Wahl standen, war das Prozedere kompliziert. Nachfragen in den beiden Wahllokalen habe es trotzdem kaum gegeben, sagte Claudia Wenzl von der Bürgerinitiative. Die Bürger seien mit Flyern und einer Veranstaltung der Gemeinde gut informiert worden. Die Auszählung der 1337 abgegebenen Stimmen ging schneller als erwartet: Bereits um 19.15 Uhr stand das Ergebnis fest. Bis zuletzt war in der Gemeinde keine eindeutige Tendenz auszumachen. Entsprechend erleichtert war man bei der Bürgerinitiative. "Das ist ein Riesenerfolg für den Naturschutz", freute sich Wenzl. "Denn wir können nicht so weitermachen und einfach alles zupflastern." Bürgermeister Hans Kiefersauer (parteilos) war die Ernüchterung anzumerken. "Wenn ich nicht enttäuscht wäre, wäre ich ein schlechter Bürgermeister", sagte er. Das Votum der Bürger sei aber eindeutig, das müsse man akzeptieren. Mittelfristig gebe es in Benediktbeuern nun keine Möglichkeit mehr, Gewerbebetrieben noch Flächen anzubieten. "Ein Dorf lebt aber nicht nur vom Tourismus, sondern muss eine breite Mischung an Arbeitsmöglichkeiten bieten."

Bürgerentscheid: Der Lainbachwald erfülle eine wichtige Funktion als Biotopverbundachse. Dies war das Hauptargument der Bürgerinitiative.

Der Lainbachwald erfülle eine wichtige Funktion als Biotopverbundachse. Dies war das Hauptargument der Bürgerinitiative.

(Foto: Manfred Neubauer)

Dass die Planungen nach der Ein-Jahres-Frist wieder aufgenommen werden, sieht Kiefersauer derzeit nicht. "Das wird man sich genau überlegen müssen, ob man das noch einmal macht." Kiefersauer kritisierte, dass die BI nicht kompromissbereit gewesen sei und den Vorschlag eines 40-Meter breiten Waldstreifens, der ökologisch aufgewertet worden wäre, nicht akzeptiert habe. Die Gewerbesteuer mache mit 1,3 Millionen Euro ein Drittel der Einnahmen für die Kommune aus. Die Chance, diese zu steigern, sei vertan: "Man muss dem Bürger vermitteln, dass es möglicherweise Einschränkungen gebe könnte." Dem widersprach Wenzl: Haupteinnahmequelle der Gemeinde sei die Einkommensteuer. Das Votum biete nun die Chance, "nochmals ganz neu zu überlegen". So könnten Handwerksbetriebe womöglich durch Verdichtung im Dorf bleiben, "trotz aller Bedenken, dass die Anwohner klagen könnten".

Kiefersauer zeigte sich enttäuscht über die Wahlbeteiligung von 44,9 Prozent. Man habe alles getan, um die Bürger umfassend zu informieren. "Aber es ist sehr schwer, die Leute zum Abstimmen zu bewegen." Cölestin Allgäuer, Gemeinderat (FBM) und Mitglied der BI, sieht das nicht so: Bürgerbegehren in Bayern hätten durchschnittlich eine Wahlbeteiligung von 23 bis 27 Prozent. Benediktbeuern liege mit fast 45 Prozent da sogar "relativ hoch".

Er sei "sehr glücklich" über den Ausgang des Bürgerentscheids, sagte er. "Schön, dass die Natur nicht dem Kommerz geopfert wurde". Der Lainbachwald können weiterhin seine Verbundfunktion zwischen Benediktenwand und Kochelsee-Loisach-Moor erfüllen und Habitat für geschützte Arten wie Fledermäuse bleiben. Nach der jüngsten Kartierung war der Biotopschutz des Waldes aufgehoben worden. Es sei zu überlegen, ihn wieder zu einem Auwald aufzuwerten, so Allgäuer. Falls eine Erweiterung des Gewerbegebiets am Lainbach wieder Thema werde, "stehe ich am nächsten Tag beim Edeka und sammle Unterschriften".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: