Bühne:Der Knaller

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Rohr geöffnet, alles fließt: Gregor (links) und Raphael Mayrhofer bei ihrem umjubelten Auftritt in der Loisachhalle. (Foto: Hartmut Pöstges)

Gregor und Raphael Mayrhofer reißen das Publikum zu Begeisterungsstürmen hin

Von Anja Brandstäter, Wolfratshausen

Raphael Mayrhofer erscheint in Handwerkerkluft auf der Bühne, um an einem komplizierten Abflussrohrsystem unter dem Flügel herumzuschrauben. Schon da ist klar: Das wird kein normaler Konzertabend. Vielmehr beweisen die Brüder Gregor und Raphael Mayrhofer als Duo Imbrothersation in der ausverkauften Loisachhalle drei Stunden lang, dass der Musik keine Grenzen gesteckt sind. Am Ende der clownesken Show hält es im Publikum keinen mehr auf den Sitzen.

Gregor Mayrhofer beweist seine Virtuosität vor allem am Flügel, während Raphael Schlagzeug und Marimbaphon bearbeitet, Rohre zu Alphörnern umfunktioniert oder Plastikstäben Pfeifenklänge entlockt. Ein Besen wird in seinen Händen ebenso zum Percussioninstrument wie eine Kartoffelchipstüte. Und wenn die Tüte mit einem Knall platzt, ist auch das Musik.

Was so leicht und locker erscheint, folgt einer stringenten Choreografie und einer perfekten Licht- und Tontechnik, für die Georg Blüml verantwortlich zeichnet. Unter dem Motto "Das Präludium schlägt zurück" kombinieren die Brüder aus Waldram unverzagt Werke von Bach, Beethoven und Chopin mit Musik von Duke Ellington oder Hits der "Blues Brothers". Ihr Zusammenspiel ist atemberaubend. Man möchte meinen, sie täten nichts anderes, als zusammen auf Tour zu gehen. Tatsächlich sind ihre Begegnungen rar. Gregor, Absolvent der Juilliard School in New York, ist weltweit als Dirigent, Pianist und Komponist gefragt und arbeitet derzeit als Assistent von Sir Simon Rattle bei den Berliner Philharmonikern. Raphael ist Musiklehrer in München. Der blinden Vertrautheit der beiden tut das offenbar keinen Abbruch.

Vor der Pause taucht plötzlich die Frage auf: "Warum schreiben wir keine Oper?" Ein Libretto muss her. Und das soll das Publikum in den nächsten 20 Minuten liefern. Jeder ist aufgerufen, auf bunte Zettel Gegenstände, Gefühle und Körperteile zu notieren und die Stichworte in drei Körbchen zu legen. Aus diesen bedient sich Raphael nach der Pause, um das Grundmotiv für seine Oper festzulegen. Als "Prinzessin" besingt er melancholisch die Berührung einer Zehe, bevor er in Leidenschaft zu einem Staubsauger erglüht. Nach diesem Opernereignis verwandelt sich die Loisachhalle in einen Dschungel mit Vogelgezwitscher, Affengebrüll, Elefantengetröte und Froschgequake. Der Dschungelsound ergießt sich in Wagnersches "Rheingold" und endet auf einer Almwiese mit Kuhglocken und Ziegengemecker.

Auch einen Tango legen die beiden aufs Parkett - und spielen zugleich einhändig Klavier. Eine "Tiersymphonie" beendet den Abend. Protagonisten sind eine Quietschente, eine Quietschsau und ein Quietschhuhn. Rhythmus ist alles. Das Publikum tobt.

© SZ vom 12.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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