Brote auf dem Prüfstand:Die Kruste macht den Geschmack

Die Bäckerinnung prüft 93 Brote und 37 Semmeln. Am Ende erhalten 21 Laibe die Note "sehr gut"

Von Martina Schulz, Bad Tölz

"Brot ist Leben. Brot ist Kultur. Brot ist Hoffnung" - das steht auf einem großen Plakat im Eingangsbereich des AOK-Gebäudes in Bad Tölz. Davor sitzt Manfred Stiefel, Bäckermeister mit Zusatzausbildung zum sensorischen Sachverständigen. 37 Semmeln und 93 Brote hat er zwischen dem 18. und 20. Mai geprüft. Mit dem Test der Brote, die sich in einer Kiste stapeln, ist er noch nicht ganz fertig. Die letzten wurden gerade erst geliefert. "Die Brote müssen mindestens immer einen Tag alt sein", sagt er. Dann entfalte sich deren Aroma erst vollständig. Ausnahme sei das Baguette, das mindestens sechs Stunden alt sein sollte. Semmeln dagegen müssen spätestens sechs Stunden nach dem Ausbacken getestet werden.

Zwölf Betriebe waren der Einladung der Bäckerinnung Miesbach-Bad Tölz-Wolfratshausen zur Prüfung gefolgt. Die Kontrolle sei keine Verpflichtung, betont Konrad Stelmaszek, Obermeister der Bäckerinnung und Chef der "Königsdorfer Backstube", "aber der Kuchen des Backmarkts wird jeden Tag neu verteilt."

Die Prüfung in Bad Tölz hat ein erfreuliches Ergebnis: Die Qualität im Vergleich zu den Vorjahren ist gleichbleibend hoch. Experte Stiefel bescheinigte ein sehr gutes Ergebnis, auch wenn es noch 16 Brote zu prüfen gebe.

Von den geprüften Broten schnitten 41 mit der Note "gut" ab, 21 erhielten sogar ein "sehr gut". 15 Brote wurden nicht prämiert, erhielten folglich weniger als 90 von möglichen 100 Punkten. "Da war vielleicht einfach die Kruste zu dünn und das Brot nicht so elastisch." Der Bäcker befinde sich oft in einer Zwickmühle, da der Kunde die Kruste häufig heller haben wolle, doch damit könne die Kruste nicht mehr so gut ihre Funktion erfüllen. Und gerade sie ist entscheidend für die Qualität eines Brotes, da sie den Schutzmantel für das Brot bildet und die Feuchtigkeit im Brot hält. "80 Prozent des Geschmacks kommt über die Kruste", erklärt Stiefel. Der Geschmack und der Geruch werden in der Prüfung neunfach gewertet. Kleine Unachtsamkeiten wirken sich in diesem Bereich sofort auf die Bewertung aus. Wer beständig gute Leistungen bringe, der könne in Bayern sogar den Staatsehrenpreis erhalten. "Wir haben gutes Brot, das nicht nur als Wurstunterlage dienen kann", ist Stelmaszek überzeugt. Von den 37 eingereichten Brötchen erhielten alle mehr als 90 Punkte; 19 erreichten eine sehr gute Bewertung.

Die Sachverständigen des Instituts für die Qualitätssicherung von Backwaren prüfen deutschlandweit Brote, Brötchen und Stollen (letztere natürlich nicht im Frühjahr) nach bestimmten Kriterien. Dabei gehen sie grundsätzlich von außen nach innen vor. Form und Aussehen werden individuell beurteilt, da es kein Idealbild gibt. Ein Baguette und ein Kastenbrot unterscheiden sich ganz grundsätzlich.

Oberflächen- und Krusteneigenschaften stehen anschließend auf dem Prüfstand. Die Art des Brotes bestimmt die Dicke der Kruste und diese wiederum das Aroma: Je dicker die Kruste ist, desto intensiver wird das Aroma sein. Krumenbild und Lockerung, Struktur und Elastizität werden ebenfalls geprüft. Die Krume, der innere, weiche Teil eines Brotes, sollte grundsätzlich locker und luftig sein, wobei auch dies von der Art des Brotes abhängt. Roggenmischbrote sollen ein dichteres und kompakteres Bild als Weizenbrot aufweisen. Und noch ein Kriterium: Brot sollte sich problemlos schneiden lassen; um die Elastizität zu prüfen, drückt Manfred Stiefel seinen Daumen in das Innere des Brotes. Der Abdruck des Daumens sollte sich zurückformen. Und der Geruch eines Brotes muss vor allem eines bewirken: den Wunsch, das Brot zu essen. Laut Stiefel solle der Kaueindruck angenehm sein: "Nur was gut gekaut werden kann, wird gut verdaut." Das Aroma müsse zum Brot passen. Zum Beispiel sollen Weizenbrote einfach milder als Roggenbrote schmecken.

Ciabatta, Baguette und Vollkorn

Woran erkennt der Kunde nun gutes Brot? Das wichtigste Kriterium, sagt Brotprüfer Manfred Stiefel, sei, dass das Brot gut gebacken sein müsse. Und dies könne der Kunde an der Kruste erkennen, die den Geschmack beziehungsweise das Aroma eines Brotes am Stärksten beeinflusse. Der Schutzmantel des Brotes halte dieses eben frisch und speichere die Feuchtigkeit. Allerdings müsse man immer die Art des Brotes berücksichtigen und diese dann beurteilen. Ein Ciabatta oder Baguette könne man logischerweise nicht mit einem Vollkornbrot vergleichen. Zudem lassen sich bei aufgeschnittenem Brot die Poren beurteilen, die gleichmäßig verteilt sein und eine gewisse Größe nicht überschreiten sollten, da man ja auch noch Aufstriche auftragen möchte. Wieder bilde das Baguette eine Ausnahme. Große Poren seien hier kein Mangel. Viele Bäckereien bieten die Möglichkeit, ein Brot zu probieren. Dann kann der individuelle Geschmack entscheiden. Die Tölzer haben sogar den Vorteil, dass sie noch zwischen sieben Bäckereien wählen können - eine Ausnahme im Landkreis. Die größte Stadt Geretsried inklusive Gelting, habe nur mehr zwei Bäcker Um dem Kunden bei der Suche nach Qualität zu helfen, bietet das Institut für Qualitätssicherung eine Brot-Test-App an, die man sich herunterladen kann (www.brot-test.de). Dort kann man seine Postleitzahl angeben oder seinen Standort anzeigen lassen, und die App zeigt die Bäckereien in der Nähe an mit ihren Produkten, die getestet wurden. Die Bewertung wird ebenfalls angeführt. So kann der Kunde ein prämiertes Brot oder eine prämierte Semmel erwerben und sich sicher sein, dass die Backwaren ausgiebig getestet wurden. Martina Schulz

Zur Bekanntgabe der Ergebnisse waren sieben Bäcker erschienen: Leo Büttner, Michael Detter (beide aus Bad Tölz), Robert Butz (Bayrischzell), Jakob Gritscher (Schliersee), Peter Kögelsperger (Deining), Ludwig Schmid (Geretsried) und Konrad Stelmaszek (Königsdorf).

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: