Süddeutsche Zeitung

Brot und Spiele:Glaube an die große Liebe

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Die Ickinger Schauspielerin Heidrun Gärtner liest Briefe von Clara Schumann

Interview von Stephanie Schwaderer

Die Ickinger Schauspieler Heidrun Gärtner () und Daniel Friedrich sind seit 15 Jahren ein Paar, gemeinsam auf der Bühne standen sie noch nie. Das wird sich an diesem Wochenende ändern: Im literarisch-musikalischen Programm "Liebesfrühling", zu dem die Musikfreunde Penzberg einladen, lesen sie aus dem leidenschaftlichen Briefwechsel von Clara und Robert Schumann aus dem Jahr 1838.

SZ: Frau Gärtner, erinnern Sie sich an Ihren ersten Liebesbrief?

Heidrun Gärtner: An den ersten Brief - nein. Aber an das erste Liebesgeständnis: Das war zu meiner Konfirmandenzeit, ein fürchterliches Gestammel unter einer Laterne.

Fällt es Ihnen schwer, sich in die 19-jährige Clara Schumann hineinzuversetzen?

Die Zeit, die Zwänge waren natürlich ganz andere - obwohl Clara schon eine sehr moderne Frau war. Sie hat von ihrer Kunst gelebt, ist kreuz und quer durch Europa gereist, das entsprach überhaupt nicht der Norm. Im Mittelpunkt ihrer Briefe steht der unbedingte Glaube an die große Liebe und der Konflikt mit ihrem Vater, der ihr jeglichen Kontakt zu Robert Schumann verboten hatte. Eine Liebe "against all odds", könnte man sagen. Die gibt es heute wohl genauso wie damals.

Wodurch zeichnet sich dieser Briefwechsel in Ihren Augen aus?

Bei der Vorbereitung ist uns klar geworden: Briefe brauchen Zeit. Heute schreibt man eine SMS, die in der nächsten Sekunde ankommt. Die Briefe von Clara und Robert überschneiden sich oft, es kommt zu Missverständnissen. Vor allem aber bündelt sich in ihnen ihre gesamte Kommunikation. Man muss sich das vorstellen: Sie dürfen sich nicht sehen, sind aber fest entschlossen, in zwei Jahren, wenn Clara 21 ist, zu heiraten. Alles, was man sich sagen möchte, jeder Gedanke, jede Gefühlsregung, wird in allen Einzelheiten dargelegt. Das Thema Liebe bis in den Tod ist typisch für die Romantik, hier bekommt es eine außergewöhnliche Größe und Emotionalität.

Im Programm Liebesfrühling werden den Briefen der beiden Liedkompositionen gegenübergestellt. Was ist stärker?

Die Musik ist im Vorteil: Sie trifft tiefer und vor allem schneller. Das ist es, worum ich Musiker beneide. Worte müssen erst im Hirn übersetzt werden. In diesem Programm liegt der besondere Reiz in der Kombination von Text und Musik.

Wie läuft die Zusammenarbeit mit den Musikern?

Wir bereiten uns getrennt vor und lassen uns überraschen. Die Generalprobe mit Thomas Stimmel und Anna Karmasin wird erst am Wochenende in Raisting sein.

Aber Sie und Ihr Mann - Sie lesen sich schon gegenseitig etwas vor?

Nein. Jeder sitzt brav in seiner Kemenate und übt für sich. Manchmal schauen wir kurz auf und lächeln uns an. Die Kunst in der Schauspielerei liegt darin, spontan aufzugreifen, was der andere einem anbietet. Je frischer die Emotionen, desto besser.

Clara und Robert Schumann: Liebesfrühling - Geschichte einer Liebe in Wort und Ton, Sonntag, 21. Mai, 19.30 Uhr, Aula Grundschule Südstraße, Penzberg, mit Heidrun Gärtner, Daniel Friedrich, Anna Karmasin (Sopran), Thomas Stimmel (Bass) und Liese Klahn (Klavier), Idee und Konzeption: Sabine Näher; Karten zu 20 Euro im Vorverkauf in der Buchhandlung Rolles, Tel. 08856/4344.

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Quelle:
SZ vom 18.05.2017
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