Süddeutsche Zeitung

Lenggries/München:Grundstücksgerangel am Lenggrieser Hausberg

Die Bergbahn und ein Landwirt streiten sich vor Gericht

Von Benjamin Engel

Die Gemengelage ist vielschichtig, womöglich aber typisch für ein zwischen zwei Interessenten umstrittenes Immobiliengeschäft. Es geht um viel: circa 70 Hektar Grund, ein Vorkaufsrecht und eine Grunddienstbarkeit, die angeblich sittenwidrig sein soll. Obwohl es so klingt, ist das keine Geschichte aus der bayerischen Landeshauptstadt. Doch spielt die Angelegenheit dort, wo die Münchner gerne ihre Freizeit verbringen, auf dem Lenggrieser Hausberg Brauneck.

Im Zentrum stehen ein Lenggrieser Landwirt, der das etwa 70 Hektar große Areal um die alte Garlandalm beim heutigen Speicherteich zur Futtergewinnung für sein Vieh nutzen möchte, und die Brauneck- und Wallbergbahn GmbH, die ein Vorkaufsrecht für die Grundstücke hat.

Bei einem Verfahren vor dem Landgericht München II geht es nun im Kern um die Frage, ob das Seilbahnunternehmen während der Verkaufsgespräche mit dem vorherigen Eigentümer mündlich auf das Vorkaufsrecht verzichtet hat. Der Landwirt behauptet das, weswegen er die Grundstücke im Oktober 2020 für 800 000 Euro gekauft hat. Im Grundbuch ist nun der Landwirt als Eigentümer eingetragen. Zudem gibt es zu dessen Gunsten ein Recht zur Wiederherstellung der Almhütten und eine Grunddienstbarkeit zur land- und forstwirtschaftlichen Nutzung. Diese hat der Voreigentümer noch vor dem Verkauf im September 2020 bestellt. Der Landwirt überwies dafür 50 000 Euro.

In der Verhandlung am Landgericht am Donnerstag widersprach Bergbahn-Geschäftsführer Peter Lorenz, jemals erklärt zu haben, auf das Vorkaufsrecht verzichten zu wollen. "Ich habe immer gesagt, über das Vorkaufsrecht wird in München entschieden", sagte er. Ohne die Zustimmung des Beirats und der Gesellschafter - die Brauneck- und Wallbergbahn GmbH ist mehrheitlich im Besitz der Münchner Familie Schörghuber - habe er auch gar nicht agieren können. Erst als der notarielle Kaufvertrag vorgelegen habe, sei entschieden worden, das Vorkaufsrecht Mitte Dezember 2020 zu ziehen.

Für die Bergbahn ist die Grunddienstbarkeit sittenwidrig und sollte nur die Ausübung des Vorkaufsrechts torpedieren. Das Unternehmen sieht sich als rechtmäßigen Grundstückseigentümer und hat gegen den Landwirt Klage wegen Grundbuchberichtigung eingereicht.

Auf einen Vergleichsvorschlag, für eine Jahrespacht von 20 000 Euro die Flächen landwirtschaftlich nutzen zu können, ließ sich der Landwirt nicht ein. Er schilderte, dass ursprünglich ein Grundstücksverkaufspreis von mehr als zwei Millionen Euro im Gespräch war. Der Bergbahn-Geschäftsführer Lorenz habe erklärt, dass sein Unternehmen maximal eine halbe Million Euro zu zahlen bereit wäre. "Herr Lorenz sagte zu mir, sie seien sich einig, sie seien da raus", erläuterte der Landwirt. Daher sei er davon ausgegangen, dass die Bergbahn ihr Vorkaufsrecht nicht ziehen wollte. Der Geschäftsführer der Bergbahn, so der Landwirt, habe sogar betont, dass er es gut finde, wenn ein Bauer das Areal beweide. "Ich verstehe die Entwicklung nicht", sagte der Landwirt. Die Bergbahn habe weiterhin ein Nießbrauchsrecht für die Skipisten. Die Grunddienstbarkeit sei nur als Sicherheit bestellt worden, weil der Voreigentümer dringend Geld gebraucht habe.

Zur Kaufintention äußerte sich die Bergbahn nicht. Die Verhandlung wird fortgesetzt. Richterin Monika Bauer ermahnte den beklagten Landwirt. Dieser müsse den Verzicht der Bergbahn auf das Vorkaufsrecht beweisen, was bei mündlichen Gesprächen schwierig sei. "Sie tragen ein großes Risiko."

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SZ vom 08.10.2021
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