Bootsverkehr auf dem Kochelsee:Streit um "Echofahrten"

Touristen lieben sie, Naturschützer und Konkurrenten nicht: Darf das Elektroboot "Herzogstand" auf dem Kochelsee unterwegs sein? Die Frage wurde vor Gericht verhandelt - und endete im Streit über die Folgen des Tourismus.

Bernhard Lohr

Auf dem Kochelsee geht es vergleichsweise beschaulich zu. Es gibt einen Bootsverleih mit Tret- und Ruderbooten, und ein Motorschiff steuert im Sommer zwischen 11 und 18 Uhr fünf Anlegestellen an. Erst voriges Jahr wurde nach 55 Jahren im Betrieb die "Herzogstand" durch ein geräumigeres Schiff ersetzt.

Bootsverkehr auf dem Kochelsee: Das Idyll trügt: Am Kochelsee streiten Betreiber und Konkurrenten um Bootsfahrten für Touristen.

Das Idyll trügt: Am Kochelsee streiten Betreiber und Konkurrenten um Bootsfahrten für Touristen.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Doch ein harmloser Streit um ein Elektroboot hat nun die Frage aufgeworfen, ob der See nicht schleichend den Touristen und anderen wirtschaftlichen Belangen geopfert wird. Das Landratsamt will das jedenfalls in dem seit 2006 ausgewiesenen Vogelschutzgebiet verhindern.

Der Schlehdorfer Severin Meyer (Name geändert) und Manfred Kneidl aus Kochel sind schlecht aufeinander zu sprechen. Kneidl betreibt die Motorschifffahrt-Gesellschaft. Vor einem Jahr kaufte er die zweistöckige "Seehausen", die bis dahin auf dem Staffelsee kreuzte, benannte sie in "Herzogstand" um und setzt seitdem das wie sein Vorgänger auf 100 Personen ausgelegte Schiff auf dem Kochelsee ein.

Meyer dagegen darf sein kleines Elektroboot nicht mehr benutzen, mit dem er gerne Feriengästen einen Seeausflug ermöglichen würde. Das Landratsamt hat eine befristete Genehmigung mit Verweis auf den Naturschutz nicht verlängert.

Dagegen geht Meyer vor. Am Dienstag traf er sich mit Vertretern aus dem Landratsamt vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht in München. Und dort machte er seinem Unmut Luft. Er fühle sich ungerecht behandelt, sagte er, die Vorgaben des Landratsamts würden fortwährend unterlaufen. Es gebe Schwarzbauten am See und Badestege, die nicht zugelassen seien. Es sei Mode, an Wochenenden mit kleinem Außenbordmotor am Boot über den See zu schippern.

Insbesondere kritisierte Meyer, was Kneidl mit seinem Schiff unternimmt. Dieser mache "Echofahrten" wie auf dem Königssee. Und nachts sei er mit Blasmusik und Festbeleuchtung unterwegs. Das habe ihn erst auf die Idee gebracht, sein Boot zu reaktivieren. Anwalt Wilfried Niedermaier pochte darauf, dass gleiches Recht für alle gelten müsse.

Wenn ein Boot stillgelegt wird, gibt es keine neuen Genehmigungen mehr

Kneidl freilich relativierte auf SZ-Anfrage Meyers Darstellung: "Die Echofahrten gibt es seit circa zehn Jahren." Und eine Fahrt mit Blasmusik an Bord habe es in den vergangenen zehn Jahren ein Mal gegeben. Im übrigen sei der Fahrbetrieb vom Landratsamt genehmigt. Allerdings hat die Kreishehörde den Bescheid für die neue "Herzogstand" keinesweges mit Begeisterung erteilt.

Denn wie Abteilungsleiter Michael Kumetz vor Gericht sagte, verfolgt der Landkreis seit Jahren das Ziel, den Bootsverkehr auf dem See "zurückzufahren" und dem Naturschutz Vorrang zu geben. Dem seien freilich Grenzen gesetzt, wenn es darum gehe, einem bestehenden Betrieb die Existenzgrundlage zu rauben. Sachgebietsleiterin Cornelia Breiter sagte, es würden keine Betriebsgenehmigungen mehr erteilt, sobald jemand sterbe oder ein Boot stillgelegt werde. Derzeit prüfe man, ob Kneidl mit seinen Fahrten gegen die Genehmigung verstoßen habe.

Verwaltungsrichter Thomas Eidam sah in der Sache einigen Klärungsbedarf. Das Landratsamt müsse seine Linie schon stringent verfolgen, Boote vom See zu verbannen. Es soll nun schriftlich von der Prüfung der Sonderfahrten berichten und eventuell den Genehmigungsbescheid für das Schiff schärfer fassen. Das Verfahren wegen des Elektroboots soll schriftlich zuende geführt werden.

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