Blockhäuser:Der Duft des Holzes und die Nähe der Natur

Lesezeit: 3 min

Nikolas Berwian hat in den kanadischen Wäldern gelebt, bevor er sich in Rimslrain niederließ - und dort seine Berufung fand.

Petra Schneider

Immer wenn Nikolas Berwian an Kanada denkt, hat er wieder diesen speziellen Geruch des Zedernholzes in der Nase. So wie damals, als er ein Jahr lang in einem Zedernholz-Blockhaus lebte. Allein an einem kanadischen See, mitten in der Wildnis. Seine einzige Gesellschaft waren zwölf Schlittenhunde, die er hütete. Und Betty, deren Besitzerin. Alle zwei Wochen kam sie über den See gerudert und versorgte den jungen Deutschen mit Lebensmitteln. Abenteuerlust hatte den Saarländer Anfang der 90-er Jahre nach British Columbia gezogen.

Nikolas Berwian ist von der alten Gattersäge mit ihren vielen Sägeblättern fasziniert. (Foto: Manfred Neubauer)

Diese Urwälder haben mich fasziniert", sagt der 38-Jährige mit dem Vollbart und der Holzfällerstatur, der in einer Großstadt, einem Büro, einfach nicht vorstellbar ist. Heute lebt er im kleinen Wackersberger Ortsteil Rimslrain. Seine Liebe zu den landestypischen Blockhäusern, die aus Naturstämmen gebaut werden, und die in ihm erwachte, als er in den riesigen kanadischen Wäldern lebte, hat er dorthin mitgebracht.

Waagrecht werden die mächtigen Stämme aufeinander gelegt, an den Kreuzungspunkten miteinander verschränkt. Bäume nur mit einer Axt und der eigenen Muskelkraft zu einem Haus aufzurichten, das wollte er lernen. "Das ist die ursprünglichste Art des Bauens", glaubt er. In einem Blockhaus fühle man sich der Natur nahe, schwärmt der Zimmerer. "Wenn man reingeht, duftet es nach Wald." Das Holz speichere Wärme und filtere die Luft, was besonders für Allergiker angenehm sei.

Zimmererlehre in Garmisch-Partenkirchen

Bei aller Schwärmerei: Berwian ist ein praktisch denkender Mensch. Also machte er eine Zimmererlehre in Garmisch-Partenkirchen, bildete sich bei Firmen in Deutschland fort, arbeitete zweieinhalb Jahre in Russland. Mit seiner Frau, einer Försterin bei den Bayerischen Staatsforsten, und den zwei Kindern ließ er sich schließlich in Rimslrain nieder.

Dort gibt es zwar keine Urwälder, aber Blockhäuser bauen kann man dort auch. Durch Zufall stieß Berwian auf ein Sägewerk in Greiling, das er im Sommer 2010 pachtete: Einsam gelegen und mit einem Gelände, das groß genug ist, um ausgewachsene Baumstämme zu lagern und zu verbauen. 200 Jahre alt ist das Sägewerk, und dessen Elektromotor werde auch heute noch von der Wasserkraft des Mühlbachs unterstützt, sagt Berwian.

Für jedes Blockhaus verbaut er 60 bis 80 Baumstämme. Dabei benutzt er die alte Gattersäge nur selten, meistens genügt eine Motorsäge. Berwian verwendet Tannen, weil sie sehr gerade wachsen und sich ihr Stamm nach oben hin nicht verjüngt. Seine Bäume bezieht er aus der Region. Er geht mit dem Förster in den Wald und sucht die passenden Stämme aus.

"Erntegebiet" Jachenau und Lenggries

Die Wälder in der Jachenau und in Lenggries sowie an der Nordseite der Benediktenwand sind seine "Erntegebiete". 80 bis 120 Jahre alte Baumriesen braucht er. Sie werden gefällt, von Hand entrindet und gehobelt. Ein Frevel sei das nicht, erklärt er. "In Deutschland wächst viel mehr Holz nach, als geerntet wird." Trocknen müssen die Stämme mit einem mittleren Durchmesser von 40 Zentimetern nicht.

Dass sich ein Blockhaus um rund fünf Prozent setzt, wenn das Holz austrocknet, ist einkalkuliert. Die Stämme behalten ihre natürliche Form, wenn Berwian sie verarbeitet: Manche wölben sich stärker in den entstehenden Raum, manche sind an den Enden schmäler als andere, Astlöcher sind erkennbar.

Aus dem unregelmäßigen Material eine dichte und stabile Konstruktion zu schaffen, die sich durch das Gewicht der Stämme selbst trägt, erfordert Erfahrung und handwerkliches Können. Ein Team von drei Leuten braucht etwa acht Wochen, bis der Rohbau steht. Aufgebaut wird er auf dem Gelände in Greiling, dann wieder abgebaut. Beim Kunden werden die Elemente wie bei einem Fertighaus erneut zusammengesetzt.

Luxusvariante oder Stück Wildnis

Ein Blockhaus muss nicht gestrichen oder sonst imprägniert werden. Wenn die untersten Balken nicht unmittelbar auf dem Erdreich auflägen und das Dach genügend weit überstehe, seien Blockhäuser fast unverwüstlich, sagt Berwian. Im Voralpenland gebe es Almhütten in Blockbauweise, die 250 Jahre alt seien. "Das älteste Blockhaus in Norwegen ist sogar 800 Jahre alt." Nur Feuer könne ihnen gefährlich werden.

Zur Dämmung verwendet Berwian Schafwolle. Nicht verbaut werden Nägel, Dämmfolien, Zement oder andere Verbindungsmittel. Junge Familien, die Wert auf ökologische Bauweise legen, gehören zu seinen Kunden. "Oder Kanada-Freaks, die sich ein Stück Wildnis ins Wohnzimmer holen wollen." Viele Anfragen kämen aus Österreich, sagt Berwian. Luxuriöse Ferienhausvarianten mit Whirlpool und Sauna seien dort gefragt.

In Deutschland sind Blockhäuser ein Nischenprodukt. Etwa 100 gebe es derzeit, schätzt Berwian. Manche Kommunen zierten sich mit der Genehmigung. Dass ein rustikales Blockhaus nicht in jede Neubausiedlung passt, findet auch Berwian. Was seine Häuser auszeichne, sei ihre Individualität. "Sie sind lebendig und altern mit den Bewohnern."

© SZ vom 20.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: