Bildungspolitik:Tölzer klagen über das G8

Kultusminister Spaenle verteidigt in Bad Tölz die Gymnasialreform - räumt aber Defizite bei deren Umsetzung und beim Thema Bildungsgerechtigkeit ein.

Petra Schneider

Das neue Schuljahr hat gerade begonnen, und das Interesse am Thema "Bildungsqualität und Bildungsgerechtigkeit" ist groß. 50 Zuhörer, darunter viele Eltern, Lehrer und auch Schüler, haben am Donnerstagabend den Bayerischen Kultusminister Ludwig Spaenle auf einer Veranstaltung des Tölzer CSU-Ortsverbands viele Fragen zur neuen Mittelschule, zur Belastung im achtjährigen Gymnasium und zu den Studienbedingungen für den doppelten Abiturjahrgang gestellt.

Ludwig Spaenle Kultusministerkonferenz

Wurde von Tölzer Schülern, Lehrern und Eltern ins Kreuzverhör genommen: Kultusminister Ludwig Spaenle.

(Foto: ap)

Spaenle brach im Gasthaus "Starnbräu" eine Lanze für den Erhalt der Hauptschulen und für ein differenziertes Schulsystem. Spaenle sagte, dieses sei in der Leistungsbilanz deutlich besser als die Gesamtschulen. "Die individuelle Förderung soll in allen Schularten weiter entwickelt werden, auch wenn das viel Geld kostet." Bei aller Betonung der Stärken des bayerischen Bildungssystems räumte der Minister auch Fehler ein. In Bezug auf Bildungsgerechtigkeit etwa habe die CSU zu wenig getan. Junge Menschen mit Migrationshintergrund und solche aus sozial schwächeren Schichten müssten stärker gefördert werden.

In der anschließenden, lebhaften Diskussion mahnten die anwesenden Eltern und Schüler vor allem Verbesserungen beim achtjährigen Gymnasium (G8) an. So beklagte Anneliese Buckel, Mutter zweier Oberstufenschüler am Tölzer Gymnasium, die hohe Stundenbelastung von bis zu 39 Wochenstunden. "Da bleibt den Jugendlichen keine Zeit mehr für gesellschaftliches Engagement." 39 Stunden seien tatsächlich auch für ein leistungsstarkes Kind zu viel, räumte der Minister ein.

Schüler könnten aber zum Halbjahr, in Absprache mit dem Kollegstufenbetreuer, ihre Stundenzahl reduzieren. Außerdem hätten Gymnasien Erfahrungen bei der Gestaltung von Stundenplänen gesammelt, so dass heuer die Stunden kompakter verteilt worden seien. Es sei keineswegs so, dass die Schüler des diesjährigen Abiturjahrgangs als Versuchskaninchen missbraucht worden seien. Von Anfang an habe es einen Maßnahmenkatalog gegeben, um im laufenden Schuljahr schnell auf Probleme reagieren zu können. "Nachkorrigieren ist kein Zeichen politischer Schwäche", sagte Spaenle.

Am G8 werde in Bayern festgehalten, "auch wenn bei der Umsetzung einiges hätte deutlich besser laufen können." Wenn sie denn das Abitur geschafft haben - "wie gut sind die Unis auf den doppelten Abiturjahrgang im kommenden Jahr vorbereitet", wollte Anneliese Buckel weiter wissen. Eine Milliarde Euro würde der Freistaat zur Verfügung stellen, 3000 neue Fachkräfte einstellen und 38 000 zusätzliche Studienplätze anbieten, antwortete der Minister. "Jede der 30 Unis ist voll im Zeitplan."

Severin Eichenseher, Schülersprecher am Tölzer Gymnasium, kritisierte, dass es keine einheitlichen Standards bei den Abiturprüfungen gebe. Bayerische Abiturienten müssten mehr leisten, als die in vielen anderen Bundesländern. "Wenn wir deshalb schlechtere Abiturnoten haben, müssen wir Wartesemester einlegen, weil uns die Hamburger oder Bremer die Studienplätze wegschnappen." Spaenle sagte, dass eine Landeskinderregelung, nach der Abiturienten aus dem eigenen Bundesland bevorzugt würden, vom Bundesverfassungsgericht sofort gekippt worden sei. Er werde in der Kultusministerkonferenz darauf drängen, gleiche Standards für die Abiturprüfungen zu erarbeiten.

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