Bildungsangebote:Wider Unsinn und Unsicherheit

Das Kreisbildungswerk reagiert formal und inhaltlich auf die Erfahrungen der Corona-Krise

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Die Coronavirus-Pandemie hat auch das Katholische Kreisbildungswerk (KBW) vorübergehend zum Stillstand gebracht. Mit der Bildungsarbeit sei man im März von 100 auf Null heruntergebremst worden, sagt Geschäftsführer Andreas Käter. So langsam läuft das Programm wieder an. Käter rechnet damit, im Herbst zwischen 50 und 60 Prozent des Angebots aus Vor-Corona-Zeiten auf die Beine stellen zu können. Ein gedrucktes Programm wird es nicht geben - ein Novum in der 48-jährigen Geschichte des Kreisbildungswerks.

Keine Veranstaltungen, keine Teilnehmer - die Corona-Krise hat dem Bildungsträger starke Verluste zugefügt. Käter beziffert das Defizit auf rund 90 000 Euro. Dennoch wurden die zehn Voll- und Teilzeitkräfte nicht in Kurzarbeit geschickt. Dazu gab es in den Büros des KBW in der Tölzer Franzmühle auch zu viel zu tun. Das umfasst nicht bloß die Arbeit mit den Stornierungen. "Wir haben die Zeit genutzt, um Online-Formate zu entwickeln", so der Geschäftsführer.

Die Mitarbeiter hätten ein paar hundert Überstunden geleistet und einen "Wahnsinnsjob" gemacht. Mit den Lockerungen nach dem Lockdown gab es auch einige analoge Angebote, etwa Vorträge für kleine Gruppen in großen Räumen oder auch Kulturführungen unter freiem Himmel. Herbert Konrad, zuständig für Tourismus- und Kurseelsorge, bemerkte dabei, wie sehr sich die Menschen nach den Ausgangsbeschränkungen das Miteinander abseits des Internets wünschen. "Die persönliche Begegnung ist nicht zu ersetzen", betont der Pastoralreferent.

Die Erfahrungen aus der Corona-Krise will das Kreisbildungswerk mit seiner werteorientierten Ausrichtung nutzen, um sein Programm zu modifizieren. Zum einen von der Form her. Käter kann sich vorstellen, virtuelle und analoge Treffen von Herbst an stärker zu verschmelzen. Vor allem aber will das KBW mit seinen Inhalten auf die Krise reagieren. Dabei geht es zum Beispiel um gesundheitliche Themen, aber auch um die Frage, wie Familien funktionieren, um den Umgang mit Regeln wie etwa das Abstandsgebot oder die Maskenpflicht, um das Verhältnis zu Polizei und Rettungskräften. "Das soll kein Belehrungsangebot sein, sondern wir wollen viel stärker die Bedürfnisse aus der Gesellschaft aufnehmen, sie gemeinsam strukturieren und moderieren", sagt der Geschäftsführer. Gefordert sieht er das Kreisbildungswerk auch als eine Einrichtung, die Orientierung gebe in einer Zeit, in der viele Leute verunsichert seien, sich ohnmächtig fühlten oder auch überängstlich reagierten.

Man lebe in einer VUKA-Welt, sagt Käter. Eine Abkürzung, die für Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität steht. Einfacher ausgedrückt: Durch die Corona-Krise sei man "in eine Welt hineinkatapultiert worden, die komplizierter, mehrdeutiger, unsicherer und flüchtiger ist." In solchen Zeiten blühten schon immer absurde Verschwörungstheorien, in der Ära der sozialen Medien noch häufiger als früher. All dem Unsinn will das KBW mit Experten und Fachwissen, mit objektiven Informationen entgegenwirken. Es gelte, die Demokratie zu stärken, so Käter. Außerdem habe man die Chance, "vor Ort mehr Gemeinschaft zu bilden". Wichtig sei die "Gestaltung von mehr Miteinander".

Das neue Angebot des Kreisbildungswerks soll aus Naturerlebnissen im Freien bestehen, also Führungen, Pilgern und anderen Wanderungen. Geplant sind aber auch Veranstaltungen in Gärten oder auf Spielplätzen. "Wir haben den Vorteil im Landkreis, dass wir die schöne Natur einbeziehen können." Bei schlechtem Wetter will das KBW in große Veranstaltungsräume ziehen. Zudem plant Käter den Aufbau einer Wissensplattform, die Vorträge, neue Seminare und Kurse umfasst. Darin sollen sogenannte "Bildungsnuggets" enthalten sein. Dabei handle es sich um kurze Impulse, beispielsweise Tipps für Eltern, wie sie eine bestimmte Situation mit ihren kleinen Kindern bewältigen können. Auf dem Programm stehen überdies Wertedialoge, Glaubensthemen oder auch Aspekte der Gesundheit. Eine Gesprächsrunde mit einem Philosophen, einer Expertin für Spiritualität und einem Palliativmediziner ist am 19. Oktober geplant. Dabei geht es um die Frage, wie sich Werte durch die Coronavirus-Pandemie verschoben haben und wie man künftig leben möchte.

Das Kreisbildungswerk lebt finanziell zum einen von Gebühren und Spenden, zum anderen von Zuschüssen des Kultusministeriums, der Erzdiözese München und Freising, sowie der 21 Kommunen im Landkreis. In der Corona-Krise habe das KBW keine finanziellen Forderungen an die Politik gestellt, erzählt Käter. "Wir glauben aber, dass es für die Zukunft wichtig ist, auf die Unterstützung der Kommunen und aller, die helfen wollen, zugreifen zu können."

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