Bilanz:Wehmütig und doch erleichtert

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In der Amtszeit des Lenggriesers Karl Murböck als Kreisbrandrat wurde mehrfach der Katastrophenfall im Landkreis ausgerufen. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Karl Murböck hat verheerende Unfälle, Brände und Hochwasser erlebt. Nach 18 Amtsjahren wird der ehemalige Kreisbrandrat nun offiziell verabschiedet. Sorgen um die Zukunft macht sich der 62-Jährige deshalb nicht

Interview Von Benjamin Emonts

Der Lenggrieser Karl Murböck ist ein Allrounder: Er hat eine Familie mit vier erwachsenen Kindern, erteilt an der Berufsschule Deutsch-, Mathe- und Fachunterricht im Bereich Bau, und ganz nebenbei war er 18 Jahre lang Kreisbrandrat im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. An diesem Samstag wird Murböck im Tölzer Landratsamt offiziell verabschiedet. Doch vorher nimmt er sich Zeit für einen kurzen Rückblick.

SZ: Herr Murböck, mit welchen Gefühlen blicken Sie Ihrer Verabschiedung am Samstag entgegen?

Was die Last und die Verantwortung angeht, sind es angenehme Gefühle. Es ist eine Erleichterung, mal Verantwortung abzugeben und nicht immer gefordert zu sein. Man weiß bei der Feuerwehr ja nie, was auf einen zukommt und ob alles funktioniert bei Einsätzen. Mit Behörden muss man oft schwierige Entscheidungen fällen, wenn es beispielsweise um Brandschutz geht. Oder es gibt ständig Versammlungen und Termine. Es ist schon ein gewisser Druck da. Andererseits spüre ich jetzt natürlich auch ein bisschen Wehmut. Nach 39 Jahren das erste Mal kein Amt bei der Feuerwehr mehr innezuhaben, das ist schon eine Umstellung.

Sie sind erst 62 Jahre, wieso wollten Sie nicht noch ein paar Jahre dranhängen?

Ich bin jetzt seit 32 Jahren in der Kreisbrandinspektion, zuerst als Meister, dann als Inspektor und jetzt als Rat für 18 Jahre. Ich glaube, das muss auch irgendwann reichen. Das Amt gehört mal wieder in jüngere Hände. Abgesehen davon ist mit 65 sowieso Schluss bei der Feuerwehr. Es war schon im Vorhinein klar, dass ich eine weitere Amtsperiode von sechs Jahren höchstens zur Hälfte absolvieren könnte. Das war für mich nie ein Thema.

Aber der Feuerwehr bleiben Sie doch erhalten. . .

Ich rücke jetzt wieder ganz normal mit den Wegscheider Kameraden aus. Als ganz normaler Feuerwehrmann wie jeder andere auch.

Gibt es Einsätze, die Ihnen nach all den Jahren besonders in Erinnerung geblieben sind?

Da gibt es natürlich mehrere, besonders die Großeinsätze und Katastrophenfälle vergisst man nicht. Beim Elbehochwasser im August 2002 sind wir bis nach Dessau gefahren und haben Sandsäcke aufgeschichtet. Oder 2005 beim Hochwasser in Bad Tölz haben wir zum ersten Mal den Katastrophenfall ausgerufen. Die Stadt stand damals bis zur Isarbrücke unter Wasser und auch die umliegenden Ortschaften waren betroffen. Das war schon massiv. Genauso der Waldbrand am Sylvenstein 2011. Aber in Erinnerung bleiben einem auch kleinere Einsätze mit tödlich Verunglückten. Manchmal hat man die persönlich gekannt. Das ist mir mehrmals passiert.

Nur wenige Tage nach der Amtsübergabe kamen die Schneemassen über den Landkreis und der Katastrophenfall wurde ausgerufen. Wie haben Sie die ganze Situation miterlebt?

Ich habe mir da nicht viele Gedanken gemacht. Ich hatte zu dem Zeitpunkt ja schon keine Funktion mehr und habe von den ganzen Überlegungen und Alarmierungen nichts mitgekriegt. Ich habe zuhause mein eigenes Dach freigeschaufelt. Das hielt ich für vernünftig.

Sie waren fast zwei Jahrzehnte lang Kreisbrandrat. Wie haben sich die Feuerwehren und ihre Aufgaben verändert?

Es hat sich vieles verändert, vor allem die Bürokratie ist mehr geworden. Als Kreisbrandrat muss man heute viele Stellungnahmen schreiben. Die ganze Alarmierung hat sich geändert. Früher hat uns die Polizei gerufen, jetzt gibt es eine Einsatzleitstelle, die extra eingerichtet wurde. Die Spezialisierung hat zugenommen. Die Fahrzeuge sind moderner geworden. Für die verschiedenen Fachbereiche, die sich herausgebildet haben, braucht man spezielle Ausbildungen. Es müssen immer mehr Zeugnisse ausgestellt und Prüfungen abgelegt werden. Das hat es früher in dem Umfang nicht gegeben.

Muss der heutige Feuerwehrmann flexibler sein als der von vor 20 Jahren?

Ja, das glaube ich schon. Das sieht man allein schon am Beispiel Auto. Früher gab es kein Gas- oder Elektroauto. Aber heute muss man wissen, wie man mit den verschiedenen Autos umgeht, wenn man sie zum Beispiel aufschneidet. Wer da was falsch macht, gefährdet sich selbst. Oder es sind auch ganz neue Baustoffe dazugekommen, über die gelernt werden muss, wie sie sich bei einem Brand verhalten.

Alfred Schmeide wurde von den 58 Feuerwehren im Landkreis mit einer Stimme Vorsprung denkbar knapp zu ihrem Nachfolger ernannt. Wie finden Sie die Wahl?

Ich habe das immer ganz neutral gesehen. Ich sagte immer, dass beide Kandidaten, auch Josef Limm, für das Amt geeignet sind. Und das habe ich auch mit dem Landrat besprochen. Nur er kann die Kandidaten ja vorschlagen.

Freiwillige Feuerwehren aus der Region klagen immer öfter über Nachwuchsprobleme. Wie schätzen Sie die Situation im hiesigen Landkreis ein?

Ich schätze sie hier noch sehr gut ein. Aber: Man muss natürlich mehr tun als noch vor 20 Jahren. Damals war Nachwuchsarbeit noch nicht so wichtig, weil es eine Selbstverständlichkeit war, dass die Leute zur Feuerwehr gingen. Besonders Stadtfeuerwehren müssen heute wirklich Werbung machen und sich überlegen, wie sie die Jugendlichen ansprechen und anlocken können. Aber insgesamt finde ich, dass wir immer noch einen gesunden Stand haben, was Nachwuchskräfte angeht. Solange wir im Landkreis immer noch 3300 bis 3400 Aktive halten können, braucht uns nicht bange sein.

© SZ vom 02.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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