Süddeutsche Zeitung

Geschichte:Hader um den Hopfentrunk

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Fast 150 Jahre lang kämpften die Augustiner-Chorherren im Kloster Beuerberg für das Braurecht. Der Streit spiegelt sich bis heute im Namen eines markanten Wolfratshauser Anwesens

Von Anja Brandstäter, Wolfratshausen/Eurasburg

Auch Mönche haben manchmal Lust auf Bier. Geschätzt 3200 Liter ließen sich die Augustiner-Chorherren Ende des 16. Jahrhunderts jährlich ins Kloster Beuerberg liefern. Dort lebten maximal 20 Männer zur gleichen Zeit. Während sie auf dem Gebiet der Landwirtschaft ebenso erfolgreich waren wie in der Kunst und Wissenschaft, machte ihnen das Bier Kopfzerbrechen. Jahrzehntelang mussten sie für das Braurecht kämpfen. Die Gemeinschaft fand jedoch eine Zwischenlösung: Im nahe gelegenen Wolfratshausen war das Bierbrauen erlaubt.

Aus einer Urkunde von 1553 geht hervor, dass Hanns Miller und seine Ehefrau Margreth ihre Behausung, eine Hofstatt mit Garten im Markt Wolfratshausen, an Leonhard Mochinger, Propst des Stifts Beuerberg (1527-1563), verkauften. In dem Neuerwerb richtete das Stift die Brauerei "zum Hader" ein, um Bier für den eigenen Bedarf erzeugen zu lassen. Neben Äckern, Krautgärten und Wiesen rund um Wolfratshausen erwarben die Mönche auch einen Hopfengarten im Unterpoigen. Die Pröpste fochten bis 1696 einen Rechtsstreit um das Schankrecht mit der Hofkammer München aus. Der Name Haderbräu ist auf diesen langen Zwist zurückzuführen. Hader bedeutet Streit.

Die erste Bierbrauerfamilie zieht in Person von Christoph und Maria Raffler ins Haderbräu ein. Das Wolfratshauser Ehepaar verhandelt 1566 mit Propst Martin Kurz (1563-1582), einem Nachfolger von Leonhard Mochinger, über Behausung, Stadel und Gründe im Markt Wolfratshausen. Christoph Raffler, so ist es überliefert, braut den Beuerberger Haustrunk. Pro Jahr sind dies 40 bis 50 Eimer. Ein Eimer fasst 64 Liter. Von 1609 an wirkt Hanns Saler als Bierbrauer im Haderbräu.

Als 1632 die Schweden brandschatzend durch den Markt Wolfratshausen ziehen, bleibt der Haderbräu verschont. Zu dieser Zeit zählt Wolfratshausen zwölf Brauereien. Sie wehren sich allesamt dagegen, dass Kurfürst Ferdinand Maria (1636-1679) das Gesuch der Beuerberger Pröpste bewilligt, eine eigene Brauerei zu unterhalten. Sie befürchten, dass damit auch alle anderen Klöster dieses Recht erhalten könnten. Schließlich leben sie vom Bierverkauf, haben noch immer mit den Schäden zu kämpfen, welche der Schwedenfeldzug hinterlassen hat, und befürchten, die Steuern nicht zahlen zu können.

Im Jahr 1656 erwirbt der Brauknecht Simon Graf das Erbrecht auf den Besitz des Haderbräus. Über mehrere Generationen bewirtschaftet die Familie Graf die Brauerei. 1696 bricht ihr ein großer Kunde weg: Die Augustiner-Chorherren in Beuerberg können nach einem eineinhalb Jahrhunderte währenden Ringen endlich ein in Beuerberg gebrautes Stiftsbier trinken. Dies tun sie bis zur Säkularisation 1803.

Zwar wird in der neuen Ausstellung im Kloster Beuerberg das Thema Bier nicht thematisiert. In der Klosterküche spielt es dennoch eine Rolle, unter anderem als Ingredienz der Schweinsbratensoße von Stella Igl. Die Köchin und Betreiberin der Klosterküche setzt auf ökologische und regional produzierte Zutaten. Sie kann zwar nicht auf das Haderbräu zurückgreifen, dafür aber auf das ähnlich klingende Haderner Bräu. Die Brauerei ist in München-Hadern ansässig und wird von dem Eurasburger Ehepaar Marta und Thomas Girg betrieben, das seit 2016 Biere aus rein ökologischen Zutaten braut. Das Haderner Bier steht auch auf der Getränkekarte der Klosterküche.

Im Wolfratshauser Haderbräu wird schon seit 1897 kein Bier mehr gebraut. Das Gebäude ist eines der ältesten und markantesten des Marktes. Es wurde mehrmals verkauft, bis es 1989 dem Verfall preisgegeben war. 1990 übernahm die Messerschmitt-Stiftung die Renovierung nach Kriterien des Denkmalschutzes. Zwei Jahre dauerte die Instandsetzung in den heutigen Zustand. Bei den Renovierungsarbeiten fanden die Handwerker einen Holz-Dachstuhl vor, der ohne Metallverbindungen auskommt. Man kann also davon ausgehen, dass er noch immer original ist. In der Denkmalliste ist das ehemalige Brauhaus beschrieben als "stattliches zweiflügeliges Gebäude, Hauptbau im Kern von 1556 mit kreuzgratgewölbter Durchfahrt".

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SZ vom 25.02.2021
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