Bibliothek sucht neue Geldquellen:Interkommunales Lesezeichen

Die Stadt Penzberg bittet für ihre Bücherei bei Nachbarkommunen um fixe Zuschüsse und blitzt reihum ab. Hauptgeschäftsführer Reis verteidigt den Vorstoß als Versuch der Kooperation

Von Benjamin Engel, Penzberg

Mit der Anfrage, ob sie sich an den Kosten der Stadtbücherei beteiligen, ist Penzberg bei den Nachbarkommunen vorerst abgeblitzt. Die Stadt hatte 13 Gemeinden von Antdorf und Sindelsdorf über Bichl bis Münsing angeschrieben. Wie Hauptgeschäftsleiter Roman Reis erklärt, hätten bisher alle Kommunen mit Einwohnern, welche die Penzberger Stadtbücherei nutzen, einen finanziellen Beitrag abgelehnt. Der Gemeinderat in Schlehdorf wird sich am Donnerstag, 18. Mai, damit beschäftigen.

Der Hintergrund: Im Vorjahr brauchte die Penzberger Bücherei 240 000 Euro. Bisher zahlen Penzberger zwölf und Auswärtige 24 Euro Jahresgebühr für die Nutzung. Im September sollen die Beiträge auf 18 beziehungsweise 28 Euro steigen. Die Idee: Die umliegenden Gemeinden sollten sich je nach der Anzahl ihrer Bürger mit Nutzerausweisen für die Penzberger Stadtbücherei an deren Kosten beteiligen. Dann könnten auch Auswärtige in der Bücherei zum Einheimischentarif ausleihen.

Bibliothek sucht neue Geldquellen: Lesen ist wertvoll, Bildung kostet. Die Penzberger hätten an ihren Ausgaben für die Stadtbücherei gern auch Nachbarkommunen beteiligt.

Lesen ist wertvoll, Bildung kostet. Die Penzberger hätten an ihren Ausgaben für die Stadtbücherei gern auch Nachbarkommunen beteiligt.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Hauptgeschäftsleiter Reis verteidigt das Vorgehen der Stadt. "Es sollte ein Denkanstoß für die interkommunale Zusammenarbeit sein", sagt er. Die werde künftig in beiderseitigem Interesse sein und sei auch in vielen anderen Bereichen vorstellbar. Die Stadt Penzberg sei jederzeit für eine Kooperation mit finanzieller Beteiligung aufgeschlossen. Doch noch immer werde viel Lokalpatriotismus an den Tag gelegt, findet Reis.

Aus Sicht des Hauptgeschäftsleiters ist zu berücksichtigen, dass die Stadtbücherei grundsätzlich erst einmal für die Penzberger da sei. Die Einrichtung sei ein Wettbewerbsvorteil, ziehe Nutzer von außerhalb der Stadt an. Ende 2014 seien die neuen Räume in der Rathauspassage eröffnet worden. "Es ist eine Vorzeigebibliothek, das kostet etwas." Reis verweist auf die finanziellen Unsicherheiten im Penzberger Haushalt. "Alles wird auf den Prüfstand gestellt." Gewerbesteuerrückzahlungen seien durchaus möglich - wenn auch nicht aktuell.

Rund 2600 Leseausweise hat die Stadtbücherei Penzberg ausgegeben. Legte man das Defizit von 240 000 Euro um, wären dies 92 Euro pro Ausweisbesitzer. Die Gemeinde Eurasburg hätte beispielsweise mit ihren 22 Nutzern der Penzberger Stadtbücherei rund 2000 Euro zahlen sollen. Der Gemeinderat hat dies abgelehnt.

Für den Eurasburger Bürgermeister Moritz Sappl (GWV) ist der Antrag der Penzberger ungewöhnlich. "Da stellt sich mir die Frage, wo fange ich an und wo höre ich auf", sagte er der SZ. Es gehöre nicht zum Aufgabenbereich von Eurasburg, sich am Defizit anderer zu beteiligen. Penzberg versuche mit allen Mitteln, Geld aufzubringen. Die Eurasburger Gemeinderäte hätten über den Antrag auch kaum diskutiert, sagt Bürgermeister Sappl.

So viel kostet’s andernorts

Für ihre Stadtbücherei zahlt die Stadt Wolfratshausen in diesem Jahr 234 000 Euro. Für das Personal gibt sie etwas mehr als 200 000 Euro aus. In der Einrichtung nimmt die Verwaltung rund 36 000 Euro ein. Eine Jahreskarte zur Büchereinutzung ist für Wolfratshauser billiger als für Auswärtige. Erwachsene Stadtbewohner kostet dies 18 Euro, sonst 24 Euro.

In Geretsried sind im aktuellen Haushalt 310 000 Euro für die Stadtbücherei angesetzt. Wie viel tatsächlich dafür ausgegeben wird, steht erst am Jahresende fest; so waren es im Jahr 2015 etwa 256 000 Euro. Die Jahresgebühr der Bücherei für Erwachsene beträgt 15 Euro, unabhängig davon, ob sie Einheimische oder Auswärtige sind. Kinder und Jugendliche zahlen grundsätzlich nichts. Wer den Geretsrieder Familienpass (mindestens ein Kind) hat, zahlt für den zweiten Erwachsenen nichts. Die Geretsrieder Bücherei verzeichnete mit ihren mehr als 40 000 Medien zuletzt knapp 169 000 Ausleihen jährlich. Sie hat gut tausend erwachsene Nutzer und 445 Kinder und Jugendliche mit einem Leseausweis.

In Bad Tölz hatte die Stadtbücherei im Jahr 2016 ein Budget von insgesamt 322 000 Euro, das sie um gut 12 600 Euro unterschritt. Die Jahresgebühr ist gestaffelt, aber für Einheimische und Auswärtige gleich: Kinder bis 15 Jahre zahlen 5 Euro, Jugendliche und Auszubildende 12 Euro, Erwachsene 20 Euro, eine Familien-Jahreskarte kostet 30 Euro. SZ

Hitziger debattierten jüngst die Gemeinderäte in Bichl über den Antrag - und stimmten ebenfalls dagegen. 104 Bichler nutzen die Penzberger Bibliothek - dafür wollte die Stadt rund 9600 Euro.

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