Asylbewerber:Zuflucht im Kloster 2.0

Erzdiözese saniert Josefsflügel in Beuerberg, um dort dauerhaft Asylbewerber aufzunehmen

Von Alexandra Vecchiato, Beuerberg

Sechs Jahre steht der Josefsflügel leer. Das sieht man ihm an. Die Sanitäranlagen sind heruntergekommen, die Küche nicht mehr funktionsfähig, die Zimmer leer geräumt, die Heizkörper bleiben kalt. Und in den Aufzug sollte besser niemand einsteigen. Nur noch die alten Kachelöfen in den kleinen Räumen vermitteln ein wenig kuschelige Geborgenheit. In diesem baulichen Zustand ist der Josefsflügel nicht bewohnbar. Das soll sich in den nächsten vier bis sechs Monaten ändern. Die Erzdiözese München und Freising möchte in diesem Trakt des Klosters Beuerberg eine dauerhafte Unterkunft für Asylsuchende schaffen. 60 Flüchtlinge sollen in dem etwa 1000-Einwohner-Dorf, das zur Gemeinde Eurasburg gehört, Obdach finden - spätestens Mitte 2015.

Die Tür klemmt. Ordinariatsdirektorin Gabriele Rüttiger, Leiterin des Ressorts für Grundsatzfragen und strategische Entwicklungen am Erzbischöflichen Ordinariat München, muss sich anstrengen. Ein kräftiger Ruck, und der große Eingangsbereich im Josefstrakt mit einer breiten Holztreppe und links und rechts abgehenden Gängen wird sichtbar. 1003 Quadratmeter Wohnfläche bietet der Flügel auf drei Stockwerken. Wenn man schon Geld in die Hand nehme, dann nicht nur, um das Erdgeschoss zu sanieren. "Wir wollen etwas Menschenwürdiges schaffen, das muss es uns wert sein." Wegen des fehlenden Brandschutzes gab es zunächst Überlegungen, Flüchtlinge nur ebenerdig unterzubringen. Es fehlt an einem zweiten Fluchtweg. Im Erdgeschoss hätten sich die Bewohner im Notfall über die Fenster nach draußen retten können.

Doch diesen Plan habe man verworfen, erzählt Rüttiger, die das Kloster seiner künftigen Nutzung zuführen soll. Für sie sei dies eine spannende Aufgabe, sagt Rüttiger, will die Erzdiözese mit dem Kloster Beuerberg doch ein Modellprojekt auf den Weg bringen. Generalvikar Peter Beer nennt dies "Kloster 2.0". Neben der Unterbringung von Asylsuchenden soll Beuerberg ein "Raum für Begegnungen" werden. Geplant ist eine Art Museum, das an die fast 900-jährige Geschichte des Klosters und das Wirken der Schwestern erinnern soll. Platz finden wird zudem ein Verwaltungsstützpunkt, der die Arbeit in den Pfarreien im Landkreis unterstützen soll. Auch ein Haus der Resilienz für Mitarbeiter der Diözese sei im Gespräch, sagt Rüttiger. Derzeit werde in ihrem Haus intensiv über die künftige Nutzung nachgedacht. Architekten und andere Fachleute seien an Ort und Stelle, um etwa den baulichen Zustand zu prüfen. So lange sie noch zu keinem Ergebnis gekommen seien, wolle sie nicht über mögliche Kosten spekulieren, betont die Ordinariatsdirektorin beim Rundgang. Wichtig ist ihr auch, die Einbindung der Gemeinde. Alle 14 Tage trifft sie sich mit Bürgermeister Moritz Sappl und Dekan Maria Friedl vom Pfarrverband Königsdorf-Beuerberg, um die nächsten Schritte abzustimmen.

Seit etwa sechs Wochen ist der Besitzerwechsel perfekt. Das Kloster Beuerberg gehörte den Schwestern der Heimsuchung Mariens. Zuletzt wohnten 13 hochbetagte Salesianerinnen in Beuerberg, im Mai zogen die Schwestern aus, das Kloster sollte verkauft werden. Ihre lebenslange Versorgung hat die Erzdiözese übernommen, der Orden überließ ihr dafür das Kloster. Es verfügt über eine Bruttogeschossfläche von 12 000 Quadratmetern, rund 16 000 Quadratmeter ist etwa das gesamte Areal groß.

Ein Denkmal

Kloster Beuerberg laut Denkmalliste: Ehem. Augustinerchorherren-Stift; ehem. Stiftskirche St. Peter und Paul, jetzt kath. Pfarrkirche, barocker Wandpfeilersaal mit Abseiten, eingezogenem Chor und nordwestlichem Zwiebelturm, Neubau nach Einsturz 1629-35, 1729/30 verlängert; mit Ausstattung; Stiftsgebäude, barocke Anlage um zwei Innenhöfe, 1729-45; mit Ausstattung; kath. Konventkirche Mariä Heimsuchung, Saalbau mit dreiseitigem Chorschluss und Empore, 1846; mit Ausstattung; Klostermauer, verputzte umlaufende Mauer, um 1745.

Den Josefstrakt habe man als Flüchtlingsunterkunft gewählt, weil es sich um einen in sich abgeschlossenen Baukörper handelt, der nie zur Klausur gehörte, sagt Rüttiger. Dennoch müsse man auch hier den Denkmalschutz berücksichtigen. Der zweite Fluchtweg ist der Knackpunkt. Rüttiger hofft, die zuständigen Behörden werden ein Auge zudrücken und eine temporäre Außentreppe am Josefsbau genehmigen. Die Ressortleiterin war aus diesem Grund schon beim CSU-Landtagsabgeordneten Martin Bachhuber, der wiederum seinen Parteikollegen Thomas Goppel, Vorsitzender des Landesdenkmalrats, informierte. Wie Goppel der SZ sagte, stünde er dem Vorhaben der Erzdiözese in Beuerberg offen gegenüber. Man werde die Pläne wohlwollend begleiten.

Ebenfalls im Gespräch ist die Erzdiözese mit einem Träger, der die Betreuung der Flüchtlinge übernehmen soll. "Es geht uns um eine qualitativ hochwertige Betreuung", sagt Rüttiger. Dem Vernehmen nach sollen die Malteser diese übernehmen. Derzeit wird am Konzept noch gefeilt.

"Klöster sind Kultureinrichtungen, Kloster bedeutet Heimat", betont Rüttiger. Ein Stück Heimat soll das Kloster Beuerberg für das Dorf bleiben. Eine Nachnutzung müsse zur Gemeinde passen. "Wir haben eine sehr gute und offene Zusammenarbeit. Das ist durchweg positiv."

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