Beuerberg:Bühnenbildnerin fürs Handballett

Sabine Turpeinen fertigt Schalen und Gefäße für die japanische Teezeremonie. Im Beuerberger Klosterpavillon können Besucher ihrer Suche nach der perfekten Form nachspüren

Von Barbara Szymanski, Beuerberg

Es gibt Sommerschalen und solche für den Winter. Sie sind farbig, aber nicht bunt, dünnwandig und frugal in der Form: Teeschalen. Die Beuerberger Keramikerin Sabine Turpeinen fertigt diese kleinen edlen Gefäße für die japanische Teezeremonie. Das ist seit dem Jahr 1972 ihre Leidenschaft und das fast im Wortsinn: "Man kann den Mond anheulen. Die absolut perfekte Schale werde ich wohl nie erreichen." Wirklich nicht?

Das fragt sich sicher im Pavillon des Klosters Beuerberg im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Heimat" so mancher Besucher. Erst recht, wenn man die bereitliegenden Taschenlampen direkt auf die Objekte richtet: makellos, perfekt in der Form und in den Farben, die niemals laut sind, sondern sich an er Natur zu orientieren scheinen. Da gibt es dieses zwischen Blau und lichtem Grün Changierende des Himmels oder des Wassers für den Sommer oder die erdigen, zartrosa, kreide- oder steinfarbenen für die dunklere Jahreszeit. Die Farbtöne dieser Glasuren lassen sich nicht benennen oder zuordnen. Sie sprechen und stehen für sich.

Beuerberg: Die Keramikerin Sabine Turpeinen lebt seit 35 Jahren im Beuerberger Klosterhof. Im Kunstpavillon präsentiert sie Gefäße, die vom Gedanken der Harmonie und der jahrhundertealten Weisheit der japanischen Teezeremonie geprägt sind.

Die Keramikerin Sabine Turpeinen lebt seit 35 Jahren im Beuerberger Klosterhof. Im Kunstpavillon präsentiert sie Gefäße, die vom Gedanken der Harmonie und der jahrhundertealten Weisheit der japanischen Teezeremonie geprägt sind.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Der schwarze Pavillon, umtanzt von Naturwiese und sorgfältig gepflegtem Klostergarten mit Rittersporn, Lavendel und Rosen, scheint extra errichtet für die Ausstellung der Keramikerin. Denn genau so schlicht wie das Design des länglichen Kubus mit seinen wellenförmig geschlitzten Wänden sind auch die Exponate: Teeschalen oder Gefäße für die Zeremonie sowie für ein besonderes Teegebäck namens Kashiki, das man in Japan aus roten Bohnen, Zucker und anderen einfachen Zutaten herstellt.

Der Tee aus grünen Blättern ist bitter, macht topfit, ist mitunter so dick wie Rahmspinat und somit gerade noch trinkbar. Die Teezeremonie begeistert Sabine Turpeinen immer wieder von Neuem. Am vergangenen Wochenende konnten Interessierte einer solchen Zeremonie mit Ulrich Haas beiwohnen. Eigentlich passiert dabei nichts - und doch so viel, weil dieses Handballett des Meisters die Gedanken ankurbelt: Wenn viele Leute mit Lebensmitteln so ehrfurchtsvoll und sorgfältig umgingen, wäre das Wegwerfen bald Geschichte. Die Bewegungen bei der Zubereitung des Tees sind harmonisch, fließend und in hohem Maße ästhetisch. Die Geräusche wie Wasserschöpfen oder das schaumig Schlagen mit dem filigranen Bambusbeselchen sind kaum hörbar. "Das Schöne und das Handwerkliche sind dasselbe", sagt dazu die Keramikerin.

Beuerberg: Schlichte, aber markante Formen sind typisch für Turpeinens Keramik.

Schlichte, aber markante Formen sind typisch für Turpeinens Keramik.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Sie zieht auch nicht die Augenbrauen hoch, wenn sie Töpferin genannt wird. Wenngleich sie bedauert, dass dieses sowie anderes Handwerk hierzulande nicht den gleichen Stellenwert besitzt wie zum Beispiel in Japan und viele nicht nur in Bayern beim Töpfern an Kurse denken, in denen kunterbuntes und auch immer ein wenig beliebiges Zierwerk für Haus und Garten geknetet und gebrannt wird. In dem fernöstlichen Land gehören alte Teeschalen von einem berühmten Meister dieses Handwerks zu "lebenden Kulturschätzen, die bis zu 5000 Euro kosten", berichtet Turpeinen. Teeschalen, und seien sie auch noch so kostbar oder gar museal, müssten benutzt werden, sonst verlören sie ihre Seele. Diese Seele darf nicht allzu perfekt sein. Der sie benutzt, möchte das Handgemachte daran erkennen. Und das sind kaum wahrnehmbare Unebenheiten am Gefäßrand. Gewollt geht das nicht, meint die Keramikerin. Deshalb zentriert sie die Töpferscheibe nicht ganz exakt.

Sabine Turpeinen stellt ihre Werke auf Messen und einschlägigen japanischen Konferenzen aus. Ihre Kundschaft besteht aus Sammlern, Liebhabern oder Neukunden, die ihre Gefäße im Internet entdecken. Denn ihre Sorgfalt und langjährige Kenntnis werden geschätzt. Sie selbst bezeichnet sich als "Bühnenbildnerin für das Handballett der Teezeremonie" - in Sommer- oder Winterfarben.

Ausstellung von Sabine Turpeinen im Pavillon des Klosters Beuerberg, Mittwoch bis Sonntag 10 bis 18 Uhr, bis 28. Juli

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