Betreuung:Genügend Plätze für Kleinkinder

Lesezeit: 3 min

In den 21 Kreisgemeinden kann der seit 1. August geltende Rechtsanspruch in Krippen und mit Hilfe von Tagesmüttern erfüllt werden. Der Bedarf ist allerdings sehr unterschiedlich. Probleme könnte es in Geretsried geben.

Von Felicitas Amler

Der Landrat und der Bürgermeister-Sprecher sind zufrieden: Der seit 1. August bundesweit geltende Rechtsanspruch auf einen Kinderkrippen- oder Tagespflegeplatz sei im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen erfüllt, sagten Josef Niedermaier und Michael Bromberger am Freitag in einer Pressekonferenz im Landratsamt. Die Versorgungsquote liege bei 41 Prozent, also über der vom Bund angestrebten Zahl von 39 Prozent. 2038 Kinder zwischen einem und drei Jahren lebten derzeit im Landkreis. Nach aktuellem Stand gibt es von Herbst an 730 Krippen- und 106 Tagespflegeplätze. Der reale Bedarf an Betreuung von Kleinkindern aber sei sehr unterschiedlich, sagt Bromberger: "Gaißach langen zwanzig Prozent, Geretsried achtzig Prozent."

Geretsried ist nach Auskunft des Sprechers aller 21 Bürgermeister im Landkreis die einzige Kommune, die "ein Problem kriegen könnte". Bürgermeisterin Cornelia Irmer habe schon die Nachbar-Gemeinden um Hilfe gebeten, und ihr Königsdorfer Amtskollege Anton Demmel habe drei bis vier freie Plätze angeboten. Dagegen zeigte sich Bromberger überzeugt: "Die Landgemeinden sind alle abgedeckt." Ralf Enderle, Mitarbeiter des Jugend- und Familienamts, bestätigte dies insofern, als es bisher "keine Notfall-Anfragen" gegeben habe.

Der Landrat betonte, dass der Landkreis von Anfang an darauf gesetzt habe, den Betreuungsbedarf nicht nur durch Krippen zu decken, sondern zu einem nicht unerheblichen Anteil durch Tagespflege (meist Tagesmütter, es gibt aber auch zwei ausgebildete Tagesväter). Niedermaier befürwortet dies auch aus praktischen Erwägungen: "Eine Krippe kann nie die Individualität bieten, die die Arbeitswelt heute verlangt", sagte er. Die Öffnungszeiten von Krippen lägen in etwa bei 7.30 bis 16 Uhr. Tagesmütter seien flexibler. Daher lässt der Gesetzgeber es neuerdings auch zu, dass Tagesmütter die Randzeiten in Krippen abdecken, und zwar als Angestellte.

Die Entlohnung der Tagesmütter wird den Landkreis nach Niedermaiers und Brombergers Einschätzung vor große finanzielle Probleme stellen. Noch aus Zeiten, als man die Tagespflege als eine Art ehrenamtliches soziales Engagement ansah, stamme die bisherige Bezahlung von 2,30 Euro pro Kind und Stunde. Natürlich sei dies "keine adäquate Besoldung für jemanden der ausgebildet ist und pflegt", sagte der Landrat. Der Landkreis München habe gerade einen neuen Satz von 7,50 Euro beschlossen. Wenn man ihn wenigstens auf 5,30 Euro anhebe, wie Niedermaier es für angemessen hält, habe der Landkreis jährlich Mehrkosten von 250 000 Euro.

Dazu komme noch, dass man der Gerechtigkeit wegen dann auch die Entschädigungen von Pflegefamilien von derzeit monatlich 700 bis 900 Euro pro Kind erhöhen müsse: "Sonst brechen uns diese Familien weg", sagte Niedermaier. Aber gerade die Pflegefamilien sind den Politikern wie den Fachleuten im Landkreis wichtig, da sie den Kindern Heimunterbringungen ersparen. Über eine Anhebung des Tagesmütter-Lohns und des Pflegefamilien-Unterhalts soll der Kreistag im Herbst entscheiden. Niedermaier meint, die Gesamt-Mehrkosten werden vom Kreis-Haushalt 2014 an bei rund einer Million Euro jährlich liegen.

Die zumutbare Entfernung eines Krippen-/Tagespflegeplatzes wird mit einer maximalen Fahrtzeit von einer halben Stunde angesetzt. Der Anspruch auf qualifizierte Pflege wird vom Sozialministerium mit 20 Stunden pro Woche als ausreichend bezeichnet. Diesen Anspruch haben juristisch betrachtet nicht die Eltern, sondern das Kind. In der Konsequenz müssen im Streitfall die Jugendämter zwischen dem Kindeswohl und dem Anspruch der Eltern abwägen. Landrat Niedermaier zeigte sich von dieser heiklen und schwierigen Verpflichtung seiner Mitarbeiter nicht gerade begeistert. Allerdings haben weder er noch Ralf Enderle die Befürchtung, dass es zu vielen Klagen kommen wird. Schon jetzt gebe es ja den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz, und da sei bisher alles ohne große Auseinandersetzungen abgelaufen.

Die Gemeinden haben sich nach Ansicht Brombergers bestens auf den Krippen-Rechtsanspruch vorbereitet. "Es ist phänomenal, was hier geleistet worden ist", sagte er. Man brauche sich nur den Vergleich der Situation im April dieses Jahres und zum Herbst ansehen: 505 Krippen- und 70 Tagespflegeplätze damals, 730 und 106 jetzt. Das sind 225 neue Krippenplätze zwischen Icking (von zwölf auf 36) und Lenggries (von 24 auf 48).

Nun sollten sich die Gemeinden und der Landkreis ein Jahr Zeit geben, um Erfahrungen zu sammeln, sagte der Bürgermeister-Sprecher. "Es ist hier absolut der Wille da, den Anforderungen gerecht zu werden." Augenzwinkernd erinnerte Landrat Niedermaier daran, das dies noch vor zehn Jahren in den meisten Gemeinden ganz anders ausgesehen habe.

© SZ vom 03.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: