Süddeutsche Zeitung

Beschluss im Rathaus:Dämmen und teilen

In einer Sondersitzung bringt der Penzberger Stadtrat ein Klimaschutzpaket auf den Weg

Von Arnold Zimprich, Penzberg

Es war ein straffes Programm, das Bürgermeisterin Elke Zehetner (SPD) für die außerordentliche Stadtratssitzung vorliegen hatte. Die Stadt will im Oberland eine Vorreiterrolle in Sachen Klimaschutz einnehmen - und so wurde über mehrere Anträge der Grünen und der Bürger für Penzberg (BfP) abgestimmt, die allesamt Klimaschutzmaßnahmen betreffen.

Zunächst reichte Doris Greinwald, Mutter einer Fridays-for-Future-Aktivistin, eine Liste mit mehr als 550 Unterschriften ein - in Penzberg soll der Klimanotstand ausgerufen werden. "Wir haben global einen Auftrag zu erfüllen", appelliert Greinwald an den Stadtrat, der an diesem Abend aufgrund der Fülle der Aufgaben nicht mehr dazu kommen sollte, die Forderung der Fridays-for-Future-Bewegung zu behandeln.

Stefan Drexlmeier, Geschäftsstellenleiter der Energiewende Oberland, ist im Anschluss ein gefragter Mann, geht es doch darum, wie sich die von den Grünen eingebrachten Beschlussvorlagen auch tatsächlich umsetzen lassen. "Wärme ist der Hebel", resümierte Drexlmeier im Hinblick auf den Antrag der Grünen, städtische Neubauprojekte im besten verfügbaren Energiestandard zu errichten und Bestandsgebäude zu sanieren. "Passivhäuser werden es nicht richten, die Sanierungsquote ist das Entscheidende", so Drexlmeier. Aktuell läge man bei einer Sanierungsquote von nur 0,7 Prozent, "es wäre schon gut wenn wir hier einen Fortschritt hätten".

Der Stadtrat beschließt letztlich, städtische Neubauten deutlich über den Vorgaben der Energiesparverordnung (ENEV) zu errichten. Was die Sanierung von städtischen Liegenschaften angeht, soll ein Energiebericht durch den künftigen Facility Manager der Stadt angefertigt und anhand eines Ampelmodells entschieden werden, wo der größte Bedarf besteht, um dann wiederum Sanierungsquoten festlegen zu können. "Wir wollen uns nicht festzurren lassen", wirft CSU-Stadträtin Christine Geiger ein. "Genau das wäre uns aber wichtig", antwortet Kerstin Engel, die Bürgermeisterkandidatin der Grünen.

Anstatt wie von den Grünen vorgeschlagen Passivhaus-Neubauten und Sanierungen mit 7500 Euro zu bezuschussen, wird entschieden, das Geld in Informationskampagnen zu stecken. "Wir müssen den Leuten die Angst nehmen zu sanieren", fasst SPD-Stadtrat Markus Kleinen die Sachlage zusammen.

Zudem wird es in Penzberg künftig eine Vollzeitstelle für den Klimaschutzbeauftragten der Stadt und, wie bereits auf Kreisebene, einen Fachbeirat Energie geben. "Der Klimaschutzbeauftragte ist so etwas wie eine Eier legende Wollmilchsau", sagt Stefan Drexlmeier im Hinblick auf die Arbeit, die zu tun ist. Bis 2035 sei nicht mehr viel Zeit - von da an wollen die Kommunen im Oberland klimaneutral unterwegs sein. "Die Zeit der Symbole ist vorbei", so Drexlmeier, "es ist an der Zeit, konkrete Maßnahmen zu beschließen."

Auch, was das städtische Carsharing-Angebot angeht - immerhin stehen am Bahnhofs- und Friedhofsparkplatz zwei Fahrzeuge des Vereins "ÖkoMobil Pfaffenwinkel" - müsse laut Grünen-Stadtrat Wolfgang Schweiger eine "Aufklärungskampagne" lanciert werden. Bisher wüssten zu wenig Bürger überhaupt, dass es die Leihwagen gibt.

Die Aufstellung von Mitfahrerbänken lehnt der Stadtrat indes ab. "Ich erziehe meine Kinder so, dass sie nicht bei Fremden ins Auto steigen", argumentierte Maria Probst von der CSU-Fraktion. "Wir haben schon einen super öffentlichen Nahverkehr", umreißt Armin Jabs von den Bürgern für Penzberg die Situation in der Stadt.

Beim Thema E-Tankstellen wollen die Penzberger zusätzliche Standorte prüfen. "Der Zeitpunkt, wo die Autoindustrie in das Thema einsteigt, ist noch nicht gekommen", sagt Stadtwerke-Chef Josef Vilgertshofer. Die Zeit sei noch günstig, selbst aktiv zu werden. Markus Kleinen regte trotzdem einen weiteren Standort am neuen Familienschwimmbad an. "Hier kommen auch viele Leute von auswärts und bleiben eine Weile stehen", sagte er. Da lohne es sich.

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Quelle:
SZ vom 22.11.2019
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