Berufungsverhandlung:Hang abgegraben

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Oberlandesgericht entscheidet über Streit zwischen Nachbarn

Von Benjamin Engel, München

Unter Nachbarn kommen manchmal selbst die besten Beziehungen buchstäblich ins Rutschen. Zwei Familien aus dem Landkreis hat der Zwist nun sogar bis vor den 15. Senat am Oberlandesgericht München geführt. Vor viereinhalb Jahren hatte der Beklagte sein Haus erweitert, dafür den Hang oberhalb abgegraben und eine Stützmauer errichtet. Dadurch soll der Hang und damit das Grundstücks des höher gelegenen Nachbarn instabil geworden sein. Der hatte geklagt und vor dem Landgericht München II Erfolg gehabt. Der Beklagte wurde zu einer Strafe von 60 000 Euro Schadenersatz verurteilt, hat nun aber gegen die Entscheidung Berufung eingelegt. An diesem Mittwoch wird der Fall vor dem Oberlandesgericht München verhandelt.

Durch die Abgrabungen am Fuß des Hangs hat das Grundstück aus Sicht der Kläger seine "Stütze" und "Standsicherheit" verloren. Bereits während der Bauarbeiten sei der Hang teils abgerutscht. Damit könne es weitergehen, das Wohnhaus sei ebenfalls bedroht, so argumentieren die Anwohner von oberhalb. Um die Standsicherheit wiederherzustellen, reichten die Maßnahmen des Beklagten nicht aus. "Die errichtete circa vier Meter hohe Wand aus Mauersteinen und die waagrecht liegenden Baumstämme sind zur Absicherung völlig ungeeignet", so heißt es. Stattdessen wollen die Kläger, dass der Hang mit einer sogenannten Spritzbetonvernagelung gefestigt wird. Außerdem solle der Beklagte alle künftigen durch die Abgrabung verursachten Schäden finanziell ersetzen.

Gegen die Vorwürfe wehrt sich die Besitzerfamilie am Hangfuß. Aus ihrer Sicht hat die in den Hang gesetzte Stützmauer den Grund ausreichend befestigt. Der Beklagte schildert, dass er noch größere als die erforderlichen Hangsicherungsmaßnahmen habe durchführen lassen. Mit den vorhandenen Mauern könne der Hang stabilisiert werden. Das knapp 100 Jahre alte frühere Haus sei nur ausgebaut worden. Schon vor 2010 sei es zu Hangrutschungen gekommen.

Den Klägern hatte das Landgericht überwiegend entsprochen. Der Beklagte sollte 60 000 Euro Schadenersatz zahlen und weitere Beschädigungen ebenfalls ersetzen. Das Grundstück sei in unzulässiger Weise vertieft worden, so lautete das Urteil. Laut Sachverständigengutachten sei der Hang um 3,3 bis zu 4,2 Meter angeschnitten worden. Der Beklagte habe alte Stützwände abgebrochen und neue errichtet. Der Hang habe damit seine notwendige Stütze verloren.

Einer akuten Abrutschgefahr des Hauses oberhalb hatte der Sachverständige zwar widersprochen, weil noch keine Risse zu sehen waren. Aus Sicht des Gerichts war das Grundstück nach den Abgrabungen trotzdem nicht mehr stabil. Das Landgericht München II hatte entschieden, dass der Kläger sich das Geld für selbst beauftragte Stabilisierungsmaßnahmen ersetzen lassen könne. Alternativ könne er fordern, dass der Beklagte selbst Maßnahmen beauftragt, um den Hang zu festigen. Der Streit zwischen den Nachbarn geht nun am Oberlandesgericht München in die nächste Runde. Die Verhandlung wird im Dezember fortgesetzt.

© SZ vom 19.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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