Berufsstart in Bad Tölz-Wolfratshausen:Nachwuchs dringend gesucht

Berufsstart in Bad Tölz-Wolfratshausen: Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen sind noch viele Lehrstellen unbesetzt - und das über alle Branchen hinweg. In der Königsdorfer Backstube allerdings lernen derzeit zwei Auszubildende, was es heißt, Bäcker zu sein.

Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen sind noch viele Lehrstellen unbesetzt - und das über alle Branchen hinweg. In der Königsdorfer Backstube allerdings lernen derzeit zwei Auszubildende, was es heißt, Bäcker zu sein.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Seit Montag läuft das neue Ausbildungsjahr. Doch viele Lehrstellen im Landkreis sind unbesetzt geblieben. Vor allem das Handwerk klagt über einen zunehmenden Bedeutungsverlust

Von Vinzenz Gabriel, Bad Tölz-Wolfratshausen

Die Ausbildungssituation in seinem Betrieb? "Schlecht, sehr schlecht", sagt Malermeister Rupert Hafner aus Warngau. Überall fehlten Lehrlinge. Und als Lehrlingswart für die Landkreise Miesbach und Bad Tölz-Wolfratshausen könne er sagen: "Das ist in der gesamten Region so." Zwar habe die gesamte Handwerkszunft schon länger mit dem Problem unbesetzter Ausbildungsplätze zu kämpfen. "Der Beruf Maler und Lackierer hat im Vergleich zu etwa Schreinern oder Zimmerern aber auch noch ein sehr schlechtes Image."

Warum das so ist? "Ich finde, das Malerhandwerk ist ein sehr schöner Beruf", sagt Hafner. Und viel besser stünden die anderen Zünfte ja schließlich auch nicht da. Der zunehmende Bedeutungsverlust des Handwerks, der Hang zur Akademisierung - auch Konrad Stelmaszek, Obermeister in der Königsdorfer Backstube, kann davon ein Liedchen singen. Zwei Auszubildende hat er in seinem Betrieb - was nicht selbstverständlich ist für diese Branche. Stelmaszek setzt sich deshalb dafür ein, dass der Berufsschulstandort für Bäcker in Bad Tölz trotz sinkenden Interesses erhalten bleibt. "Im neuen Schuljahr sind es voraussichtlich nur jeweils vier Berufsschüler im Verkauf und in der Produktion", so Stelmaszek.

Der Königsdorfer Bäckermeister kennt genügend andere Bäckereien, die keine Lehrlinge finden. Dass er selbst vergleichsweise gut dasteht, ist auch seiner Werbearbeit zu verdanken. "Auf Ausbildungsmessen stelle ich meinen Beruf und den Betrieb vor, biete Praktika an und lade Schulklassen in meine Bäckerei ein", erzählt Stelmaszek. Denen erkläre er dann die Vorzüge des Bäckerhandwerks. Es sei ein kreativer Beruf, sagt er, man könne im Team arbeiten und habe schnell ein Erfolgsgefühl, da man sofort sehen könne, was man produziert habe. Außerdem, fügt er hinzu: "Wer früh zu arbeiten anfängt, hat auch am Nachmittag schon frei, das ist auch ein Vorteil."

Wie Stelmaszek machen inzwischen viele andere Betriebe aktiv Werbung für ihren Beruf. Dieses Engagement scheint auch erste Früchte zu tragen. Nach Angaben der Handwerkskammer wurden in den Landkreisen Tölz-Wolfratshausen und Miesbach heuer 387 Lehrverträge abgeschlossen - das sind 32 Ausbildungsverträge mehr als im Vorjahr. Und auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) vermeldet ein Plus. Den neuesten Zahlen zufolge gibt es im Landkreis 296 Jugendliche, die Anfang September im Landkreis zum Beispiel eine Ausbildung im Einzelhandel, als Metallbauer oder als Lagerist aufgenommen haben. Das sind acht Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Nach Auskunft der IHK sind aufgrund fehlender Bewerbungen trotzdem immer noch 257 Ausbildungsplätze im Landkreis unbesetzt, das sind mehr als ein Drittel der seit Jahresbeginn gemeldeten Lehrstellen.

Wer noch auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz ist, kann also eigentlich aus dem Vollen schöpfen. Vor allem auch in der Pflege sind viele Stellen noch frei. Das Caritas-Zentrum Bad Tölz-Wolfratshausen zum Beispiel hat regulär eigentlich drei Auszubildende, derzeit ist aber nur eine Stelle besetzt. Gerne hätten sie auch mehr als die üblichen drei Azubis eingestellt, sagt Kreisgeschäftsführer Wolfgang Schweiger, es fehlte aber an Bewerbungen. Für Schweiger hat die geringe Zahl an Interessenten auch formale Gründe: "Die gesetzlichen Anforderungen an Auszubildende, etwa dass sie den mittleren Schulabschluss benötigen, das reduziert den Kandidatenkreis", sagt er.

Statt zu einem kleinen Ausbildungsbetrieb zu gehen, würden viele es lieber gleich in der Industrie versuchen, sagt Thomas Zeindl, der als Lehrlingswart unter anderem auch für den Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen zuständig ist. In seiner eigenen Metallbaufirma am Schliersee hat Zeindl momentan zwar keine Probleme, von seinen neun Mitarbeitern sind fünf Auszubildende. Vor allem rund um die Städte Wolfratshausen und Geretsried sei die Situation aber dramatisch. "Es gibt dort Betriebe mit zehn bis fünfzehn Mitarbeitern, die kaum noch Bewerbungen erhalten", sagt Zeindl.

Was er zudem als Problem sieht, sind die oft weit entfernten Standorte der Berufsschulen. "Für manche dauern die Schulwege bis zu zwei Stunden, bis sie in Bad Aibling oder in Weilheim an ihrem Ausbildungsort angekommen sind", erklärt Zeindl. Die jungen Auszubildenden hätten aber oft noch keinen Führerschein, gibt er zu bedenken.

Richtig bange ist den Betrieben aber trotzdem nicht. Es stimme schon, sagt Schreinermeister Josef Oswald aus Arzbach bei Wackersberg. Man habe heute nicht mehr eine so große Auswahl an Bewerbern, dadurch habe insgesamt auch das Niveau der Auszubildenden abgenommen. Man finde aber immer noch gute Leute, die seien nach Ausbildungsende nur leider kaum zu halten. "Die machen dann meistens ihre Meisterschule und sind dann weg", erklärt Oswald. Dennoch nimmt er es positiv. "Besser ein paar Jahre mit einem talentierten und motivierten Lehrling zusammenzuarbeiten, als mit jemandem, dem die Arbeit nicht zusagt."

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