Süddeutsche Zeitung

Beratung, Workshops und Schulungen:Ein Zuhause für die Demenz-Hilfe

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Die Alzheimer-Gesellschaft Isar-Loisachtal leistet seit 2017 wertvolle Arbeit - neuerdings in eigenen Räumen in Waldram

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Dass Demenz keine seltene Erkrankung ist, sondern immer mehr Menschen und ihre Familien trifft, zeigen offizielle Schätzungen: Von derzeit rund 240 000 soll die Zahl in Deutschland demnach bis 2030 auf rund 340 000 Betroffene steigen - etwa 1,9 Prozent der Bevölkerung. Im Landkreis sind laut Dieter Käufer, dem Vorsitzenden der Alzheimer-Gesellschaft Isar-Loisachtal, etwa 2500 Menschen von der fortschreitenden Erkrankung betroffen, gegen die es kein Heilmittel gibt. Zwei Drittel von ihnen, sagt Käufer, würden zu Hause versorgt.

Die Alzheimer-Gesellschaft Isar-Loisachtal wurde 2017 gegründet, um Betroffenen zu helfen, sowie Angehörige, Helfer und Institutionen zu beraten und zu schulen. "Grundlage der Arbeit ist die Überzeugung von der Würde des eingeschränkten Lebens", heißt es auf ihrer Homepage (www.ag-il.de). Seit Anfang des Jahres kann der Verein, der etwa 40 ehrenamtliche Mitglieder zählt, seine wichtige Arbeit endlich auch in eigenen Räumen verrichten: Die Raiffeisenbank Isar-Loisachtal hat der Alzheimer-Gesellschaft ein helles, kleines Büro in der Lüßbachstraße 2 in Waldram kostengünstig überlassen. Gefördert wird die Arbeit des Vereins vom Landratsamt. Am vergangenen Donnerstag stellte Käufer mit anderen Vorstandsmitgliedern und Vertretern der Kreisbehörde die neuen Räume erstmals öffentlich vor. Etwa 80 Beratungsgespräche haben laut Käufer in den beiden hellen Büroräumen bereits in diesem Jahr stattgefunden. Die Alzheimer-Gesellschaft, die auch ein Beratungstelefon rund um das Thema Demenz und Gruppentreffen für Betroffene und Betreuer anbietet, gibt darüber hinaus Fortbildungen und Workshops sowie Schulungen für ehrenamtliche Helfer, die dabei ein Zertifikat erhalten, mit dem sie ihre Leistungen abrechnen können. Die Beratung umfasst auch die Themen Patientenverfügung, Betreuungsvollmacht und Wohnraumanpassung. Wichtig sei bei Demenz eine frühzeitige Diagnostik, sagte Käufer - auch wenn vielen die Erkrankung und die Auseinandersetzung damit anfangs unangenehm sei. Denn nur so könne man rechtzeitig Vorsorge treffen und klären, wer künftig Entscheidungen treffe und wo die Betroffenen leben sollen. Bei der Arbeit des Vereins gehe es vor allem um die Frage: "Welche Netzwerke kann ich aufbauen, um möglichst lange selbstbestimmt zu leben."

Die Alzheimer-Gesellschaft richtet ihre Aufklärungsarbeit nicht nur an jene, die unmittelbar von der Pflege Demenzkranker betroffen sind. Wie Gerlinde Berchtold vom Vorstand erklärte, werden auch an andere Akteure und Institutionen einbezogen. In diesem Jahr habe es schon Schulungen bei der Wolfratshauser Polizeiinspektion und bei medizinischen Fachkräften gegeben. "Corona hat uns zwar ein paar Steine in den Weg gelegt", sagte Berchtold. Nun aber wolle man die Informationsarbeit intensivieren und auch Feuerwehrkräfte, Verwaltungsangestellte in Bürgerbüros, Einzelhändler und Bankangestellte für den Umgang mit Demenzkranken sensibilisieren, um dem Ziel einer "demenzsensiblen Stadt" näherzukommen.

Zur Einweihung am Donnerstag überreichte der Kreissozialamtsleiter Thomas Bigl ein Landkreiswappen für die Räumlichkeiten und den Ausdruck des Beschlusses, den der Kreistag 2019 für die Regelförderung des Vereins gefasst hat. Die Alzheimer-Gesellschaft Isar-Loisachtal sei für die häusliche Pflege "systemrelevant", hat das Gremium darin konstatiert. Die Anzahl von 2500 Demenzkranken im Landkreis sei doppelt so hoch wie die der Bürger, die von Altersarmut bedroht seien, sagte der Kreissozialamtsleiter. Das zeige, dass das Thema keine Randerscheinung sei. Auch wenn Demenz eine nicht aufzuhaltende Erkrankung sei, gebe es doch einen Lichtblick, den die Alzheimer-Gesellschaft aufzeige: dass man bei rechtzeitiger Diagnose das Zusammenleben als Familie, die Pflege und die Finanzierung organisieren könne.

Bigl bedankte sich bei Käufer und seinen ehrenamtlichen Mitstreitern. "Es ist toll, wenn man wo hinkommt und sagt: Wir haben alles richtig gemacht", sagte er. "Wir sind richtig stolz, dass wir so was im Landkreis haben."

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SZ vom 13.09.2021
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