In Benediktbeuern:Auf den Spuren eines Heiligen

Lesezeit: 3 min

Vor etwa 1500 Jahren hat der Ordensgründer Benedikt von Nursia einen Leitfaden für das Leben im Kloster verfasst, aus dem noch heute sogar Firmen Inspiration schöpfen. In Benediktbeuern können Interessierte nun auf einem Benediktusweg seinen Impulsen folgen.

Von Marie Heßlinger, Benediktbeuern

Sabine Rauscher steht vor einer Holzfigur, die doppelt so hoch ist wie sie: "Der junge Benedikt am Anfang seiner Schaffensphase." Der junge Benedikt hält einen Bischofsstab in einer Hand, ein Rabe, der ihn vor einer vergifteten Speise gerettet haben soll, blickt zu ihm auf. In seiner anderen Hand hält er ein Buch, es leuchtet in Gold. Vielleicht ist es die "Regel", die er vor rund 1500 Jahren schrieb. Und der das Kloster Benediktbeuern nun einen Rundweg zum Meditieren gewidmet hat. "Weil es unglaublich ist, welche Aktualität die Texte heute haben", sagt Rauscher.

Sabine Rauscher leitet die Gästeinformation der Gemeinde Benediktbeuern, sie hat das Projekt "Benediktusweg" von der Idee über die Finanzierung bis hin zur Umsetzung begleitet. Sie hat die Künstlerin Margit Unterthiner mit dem Bau der Holzstatue beauftragt, die im Sommerlicht und selbst an Regentagen vor der Benediktenwand schillert, und die Publizistin Petra Altmann mit dem Entwerfen von Infotafeln. Entstanden ist ein etwa 40-minütiger Rundweg, der durch Laubwald und Moorgebiet führt, vorbei an Weihern und Weiden, an Bachläufen, an Schafen und Hühnern, rund um das Kloster und zurück in den Kräutergarten. Der Weg als solcher ist schon eine Kostbarkeit, der Blick auf die Berge. Die Stelen machen ihn nun noch mehr zu einer Besonderheit.

Zwölf Stelen hat die Grünwalder Buchautorin Petra Altmann zur Regel des Benedikt entworfen, dazu ein kleines Heft als Wegbegleiter, sowie Audiodateien und weiterführende Texte, die über QR-Codes und das Smartphone abrufbar sind. Sie stehen unter Überschriften wie "Achtsamkeit gegenüber der Schöpfung", "Gastfreundschaft" oder "Schweigen". Sie widmen sich, in kurzen Gedankenimpulsen, dem "Miteinander der Generationen" oder der "Balance zwischen Ruhe und Bewegung". Entnommen hat sie die Ideen der "Regel".

Es war ein schwarzes Büchlein, das Altmann vor 18 Jahren auf ihrem Nachttisch fand, als sie zum ersten Mal in einem Kloster übernachtete. Weil sie nichts anderes zu lesen hatte, schlug sie es auf. "Ich dachte, das ist eine historische Schrift, das ist etwas aus einer anderen Zeit", erinnert die Autorin sich heute. Sie stellte fest: "Diese Regel ist wirklich sehr aktuell." Wissenschaftler gehen davon aus - auch wenn seine Existenz nicht ganz unumstritten ist - , dass um das Jahr 480 im italienischen Umbrien ein Junge namens Benedikt geboren wurde. Seine adelige Familie schickte ihn nach Rom, wo er Jura studieren sollte. Doch er war enttäuscht vom "Lotterleben", das die Studenten führten, so Altmann, und zog sich zurück. Er lebte stattdessen als Eremit in einer Grotte. "Da ist ganz langsam seine Beziehung zu Gott gewachsen und sein Wunsch, Gleichgesinnte um sich zu scharen und mit ihnen eine Gemeinschaft zu bilden." Zwölf Klöster gründete Benedikt in Italien, seine Mitbrüder bauten weitere Konvente auf der ganzen Welt auf. Noch heute zählt die Benediktiner-Ordensgemeinschaft zu den größten weltweit. Sie alle leben bis heute nach den Vorgaben Benedikts.

72 Kapitel umfasst sein Werk, welches das klösterliche Miteinander regeln soll. Darin schlägt er alltägliche Dinge vor, wie dass es zu Tisch stets zwei verschiedene Speisen geben soll, falls dem einen die eine nicht schmecke. Oder größere Themen, wie einen respektvollen Umgang mit der Natur. Auch bei Unternehmens-Coachings wird heutzutage manchmal auf das Regelwerk Benedikts Bezug genommen. Beispielsweise, wenn es um das Miteinander der Generationen geht: "Dass die Jüngeren unbedarft vorangehen und Dinge, die nicht so gut laufen, eher bemerken", schreibe der Ordensgründer, sagt Altmann, und dass Jung und Alt voneinander lernen sollten. Oder wenn es um Regelverstöße gehe: Bevor man jemandem wegen einer Verfehlung verstoße, solle man ihm mehrere neue Chance geben.

Dass heute auch Unternehmen Bezug auf Benedikts Regel nehmen, hat nicht zuletzt mit dem Ordensleben der Benediktiner zu tun: Während Franziskaner ein Bettelorden sind oder Trappisten ein Schweigeorden, binden sich Benediktinernonnen und -mönche an einen Ort, an dem sie unternehmerisch tätig werden. Oft betreiben sie Landwirtschaften und Läden, Schulen oder Gaststätten.

Im Jahr 725 entstand in Benediktbeuern ein Benediktinerkloster. Um das Jahr 800 schenkte Karl der Große dem Orden eine Reliquie, angeblich die Speiche des rechten Unterarmes Benedikts. So wurde Benediktbeuern ein bekannter Wallfahrtsort. 1803 löste Napoleon das Kloster im Zuge der Säkularisation auf. 1930 zog ein neuer Orden in der Klosteranlage ein, die Salesianer Don Boscos. Sie machten den Ort zu einer Bildungsstätte. Die Verehrung Benedikts aber hielt an. Der neue Rundweg dürfte nun auch das Interesse jener Menschen wecken, die sich zuvor noch nicht mit dem katholischen Heiligen befasst haben.

© SZ vom 18.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: