Natur in den Alpen:Schweizer Steinböcke werden an Benediktenwand freigelassen

Natur in den Alpen: In der Schweiz wurden zehn Steinböcke eingefangen und nach Oberbayern gebracht.

In der Schweiz wurden zehn Steinböcke eingefangen und nach Oberbayern gebracht.

(Foto: Anthony Anex/dpa)

Forstministerin Michaela Kaniber gibt der Kreisgruppe Bad Tölz des Bayerischen Jagdverbands grünes Licht für die Auswilderung von zehn Tieren, um Inzucht bei der bestehenden Population entgegenzuwirken.

Von Yannik Achternbosch und Claudia Koestler, Benediktbeuern

Schweizer Steinböcke sollen an der Benediktenwand im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen für Gen-Auffrischung bei der dortigen Population ihrer Artgenossen sorgen. Die bayerische Forstministerin Michaela Kaniber (CSU) gab am Dienstag der Kreisgruppe Bad Tölz des Bayerischen Jagdverbands (BJV) grünes Licht für die Auswilderung des Steinwilds.

1801 Meter hoch türmt sich die Benediktenwand über Jachenau auf, Isar und Loisach verlaufen um den Bergrücken herum. 1959 meldeten Wanderer erstmals die Sichtung eines zugewanderten Steinbocks, 1967 wurden zwei weitere Böcke und zwei Geißen aus der Schweiz zugeführt. Die Population wuchs stetig an, mit 150 Exemplaren erreichte sie 1988 ihren Höchststand. Damit die Tiere in der Gegend nicht überhandnehmen, wurden Teile des Bestands immer wieder zum Abschuss freigegeben.

Eine sehr ioslierte Steinbock-Population

Neben dem Stress durch Wanderer und deren Hunde setzt den Steinböcken auf der Benediktenwand aber ein weiteres Problem zu: der hohe Grad an Inzucht in ihrer Population. Die Steinböcke auf der Benediktenwand kommen auf natürlichem Wege nicht mit anderen Steinbock-Herden in Kontakt. "Die Steinböcke leben dort sehr isoliert", berichtet Friedl Krönauer, Vorsitzender der Kreisgruppe Bad Tölz-Wolfratshausen des Bund Naturschutz (BN). Ein Team der Universität Zürich hat bei einer Untersuchung von Gewebeproben festgestellt, dass die genetische Vielfalt der Tiere sehr gering ist.

Der Population solle mit dem Projekt des BJV und dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gezielt geholfen werden, so Kaniber. Der BJV hatte das Projekt vor zwei Jahren angekündigt. Damals fehlte jedoch die Genehmigung des Ministeriums. "Das Thema schwelt schon länger", sagt auch Krönauer. Er sieht es jedoch als "gut und notwendig", dass die Hindernisse nun beseitigt sind und "frisches Blut" zu der bestehenden Population dazustoßen kann. "Es ist auch absolut in unserem Interesse, dass so eine Population stabil ist."

Natur in den Alpen: Dieser Steinbock macht seinem Namen alle Ehre: Er wartet geduldig auf Fotografen, bewegt sich bei einem Gewicht von 800 Kilogramm nicht und läuft auch garantiert nicht weg. Lebende Exemplare kriegen Wanderer indes nur selten zu Gesicht.

Dieser Steinbock macht seinem Namen alle Ehre: Er wartet geduldig auf Fotografen, bewegt sich bei einem Gewicht von 800 Kilogramm nicht und läuft auch garantiert nicht weg. Lebende Exemplare kriegen Wanderer indes nur selten zu Gesicht.

(Foto: Manfred Neubauer/wor)

"Unserem Steinwild an der Benediktenwand soll es auch in Zukunft gut gehen. Deshalb greifen wir dort der Population gezielt unter die Arme", sagte die Ministerin zum Projektstart. Rund 100 Steinböcke leben aktuell in dem Gebiet - zu wenig Auswahl für die Partnersuche. Da ein natürlicher Austausch zu anderen Kolonien wegen der geografischen Lage nicht möglich sei, sei die Auswilderung der Steinböcke aus der Schweiz der einzige Weg gewesen. Zehn Steinböcke aus dem Nachbarland sollen jetzt bei ihren Artgenossen in Oberbayern eine neue Heimat finden. Die Tiere stammten aus Wildfängen. Das Ministerium und der BJV wollen damit auch eine Tierart erhalten, die vor etwa zweihundert Jahren kurz vor dem Aussterben stand: Anfang des 19. Jahrhunderts war der Kletterkünstler bis auf ein paar Dutzend Tiere in Italien verschwunden. Aufgrund vieler Wiederansiedlungsprojekte komme der Steinbock heute wieder im gesamten Alpenbogen von Slowenien bis Frankreich vor.

Natur in den Alpen: Stolzer Bewohner des Hochgebirges: Durch Wiederansiedelungsprojekte kommen Steinböcke wieder vielerorts in den Alpen vor.

Stolzer Bewohner des Hochgebirges: Durch Wiederansiedelungsprojekte kommen Steinböcke wieder vielerorts in den Alpen vor.

(Foto: TVB Pitztal/dpa-tmn)

Der BN und Vorsitzender Krönauer haben allerdings durchaus auch Bedenken an der Ansiedlung geäußert. Sie hatten die Befürchtung, dass die Steinböcke zu Trophäen für Jäger werden könnten. Um das zu verhindern, dürfen die Tiere nur von Mitarbeitern der Bayerischen Staatsforsten geschossen werden. "Damit sind alle Voraussetzungen erfüllt, um die Böcke einzusetzen", sagt Krönauer.

Man gehe davon aus, dass die Auswilderung noch dieses Jahr stattfinden könne, ergänzte ein Ministeriumssprecher. Um den Erfolg der Maßnahme zu begutachten, solle die Population in etwa zehn Jahren erneut wissenschaftlich unter die Lupe genommen werden.

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