Konzert im Kloster Benediktbeuern:"Bitte anschnallen!"

Konzert im Kloster Benediktbeuern: "Im selben Moment im selben Gefühl und Rhythmus": Klemens Bittmann und Matthias Bartolomey (von links).

"Im selben Moment im selben Gefühl und Rhythmus": Klemens Bittmann und Matthias Bartolomey (von links).

(Foto: Stephan Doleschal/oh)

Musik muss nicht eingängig sein, um schön zu sein, sagt der Cellist Matthias Bartolomey. Sie muss nur "unheimlich gut gespielt" werden. Zusammen mit Klemens Bittmann eröffnet er am Sonntag die Saison im Kloster Benediktbeuern.

Interview von Stephanie Schwaderer, Benediktbeuern

Das Duo Bartolomey Bittmann aus Österreich eröffnet am Sonntag, 29. Januar, das Kultur-Jahr im Zentrum für Umwelt und Kultur (ZUK) im Kloster Benediktbeuern. Matthias Bartolomey (Cello) und Klemens Bittmann (Geige, Mandola) loten seit elf Jahren gemeinsam die Grenzen ihrer in der klassischen Musiktradition verankerten Instrumente aus und erkunden neue Klangwelten.

SZ: Herr Bartolomey, Musik lässt sich schwer in Worte fassen. Oft ist von einer Reise die Rede, auf die Musiker ihr Publikum mitnehmen. Wenn die Musik Ihres Duos ein Fahrzeug wäre, welches?

Matthias Bartolomey: Auf jeden Fall ein schnelles, aber auch eines, das Kontraste in sich vereint. Vielleicht ein Sportwagen mit Anhänger, auf dem eine bequeme Couch steht.

Interessant. Hat es da schon mal Fahrgäste aus der Kurve geschleudert?

Zum Glück nicht. Aber wir geben zu Beginn unserer Konzerte auch Security-Anweisungen: Bitte anschnallen, da sind die Notausgänge, und setzen Sie sich zuerst die Sauerstoffmaske auf, bevor Sie anderen helfen (lacht).

Sie spielen Cello, oder besser: Sie bearbeiten Ihr Cello. Ihr Kollege Klemens Bittmann wechselt zwischen Geige und Mandola. Worum beneiden Sie ihn?

Genau darum: dass er so flink und problemlos zwischen zwei sehr unterschiedlichen Instrumenten wechseln kann und beide meisterhaft beherrscht. Dank dieser Instrumentierung können wir auch als Duo eine sehr große Bandbreite von stilistischen Farben und Charaktereigenschaften abbilden.

Und worum beneidet Klemens Bittmann Sie?

Das müsste ich ihm jetzt in den Mund legen. Klemens ist sehr früh in seinem Leben in die Jazzszene gegangen und hat in der freien Szene seine Erfahrungen gesammelt. Was er vielleicht auch gerne gehabt hätte: die klassische Ausbildung und Sozialisation mit Orchesterspielen und Kammermusikspielen, die ich nun in unser Duo einfließen lasse.

Zudem kann er sich auf der Bühne wild und frei bewegen. Fühlen Sie sich da eingeschränkt?

Es gibt immer mehr Cellisten, die auch im Stehen spielen. Dazu habe ich mich noch nicht aufraffen können. Das macht aber nichts. In der Duo-Konstellation arbeiten wir stark damit, dass ich eine Art Mittelpunkt bilde, eine Säule, um die Klemens sich herumbewegt. Das ist eine Dramaturgie, die sich über die Jahre gut etabliert hat.

Sie spielen mit den höchsten und tiefsten Tönen, die sich mit Streichinstrumenten erzielen lassen. Was macht für Sie noch den Reiz der Kombination Cello Geige aus?

Mit ihr lässt sich ein großes Spektrum abdecken. Oft bewegen wir uns in ähnlichen Registern, so dass wir einen sehr kompakten, einheitlichen Klang erzielen, und dann loten wir wieder die Extreme aus. Das eröffnet ein weites Spielfeld.

Wann ist Musik in Ihren Ohren schön?

Sie ist schön, wenn sie berührt im Sinne von Zärtlichkeit und Einfühlsamkeit. Aber sie kann auch schön sein, wenn sie energisch oder sogar destruktiv ist. Entscheidend ist, dass sie unheimlich gut gespielt wird, dass das Ensemble - egal ob es ein Orchester, ein Quartett oder ein Duo ist - im selben Moment im selben Gefühl und Rhythmus schwingt.

Wann haben Sie gemerkt, dass Sie mit Ihrem Cello noch ganz andere Dinge als das klassische Repertoire spielen können?

Ich komme aus einer Familie mit starkem philharmonischen Hintergrund. Mein Vater ist in dritter Generation Musiker bei den Wiener Philharmonikern, er ist mittlerweile in Pension. Ich habe die klassische Ausbildung durchlaufen und in Wien und Salzburg studiert. Aber ich habe auch schon in frühen Jahren Gefallen an kreativen Prozessen am Cello gefunden. Nach dem Studium bin ich in diese Welt eingetaucht, weil ich wusste, dass ich dort mein Zuhause suchen und finden möchte. Wir leben in Zeiten, in denen man das Cello auf einer kreativen und schöpferischen Basis entdecken kann. Mit Klemens Bittmann habe ich dafür am richtigen Ort zur richtigen Zeit den geeigneten Partner gefunden.

Wo war das genau?

Vor elf Jahren in Wien. Wir waren beide an einem Punkt, wo wir uns neu orientieren wollten. Und beide haben wir nach einem Langzeitprojekt gesucht, bei dem man sein eigenes Repertoire entwickeln und die Musik über Jahre reifen lassen kann.

Wie entstehen Ihre Stücke?

Wir komponieren immer gemeinsam. Zunächst tauschen wir kleine musikalische Zellen aus, spielen sie einander vor und fügen die Teile dann wie ein Puzzle gemeinsam zusammen. Der intuitive spielerische Prozess steht im Vordergrund. Die Notation kommt ganz zum Schluss.

Welche Rolle spielt dabei die Improvisation?

Sie ist entscheidend im Entstehungsprozess, durch sie kommen die Ideen. Wenn die Stücke komponiert sind, spielen wir sie so, wie sie notiert sind. In manchen gibt es aber freie Teile, die für die Improvisation offen bleiben.

Sie können sich auf der Bühne also noch überraschen?

Gewiss. Auch wenn die Stücke komponiert sind, begibt man sich immer wieder auf eine neue Entdeckungsreise. Das ist auch in der klassischen Musik, wenn man sie so verstehen möchte, ein essenzieller Faktor. Nikolaus Harnoncourt hat das sehr stark vertreten und sehr stark gesucht: dass man gerade auch alte Musik im Moment des Aufführens so spielt, als würde sie einem gerade einfallen.

Sie eröffnen am Sonntag im Kloster Benediktbeuern die Saison. Mit welchem Stück werden Sie beginnen?

Mit "Les Tecchler", einem Stück von unserer neuen CD. Der Titel ist etwas kryptisch. Er knüpft an unseren Titel "Les Pauli" an, der auch etwas kryptisch ist und sich auf die Les Paul bezieht, die beste Rock-E-Gitarre aus den Siebzigerjahren. Sie war unser Vorbild für dieses groovebetonte Stück, wobei das i bei Pauli eine Hommage an Joseph Pauli ist, einen Geigenbauer, von dem Klemens' Geige stammt. Ich wiederum spiele ein Cello von David Tecchler, das er 1727 in Rom gebaut hat. Deshalb nun "Les Tecchler".

Und rockt das auch?

Und wie.

Sonntag, 29. Januar, 17 Uhr, Allianzsaal im Maierhof, Kloster Benediktbeuern, Karten zu 25 Euro (Schüler und Studenten frei) gibt es im Klosterladen, bei Christa Clauss (Telefon 08856/3695 oder christa-clauss@t-online.de) und an der Abendkasse (28 Euro).

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