Artenvielfalt:Blühbotschafter werden

Artenvielfalt: Natternkopf, Acker-Witwenblumen und vieles mehr soll auf dem Blühstreifen künftig Nahrung für Insekten bieten. ZUK-Leiter Benedikt Hartmann (links) säte gemeinsam mit ZUK-Bildungsreferent Martin Malkmus (rechts) und Helfern das erste Stück an.

Natternkopf, Acker-Witwenblumen und vieles mehr soll auf dem Blühstreifen künftig Nahrung für Insekten bieten. ZUK-Leiter Benedikt Hartmann (links) säte gemeinsam mit ZUK-Bildungsreferent Martin Malkmus (rechts) und Helfern das erste Stück an.

(Foto: Alexandra Vecchiato/oh)

Das Zentrum für Umwelt und Kultur in Benediktbeuern startet mit einer neuen Ausbildung.

Von Alexandra Vecchiato, Benediktbeuern

Manchmal muss es nicht der große Wurf sein, auch kleine Maßnahmen können zum Ziel führen. Insbesondere dann, wenn sich viele Menschen dasselbe stecken. Das Zentrum für Umwelt und Kultur (ZUK) im Kloster Benediktbeuern möchte die Artenvielfalt weiter stärken. Zu diesem Zweck werden künftig Blühbotschafterinnen und -botschafter ausgebildet. Start des Workshops ist Ende Mai.

Natur- und Umweltschutz ins Klosterland zu tragen, heißt: Eulen nach Athen zu tragen. Und dennoch könne man nicht genug in diesem Bereich unternehmen, sind sich Martin Malkmus, Bildungsreferent des ZUK, und ZUK-Leiter Benedikt Hartmann sicher. Auf einem Pressetermin stellten beide gemeinsam mit ihrem Team das neueste Projekt vor. Insekten, wie Bienen, Hummeln und Schmetterlinge, haben eine zentrale Funktion im Ökosystem. Doch ihre Population hat stark abgenommen. So ging in Deutschland die Anzahl der Fluginsekten in den vergangenen 30 Jahren um 75 Prozent zurück. 50 Prozent der Wildbienenarten stehen auf der Roten Liste. Es besteht demnach Handlungsbedarf.

Hotels mit Vollpension

Naturschutz könne nur Früchte tragen, wenn er von einer "breiten Masse" getragen wird, betonte Malkmus. In der Ausbildung zu Blühbotschafterinnen und -botschafter sollen die Teilnehmer lernen, was sie selbst tun können, damit sich Hummel und Co. wohlfühlen. Anschauungsmaterial und Beispiele gibt es rund um das Kloster zuhauf wie etwa eine Vielzahl an Insektenhotels. Weil aber eine Wildbiene nicht nur eine Übernachtungs- und Überwinterungsbleibe braucht, sondern auch auf Nahrung angewiesen ist, soll es obendrein "Restaurants" geben, wie Malkmus es nennt. Oder: Hotels mit Vollpension. Daneben liegen Totholz und Schnittgut - Verstecke kann es gar nicht zu viele geben. Ebenfalls werden heimische Gehölze gepflanzt. Deren Blüten spenden Nektar.

Artenvielfalt: Martin Malkmus, ZUK-Bildungsreferent (links), und ZUK-Leiter Benedikt Hartman pflanzen Sträucher als Nahrungsquelle an.

Martin Malkmus, ZUK-Bildungsreferent (links), und ZUK-Leiter Benedikt Hartman pflanzen Sträucher als Nahrungsquelle an.

(Foto: Alexandra Vecchiato/oh)

Gegenüber entsteht ein besonderes "Restaurant" auf einer großen Wiese. Ein etwa 200 Meter langer und ein Meter breiter Streifen wurde vorbereitet. Volontäre und weitere ZUK-Mitarbeiter streuen dort Samen aus. Diese wurden teils auf dem Klosterland gesammelt, auf alle Fälle stammen sie aus der Region. Was daraus wächst, ist somit bestens auf Boden und Klima eingestellt. Die Wiese, die bewirtschaftet wird, soll Stück für Stück abgemagert werden. "Je nährstoffärmer desto artenreichen", betonte Malkmus. Auch die Teilnehmer an der Ausbildung dürfen dort nach Herzenslust aussäen und lernen dabei unter anderem, dass Saatgut nicht gleich Saatgut ist. Vor den insektenfreundlichen Blühmischungen aus dem Baumarkt kann Malkmus nur warnen.

Wer nun denkt, dass die Wiese nach kürzester Zeit in voller Pracht erblühen wird, wird enttäuscht. Naturschutz braucht einen langen Atem. Da es sich überwiegend um mehrjährige Pflanzen handelt, ist im ersten Jahr nur wenig zu erwarten. "Aber im zweiten Jahr findet dann ein wahres Blüten-Feuerwerk statt", betonte Malkmus. Neben Natternkopf und Wucherblume bieten dann Färberkamille, Acker-Witwenblume und viele mehr nicht nur ein Farnspektakel, sondern eine üppige Nahrungsquelle.

Artenvielfalt: In den Insektenhotels halten Wildbienen und Co. noch Winterschlaf.

In den Insektenhotels halten Wildbienen und Co. noch Winterschlaf.

(Foto: Alexandra Vecchiato/oh)

Diese Vielfalt werde das Insektensterben nicht aufhalten, so Malkmus. Es gehe vielmehr um das große Ganze, darum, dass etwa Landwirte Flächen seltener mähen; dass Kommunen auf ihren Flächen das Gras einfach mal wachsen lassen; und dass Privatleute in ihren Gärten Rückzugsmöglichkeiten schaffen, also nicht alle Ecken ordentlich aufräumen. "Alle müssen mit ins Boot." Dabei mithelfen sollen die künftigen Blühbotschafterinnen und -botschafter. Sie sollen ihr Wissen weitertragen, etwa in Kindergärten und Schulen. Damit sie ernst genommen werden, erhalten sie nach Abschluss des Kurses ein Zertifikat. Das ZUK, das bei dieser Ausbildung mit der Schweisfurth-Stiftung kooperiert, wiederum möchte über die Blühbotschafter ein Netzwerk aufbauen.

Start der Ausbildung, die sich auf fünf Samstage verteilt, ist am 27. Mai. Das ZUK arbeitet Besucht werden auch andere Kommunen, die auf öffentlichen Flächen etwas für die Artenvielfalt tun, oder Naturgärten. Die Ausbildung zum Blühbotschafter richtet sich an alle über 18 Jahren, Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Die Plätze sind begrenzt.

"Werden Sie Blühbotschafter:in. Insekten retten UND die Welt verschönern? Geht!", Zentrum für Umwelt und Kultur Benediktbeuern, Anmeldung unter www.zuk-bb/veranstaltungskalender; Anmeldetschluss: 9. Mai 2023

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