Süddeutsche Zeitung

Benediktbeuern:Magie und Müll

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Bettina und Axel Kelm aus Schäftlarn zeigen in Benediktbeuern betörend schöne Meeresaufnahmen. Und warnen vor einer tödlichen Pest: Plastik

Von Ingrid Hügenell, Benediktbeuern

Gleich wenn man die Treppe heraufkommt, schaut einen diese Robbe an. Auf dem Rücken gleitet sie durchs Wasser, an der rechten Flosse perlen Luftblasen nach oben. Ein junger Galapagos-Seelöwe sei das, erklärt die Fotografin und Autorin Bettina Kelm, "der hat mit uns gespielt". Auch sonst sind in der Ausstellung im Zentrum für Umwelt und Kultur überwiegend betörend schöne Bilder zu sehen: Unterwasser-Aufnahmen von Buckelwalen und Delfinen, das Portrait eines Blaufußtölpels, junge Löwen in der Steppe. Besondere Momente haben Bettina und Axel Kelm festgehalten, daher der Name der Ausstellung "One second - die Magie einer Sekunde".

Die Bilder sind auf den Galapagos-Inseln entstanden, im Solios-Nationalpark in Kenia, in Französisch Polynesien und auch auf Helgoland. Die Kelms sind übers Reisen zur Naturfotografie gekommen. Die 41-jährige Bettina kommt aus dem Marketing und arbeitet inzwischen als freie Autorin. Ihr Mann Axel, 47, ist in der Automobilindustrie tätig. Das Ehepaar lebt in Schäftlarn. Bei ihren Reisen haben beide erlebt, dass die Umweltprobleme überall auf der Welt angekommen sind, auch in den abgelegensten Gebieten. Darauf wollen sie mit ihrer Ausstellung aufmerksam machen: Dass die berühmten Galapagos-Echsen sich schwer tun, genügend Futter zu finden, wenn das Meer zu warm wird, weil dann eine Algenart überhand nimmt, die die Tiere nicht vertragen. Dass durch Wilderei Elefanten und Nashörner stark bedroht sind. Dass aggressives Whale Watching für die Tiere sehr belastend sein kann.

Im ZUK zeigen Bettina und Axel Kelm Bilder von einem munteren Seelöwen.

Eine Schildkröte, die mit dem Tod durch Plastikmüll ringt.

Bettina und Axel Kelm wollen den Blick für die Wunder der Natur schärfen.

Auch die Kelms haben Wale beobachtet, auf sanfte Art, in Französisch Polynesien. Sie konnten mit Buckelwalen tauchen. Von berührenden Momenten berichten sie. "Die sind so zart, so vorsichtig", erinnert sich Axel Kelm an die Begegnung mit einer Walkuh und ihrem Kalb. Die Fotos von den riesigen Meeressäugern vermitteln die tiefe Ruhe und Erhabenheit, die die Tiere ausstrahlen.

Umso heftiger knallt der Kontrast ins Gemüt. Denn die Kelms zeigen nicht nur schöne Tierbilder - sondern eben auch die Bedrohung der Tierwelt. Ein Foto von Thierry Eidenweil zeigt eine Meeresschildkröte, völlig verheddert in Plastikmüll, der das Tier unter Wasser zieht. Die Schildkröte droht zu ersticken, in letzter Minute kann der Fotograf sie aus dem Wasser ziehen. Die Kelms waren dabei, als das passierte, vor den Perleninseln bei Panama. Und das Schicksal der Schildkröte ist kein Einzelfall. Überall in den Meeren sterben Tiere zu Hunderttausenden am Plastikmüll. Weil sie sich darin verheddern und ertrinken, weil sie Plastiktüten für Quallen halten, diese fressen und dann bei vollem Magen verhungern. Oder von den Giftstoffen krank werden, die sich in Plastik anreichern.

Nach der Reise nach Panama, wo sie Meeresschildkröten sterben sah, begann Bettina Kelm, Umweltreportagen zu schreiben, die etwa bei Spiegel online oder der Welt veröffentlicht wurden, und sie hält an Schulen Vorträge über das Problem. Auch mit der Ausstellung wollen Kelms das Bewusstsein für die Gefahren schärfen, die vom Plastikmüll ausgehen und zum verminderten Gebrauch von Plastik aufrufen.

"Geschätzte 150 Millionen Tonnen Plastikmüll treiben bereits in den Weltmeeren, rund sechs Millionen Tonnen kommen jährlich hinzu", weiß Bettina Kelm. Inzwischen ist das Problem auch in Deutschland angekommen, vor allem in Form von Mikroplastik, das sich überall in Gewässern findet. Dorthin gelangt es auch aus den Kläranlagen. Und ins Abwasser kommt Mikroplastik, weil es in zahlreichen Körperpflegeartikeln enthalten ist: In Peeling und Gesichtswasser, Make-up und Lippenstift, zum Beispiel.

Ausstellung "one second", bis 19. Juli im ZUK, Maierhof, 1. Stock des Mittelrisalits, Zeilerweg 2. Vernissage am Donnerstag, 7. Mai, 17 Uhr. Vom Verkauf der Bilder gehen 20 Prozent an Organisationen, die sich dem Schutz der Meere widmen

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Quelle:
SZ vom 04.05.2015
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