Extremismus:Verschwörungsideologen kapern Benediktbeurer Fasching

Extremismus: Die Schwarzgekleideten auf dem Faschingsumzug in Benediktbeuern zogen einen Streitwagen mit einer dämonenhaften Figur. Die Rias erkennt in dem Auftritt Motive aus dem verschwörungsideologischen und antisemitischen Milieu.

Die Schwarzgekleideten auf dem Faschingsumzug in Benediktbeuern zogen einen Streitwagen mit einer dämonenhaften Figur. Die Rias erkennt in dem Auftritt Motive aus dem verschwörungsideologischen und antisemitischen Milieu.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Mit konspirativen Parolen und antisemitischen Chiffren hat eine Fußgruppe den Umzug unterwandert. Warum es aber dennoch aktuell keine polizeilichen Ermittlungen gibt.

Von Veronika Ellecosta, Benediktbeuern

Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern (Rias) berichtet von einem antisemitischen und verschwörungsideologischen Vorfall während des Faschingsumzugs Benediktbeuern. Bernd Schöpf, Vorsitzender des "Beira Faschings", erklärt, wie der diesjährige Gaudiwurm im Dorf derart unterwandert werden konnte: "Unser Zugordner hatte am Anfang am Bahnhof eine Liste mit der Wagenordnung. Aber plötzlich waren die da drin im Zug, und unterm Zug hast du einfach keine Zeit." Etwa sieben bis acht Männer in schwarzen Kutten, Masken und Sonnenbrillen haben sich Schöpf zufolge unangemeldet unter die anderen Gruppen gemischt. Auf sie folgten rosagekleidete Personen. Auf Schildern warnten beide Gruppen vor einer "Neuen Weltordnung" und verwiesen auf eine englischsprachige Homepage mit verschwörungsideologischem Inhalt.

Die Rias erklärt in einer Pressemeldung die ideologischen Narrative dahinter: Der angeblichen "Neuen Weltordnung" zufolge wolle eine geheim agierende Elite die Menschheit versklaven. Diese Behauptung korrespondiere sehr eng mit der Vorstellung von der "jüdischen Weltverschwörung", heißt es da. Auch die Homepage über eine "Globalistische Agenda" deutet laut Rias auf die Verbindung zum verschwörungsideologischen Milieu hin. Globalismus sei eine Chiffre für die jüdische Weltverschwörung. Auf einem weiteren Schild fiel der Rias die Formulierung "Philantrophen mit Kalkül? Mir ham's durchschaut, Euer dunkles Spiel und sog'n NEIN mit Herzgefühl!" auf. Der "Philanthrop" sei eine Anspielung auf George Soros, eines der Feindbilder der verschwörungsideologischen Szene.

Bernd Schöpf habe sich während des Umzugs am Dorfplatz aufgehalten, dem Endpunkt der Veranstaltung, sagt er. Dort sei er auf die befremdlichen Erscheinungen angesprochen worden. "Ich hab' gleich geschaut, die Polizei zu erwischen, aber als ich dann mit ihr geredet hab', war die Gruppe schon weg." Auch hätten ihn Besucher in Ohlstadt auf dieselbe Gruppe aufmerksam gemacht. "Das hat mit Fasching nichts zu tun. Die können das woanders machen, aber sowas gehört nicht in einen Umzug", sagt Schöpf.

Ermittlungen bleiben aus

Das Polizeipräsidium Oberbayern Süd in Rosenheim bestätigt auf telefonische Nachfrage, dass die Beamten vor Ort von Schöpf informiert wurden, aber sie die Personen nicht identifizieren konnten. Ein polizeiliches Nachspiel werde der Vorfall wohl nicht nach sich ziehen. "Wir haben die Kripo angehalten, nachzuforschen, aber eine Straftat wurde nicht festgestellt. Auf einem Fasching geht es schon mal politisch zu", kommentiert die Polizeipressestelle Rosenheim. Auch in der zuständigen Polizeistelle in Kochel sieht man keinen Straftatbestand. Da heißt es: "Antiglobalistische Anspielungen ja, aber kein Antisemitismus."

Für zukünftige Veranstaltungen nimmt sich der Beira Faschingsverein vor, beim Einordnen der Wägen am Bahnhof mehr Helfer einzusetzen. "Wir hatten heuer einen Helfer beim Einordnen, nächstes Mal sollen da zwei oder drei Ordner stehen. Wenn sich jemand mitten im Zug einreiht, ist das schwieriger, aber davor muss man halt schauen. Das kriegen wir schon in den Griff," hofft Schöpf.

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