Benediktbeuern:Ein "Alleluja" braucht kein Jubiläum

Benediktbeurer Konzerte

Solistin Anna Karmasin und die "Camerata Andechs".

(Foto: Neubauer)

Die Benediktbeurer Konzerte feiern Mozarts 260. Geburtstag mit der glänzenden Sopranistin Anna Karmasin

Von Sabine Näher, Benediktbeuern

Konnte man früher ein schönes Konzertprogramm schlicht um seiner selbst willen anbieten, braucht es in Zeiten allgegenwärtiger PR-Strategen offensichtlich unbedingt einen Aufkleber mit irgendeiner aufmerksamkeitsheischenden Zusatzinfo. So wurde bei den Benediktbeurer Konzerten am Sonntagnachmittag tatsächlich der "260. Geburtstag" Mozarts gefeiert. Da ist zwar besser als ein Konzert anlässlich des 257. Geburtstags oder des Namenstags von Mozarts Großmutter, aber wirklich sinnstiftend ist es nicht. Dabei konnte die Darbietung durchaus für sich stehen.

Die einleitende Sinfonia zum geistlichen Singspiel "Die Schuldigkeit des ersten Gebots" atmet unverkennbar Mozartschen Zauber und seine schwebende Leichtigkeit, obwohl der Komponist das Werk im Alter von elf Jahren schuf. Uraufgeführt 1767 in der Salzburger Residenz legt es Zeugnis ab von der unfassbaren Begabung des Wunderkinds. Den reifen Meister zeigten die Camerata Andechs und ihr Leiter Andreas Schwankhart dann mit zwei Arien aus der Messe c-Moll, auch die "Große Messe" genannt. Während die Mehrzahl seiner 18 Messen in seinem Salzburger Dienst für die Erzbischöfe entstand, komponierte Mozart diese 1782 in Wien. Ohne fremden Auftrag, wohl aus einem inneren Bedürfnis heraus schrieb er die c-Moll-Messe in der Zeit seiner Eheschließung mit Constanze Weber. Diese war auch als Sopran-Solistin vorgesehen. Man darf also davon ausgehen, dass er diesen Part mit besonderer Liebe komponierte. Die Münchnerin Anna Karmasin, die Solistin in Benediktbeuern, sieht Constanze Mozart sogar ähnlich - und auch künstlerisch dürfte sie den Meister für sich eingenommen haben: Ihre leichte, bewegliche Stimme verbreitet schimmernden Glanz, lässt die Koloraturen perlen. Sie passt perfekt zu Mozarts himmelstürmender Freude, zu dieser fast kindlich-naiven Frömmigkeit, welche die Grundhaltung seiner geistlichen Werke ausmacht. Diese prägen das "Laudamus te", während "Et incarnatus est" einen ganz verhalten-innigen Ausdruck bringt. Eine elegische Orchestereinleitung, mit viel Ruhe ausmusiziert, bereitet die Stimmung vor, die die Sopranistin aufnimmt: ein warmer, runder Klang, sogar bei den wunderbar eingebetteten Spitzentönen; dazu eine ausdrucksvolle Flöte, ein subtiles Fagott.

Mit der "Sinfonia concertante", dem großangelegten Doppelkonzert für Violine, Viola und Orchester, wird der geistliche Rahmen verlassen. Eine spannungsvolle Orchestereinleitung schafft mit jubelnden Streichertönen die perfekte Überleitung zum Einsatz der Solisten. Hermina Szabós warmer, voller Geigen- und Dénes Lúdmanys schlanker Bratschenton beginnen einen stimmungsvollen Dialog, sind im lebendigen Austausch untereinander wie mit dem Orchester. Die bei diesem Werk oft zu hörende auftrumpfende Brillanz der Solisten, namentlich der Geige, tritt hier hinter ein fast kammermusikalisches Miteinander zurück. Das Andante bringt eine zarte Melancholie, umschattete Geigenklänge, von der Bratsche wunderbar aufgenommen. Der Satz klingt aus in süßem Schmerz, der ausgekostet wird. Das finale Presto kommt in eher gemächlichem Tempo daher, das aber eine organische Gestaltung zulässt und der Geige ermöglicht, sich auszusingen. Dennoch vielleicht ein etwas glanzloser Beschluss.

Im abschließenden Werk, der grandiosen Sopran-Kantate "Exsultate, Jubilate", wird die Tempowahl dann wirklich zu einer Beeinträchtigung. Die Orchestereinleitung zur eröffnenden Arie jubiliert so eindeutig zu verhalten; Anna Karmasin macht das mit ihrem Silberglanz wenigstens teilweise wieder wett. Das folgende Rezitativ gestaltet sie ausdrucksvoll. Die Arie "Tu virginum corona" entfaltet eine andächtige Stimmung; hier passt das verhaltene Tempo. Doch im "Alleluja", das ein Jubelgesang ohnegleichen werden kann, fehlt der Sopranistin die Ekstase im Orchester, das wirklich zu gebremst agiert. Schade, denn hier hätte Anna Karmasin sicher brillieren können. Trotzdem großer Applaus in der fast ausverkauften Klosterkirche.

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