Süddeutsche Zeitung

Begräbniskultur:Der Trend geht zur Urne

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Auf den Friedhöfen im Landkreis gehen die Erdbestattungen zurück. Viele Angehörige können eine aufwendige Pflege nicht leisten: "Wer kann das schon, wenn er nicht am Ort wohnt?"

Von Alexandra Vecchiato

Allerheiligen - an diesem Tag gedenken Katholiken nicht nur aller Heiligen, sondern versammeln sich auf den Friedhöfen, um sich an die Verstorbenen zu erinnern. Viele Gräber sind zu diesem Tag schön herausgeputzt, doch dazwischen klaffen kleine Niemandsländer. Aufgelöste Grabstätten sind keine Seltenheit mehr, ein Phänomen, das sich nicht nur in Großstädten zeigt. Denn der Umgang mit dem Tod hat sich verändert. Angehörige wählen immer häufiger Grabstellen, die pflegeleicht und günstig sind. Ein Trend, der auch im Landkreis zu beobachten ist.

In den vergangenen drei Jahren seien im Durchschnitt jährlich 50 Gräber auf dem Tölzer Waldfriedhof aufgelöst worden, sagt Maria Bader von der Friedhofsverwaltung. Im städtischen Friedhof gibt es derzeit mehr als 4300 Grabstätten. Der Hauptgrund für die Rückgabe sei die aufwendige Grabpflege. Vor allem Angehörige, die nicht mehr in der Nähe wohnten, könnten eine regelmäßige Betreuung der Stätte nicht mehr leisten, einen Gärtner zu beauftragen sei zu teuer. Genauso gehe es vielen Angehörigen mit der Nutzungsverlängerung. Ein Einzelgrab kostet auf dem Tölzer Waldfriedhof zwischen 410 und 290 Euro, Doppelgräber das Zweifache. Der Preis für ein Urnengrab beträgt zwischen 260 und 360 Euro. Diese Preise verstehen sich für eine Nutzung über zehn Jahre (Ruhefrist). Die Anzahl der Urnenbeisetzungen habe in den vergangenen vier Jahren stetig zugenommen, heuer sind es doppelt so viele Urnenbeisetzungen wie Erdbestattungen.

Diesen Trend registrieren auch die Friedhofsverwaltungen in Wolfratshausen und Geretsried. Knappe 2000 Grabstätten gebe es auf dem städtischen Friedhof in Wolfratshausen-Nantwein. Das Einzelgrab kostet zwischen 430 und 655 Euro, ein Doppelgrab zwischen 752 und 1002 Euro, Urnengräber gute 600 Euro. Sie denke, es seien weniger finanzielle Gründe, wenn Angehörige nach Verstreichen der Ruhefrist (zehn Jahre) das Grab auflösen, sagt Petra Konrad, Leiterin des Standesamts, in Wolfratshausen. "Die Pflege ist vielen zu aufwendig. Wer kann das schon machen, wenn er nicht am Ort wohnt." Zwei neue Urnenwände habe die Stadt aus diesem Grund 2013 angelegt. "Urnenwände werden immer beliebter", sagt auch Elisabeth Kell, Mitarbeiterin der Friedhofsverwaltung in Geretsried. Dort kostet das Einzelgrab 776 Euro, das Doppelgrab 1164 Euro, Urnengräber je nach Lage zwischen 349 und 800 Euro.

In Bad Tölz und Wolfratshausen gibt es sogenannte Sternenkinder-Felder. Dort werden Föten (Kinder unter 500 Gramm) bestattet. Im Waldfriedhof an der Adalbert-Stifter-Straße soll nicht nur ein solches Feld entstehen, geplant ist zudem ein Ruhegarten für Urnenbestattungen. Also eine Art Gartenanlage, in der Stelen mit den Namen der Verstorbenen stehen, die genaue Grabstelle jedoch nicht bekannt ist. "Dafür haben wir momentan keine Nachfrage", sagt Petra Konrad aus Wolfratshausen. Maria Bader aus Bad Tölz betätigt: Eine derartige Anlage sei nicht geplant, es gebe nur vereinzelt Anfragen nach Friedwaldbestattungen.

In Benediktbeuern ist man über jedes aufgelöste Grab (Liegefrist 20 Jahre) froh. Das Dorf sei stark gewachsen, die Nachfrage groß, sagt Friedhofsreferent Michael Rieger. Beerdigt werden darf auf dem Friedhof beim Kloster nur, wer seinen ersten Wohnsitz im Ort hat. Oder nahe Verwandte, "in begrenzter Anzahl", sagt Rieger. Natürlich gebe es auch in Benediktbeuern eine verstärkte Nachfrage nach Urnenbestattungen. Dieser wurde mit der Erweiterung der Urnenwand Rechnung getragen. Aber man bemühe sich sehr um die Erhaltung des historischen Friedhofs. Eine Neuerung wolle man einführen: ein Sternenkinder-Grab.

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Quelle:
SZ vom 30.10.2013
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