Wetter in den Bergen:Eiskalt erwischt

Wanderer queren im Karwendel ein Schneefeld.

Bergstiefel, Gamaschen und Stöcke sollte jeder dabei haben, der zu einer Tour auf mehr als 1200<ET>Meter aufbricht.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Während in den Tälern der Sommer Einzug gehalten hat, liegt auf den Bergen noch ungewöhnlich viel Schnee. Schlecht ausgerüsteten Wanderern wird dies schnell zum Verhängnis.

Von Benjamin Engel

An den Seen hat endlich die Badesaison begonnen, doch auf der Zugspitze türmten sich die Schneemassen vor anderthalb Wochen noch sechs Meter hoch - so viel Schnee gab es zu dieser Jahreszeit zuletzt vor 20 Jahren. Wer aus dem Tal bergauf steigt, besonders auf den sonnenexponierten Südseiten, ist sich der damit verbundenen Gefahren oft kaum bewusst. Auf 1252 Höhenmetern blieben vor wenigen Tagen zwei 36-jährige Wanderer an der Tiefentalalm im Schnee stecken. Einsatzkräfte der Tölzer Bergwacht mussten die beiden Berliner retten.

Unterhalb des Ettaler Manndls (Landkreis Garmisch-Partenkirchen) wurden am Sonntag vier Wanderer von einer Lawine mitgerissen. Sie konnten sich selbst aus den Schneemassen befreien und kamen leicht verletzt ins Krankenhaus. Angesichts steigender Temperaturen mahnt der Lawinenwarndienst Bayern zu Vorsicht. Wanderer müssten damit rechnen, dass zwischen 1200 und 1500 Metern "noch unwahrscheinlich viel Schnee" liege, sagt auch Horst Stahl, Bereitschaftsleiter der Tölzer Bergwacht. "Das wird unterschätzt."

Die Berliner Wanderer hätten geplant, vom Blomberg bis zur Tutzinger Hütte unterhalb der Nordwestflanke der Benediktenwand zu gehen. Im Sommer sei die Sechs-Stunden-Tour unproblematisch. An der Tiefentalalm seien die beiden Männer jedoch in knietiefen Schnee geraten. Mit Halbbergschuhen werde da jeder Schritt schnell sehr anstrengend. Schon nach wenigen hundert Metern sei ein Wanderer völlig erschöpft, sagt Stahl.

Selbst für die Einsatzkräfte der Tölzer Bergwacht war es schwer, sich zu den Wanderern durchzukämpfen. Denn nach den starken Schneefällen des vergangenen Winters hätten viele Bäume quer über den Weg gelegen, so Stahl. Mit Motorsäge und Traktor habe ein Grundeigentümer den Einsatzkräften erst den Weg frei machen müssen.

Schlechtwettereinbrüche mit Schneefällen sind in den Bergen im Mai nicht ungewöhnlich. Doch dass es so spät noch so viel geschneit hat ist für Paul Schenk, den Vorsitzenden des Tölzer Alpenvereins, der auch Mitarbeiter der Bergwacht Bayern ist, "dann doch außergewöhnlich". Auch er begegnet in den Bergen immer wieder unzureichend ausgerüsteten Wanderern. Als er unlängst mit Tourenskiern auf dem Idealhang am hinteren Brauneck unterwegs war, sei ihm ein Mann mit Turnschuhen und kurzen Hosen entgegengekommen, berichtet er. Der Wanderer sei über den schneebedeckten Hang ganz erstaunt gewesen.

Unter den starken Schneefällen des vergangenen Winters haben auch die Wanderwege gelitten. Teils haben Lawinen Schäden angerichtet. Vielfach liegen noch unter der Schneelast zusammengebrochene Bäume kreuz und quer darüber. Noch viel Arbeit werde es den Ehrenamtlichen machen, alles wieder herzurichten, sagt Schenk.

Noch Anfang Mai war das Erdgeschoss der sektionseigenen Tölzer Hütte auf 1835 Meter Höhe am Schafreuter komplett von Schneewänden eingeschlossen. "Wir haben erst einmal Scharten eingegraben, damit durch die Fenster überhaupt Licht kommt", sagt Schenk. Anfang vergangener Woche war der Schnee rund um die Hütte immer noch bis zu einem halben Meter hoch. Übernachtungsgästen empfiehlt er, warme Kleidung mitzubringen. Denn die Schlafräume können nicht beheizt werden. Nachts fielen die Temperaturen bis fast auf den Gefrierpunkt.

Allerdings wagten zuletzt deutlich weniger Menschen den Aufstieg, weil das Wetter vielfach schlecht war. Am vorvergangenen Wochenende seien 20 von 60 Übernachtungsreservierungen abgesagt worden. Im Vergleich zum Mai des Vorjahres fehlten 80 Prozent der Gäste. Damals sei es aber schon sehr heiß gewesen, sagt Bubeck. Seine beiden Mitarbeiter hätten im Moment wenig zu tun. Mit ihnen mache er nun noch einen Frühjahrsputz. "Die Leute bringen viel Dreck in die Hütte, wenn Schnee und Matsch liegt." Zudem bereiteten sie alle die bekannten hausgemachten Knödel vor. Die werden eingefroren und können serviert werden, wenn mehr Gäste kommen.

Für den Aufstieg empfiehlt der Hüttenwirt feste Bergstiefel, Gamaschen und Stöcke, weil noch Altschnee auf einigen Passagen liegt. Wer nach oben komme, sei auch gut ausgerüstet, sagt Bubeck. Die derzeitige Wetterlage ist aus seiner Sicht gar nicht einmal so ungewöhnlich. Seit zwölf Jahren bewirtschaftet er schon die Tölzer Hütte zusammen mit Margot Lickert. Er erinnert sich, dass es zu den Anfangszeiten auch schon so viel Schnee gegeben habe. Nur die jüngsten Frühjahre seien so mild gewesen. "Man hat das verdrängt, dass es früher auch schon so war."

Zur SZ-Startseite
FILE PHOTO: Kami Rita Sherpa, 48, a Nepali mountaineer waves towards the media personnel upon his arrival after climbing Mount Everest for a 22nd time, creating a new record for the most summits of the worldÕs highest mountain, in Kathmandu

Mount Everest
:Rekord-Sherpa stellt zwei neue Bestmarken auf

Zum 24. Mal hat der 49-jährige Kami Rita den höchsten Berg der Erde bestiegen - und dabei zwei Rekorde auf einmal gebrochen.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: