Bayerische Oberlandbahn:"Seeger war BOB"

Die Entlassung des beliebten Geschäftsführers empört Politiker und Gewerkschafter. Die Mitarbeiter diskutieren über mögliche Reaktionen, die Bürgermeister befürchten Auswirkungen auf die Region.

Von Kathleen Hildebrand

BOB Zug auf der Großhesseloher Brücke, 2011

Die Bayerische Oberlandbahn, hier auf ihrem Weg von Lenggries nach München, hat erst kürzlich wieder den Zuschlag bekommen, als es um eine erneute Vergabe der Strecke ging. Jetzt wurde der langjährige Geschäftsführer, der als Ansprechpartner in der Region fungierte, entlassen.

(Foto: Robert Haas)

Für nächsten Samstag haben die Mitarbeiter der Bayerischen Oberlandbahn ihre Weihnachtsfeier geplant. Gemütliche Stimmung erwartet dort aber keiner. Zu groß ist die Wut über die Entlassung von BOB-Geschäftsführer Heino Seeger, die der Mutterkonzern Veolia Verkehr GmbH nach wie vor als freiwilligen Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen ausgibt. Auch Politiker aus der Region äußerten sich am Donnerstag verärgert.

Ein Gewerkschafter erklärt, der Betriebsrat der BOB habe alle Hände damit zu tun, einen Streik zu verhindern. Die Mitarbeiter fühlten sich "hilflos" angesichts "dieser absolut blödsinnigen Entscheidung" und wollen ihre Wut demonstrieren. Doch die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) will nicht, dass Züge stehen bleiben und Fahrgäste leiden.

Im Internet wird Seegers Weggang auf Facebook diskutiert. Andreas Küper ist Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats der Nordwestbahn, einer anderen Veolia-Tochter. Er postet am Donnerstagnachmittag einen Auszug aus der Unternehmensphilosophie von Veolia, der im Kontext von Seegers Fall als zynischer Kommentar erscheint: "Der Mensch steht im Mittelpunkt". Darauf antwortet der ehemalige Bahn-Gewerkschafter und Landtagsmitglied in Nordrhein-Westfalen, Dirk Schlömer: "Problem ist: Wer im Mittelpunkt steht, steht meistens im Weg!"

Auch aus den Rathäusern der BOB-Region werden verärgerte Stimmen laut. Arnfried Färber, heute stellvertretender Landrat in Miesbach, war bis 2008 Bürgermeister in Hausham, wo Seeger lebt: "Ich kenne Herrn Seeger seit vielen Jahren und bin ständig mit ihm in Kontakt. Deshalb weiß ich, dass sich seine Familie sehr wohl fühlt. Und was die Gesundheit von Herrn Seeger betrifft, kann ich sagen, dass er bis Montag vor Gesundheit nur so gestrotzt hat."

Über die familiären und gesundheitlichen Gründe für den angeblich freiwilligen Rückzug des BOB-Managers, wie sie in der offiziellen Veolia-Erklärung vom Montag stehen, "kann ich nur lachen". Wie viele Lokalpolitiker in der Region hat Färber nun "große Zweifel, wie es weitergehen wird". Er fordert von der Veolia zwar, die bisherigen Standards im Angebot der BOB zu halten, doch das Vertrauen in den französischen Verkehrskonzern ist mit dem Rückzug des bisherigen Managers gestört. "Seeger war BOB." Nun löse ein Betriebswirtschaftler einen gelernten und begeisterten Eisenbahner ab.

Auch der Lenggrieser Bürgermeister Werner Weindl ist "total erschüttert" und hält "gar nichts davon", dass Seeger geht. Das sei "ein schwerer Schlag für die BOB, für die Gemeinden und für die Landkreise" sagt Weindl. "Heino Seeger war immer ansprechbar, hat sich Zeit genommen und nach Lösungen für Probleme gesucht." Außerdem sei er der Region verbunden gewesen. Das sei nun vorbei.

Zu Seegers Nachfolger Axel Sondermann will Weindl sich noch kein Urteil erlauben. Er rechnet aber damit, dass in Zukunft "nur noch die Zahlen zählen werden. Nicht der Betrieb und nicht die Kundenorientierung". Wahrscheinlich würden weniger rentable Fahrkartenschalter geschlossen, die für guten Service aber notwendig wären. Von den Gründen für Seegers Entlassung weiß auch er nichts. "Vielleicht hat er nicht in dem Maße auf die Zahlen geschaut, wie die Konzernspitze es sich gewünscht hätte."

Karl-Heinz Zimmermann, ehemaliger Vorstand der EVG, berichtet außerdem von Plänen des französischen Veolia-Konzerns, seine gesamte Verkehrssparte abzustoßen. Vielleicht wolle man sich vorher möglicher Kritiker dieser Pläne entledigen. Die Veolia Verkehr mit Sitz in Berlin will sich nicht äußern und bleibt bei ihrer Version vom Rücktritt aus privaten Gründen. Personalien kommentiere man grundsätzlich nicht, teilt die Konzernleitung über ihre Pressestelle mit: "Wir verweisen daher auf die bereits veröffentlichte Pressemeldung, die - wie angemerkt - in Abstimmung mit Herrn Seeger erstellt wurde." Darin werde bereits darauf verwiesen, dass Herr Seeger Veolia Verkehr weiterhin als Berater zur Verfügung stehen wird.

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