Ickinger Bauprojekte:Kahlschlag in der "Perle des Isartals"

Weil in Icking immer mehr Bäume abgeholzt werden, wendet sich der Bund Naturschutz mit einem offenen Brief an die Gemeinde. Das Ziel: Mehr Schutz für verbleibende Gehölze, um Ortscharakter und Ökologie zu wahren.

Von Claudia Koestler

Eine "fatale Entwicklung", so nennt es der Bund Naturschutz (BN), dass in der Isartalgemeinde Icking immer mehr Bäume gefällt werden. Jüngste Beispiele: komplett abgeholzt wurde ein großes privates Grundstück am Wenzberg, Ecke Ludwig-Dürr-Straße, aber auch einige Lärchen auf Gemeindegrund nahe der Kinderkrippe. Deshalb wendet sich die Ortsvorsitzende des Ickinger BN, Beatrice Wagner, nun mit einem offenen Brief und einem Antrag an Bürgermeisterin Margit Menrad (UBI) und die Mitglieder des Gemeinderats. Wagner möchte ein Umdenken erzielen, und zwar "möglichst, bevor in Icking alles kahl geschlagen ist". Konkret fordert Wagner, die Liste der schützenswerten Ickinger Bäume und Baumgruppen zu aktualisieren, diese künftig zu schützen und das auch öffentlich zu kommunizieren. Darüber hinaus formuliert Wagner in ihrem Brief auch einen Antrag: Für die gefällten Lärchen auf dem Gemeindegrundstück sind Ersatzpflanzungen vorzunehmen. Ihre Idee: einige Apfelbäume auf der Straße Richtung Dorfen zu pflanzen, also eine Apfelbaumallee anzulegen und diese künftig fachmännisch zu pflegen.

Ickinger Bauprojekte: Der Bund Naturschutz fordert in Icking mehr "Baubotanik", bei der Pflanzen in Bauten integriert werden. Denn in der Gemeinde müssen immer mehr Bäume weichen - mal für Bauprojekte auf privatem Grund wie hier am Wenzberg, mal auf gemeindeeigenen Flächen, etwa um die Krippe zu erweitern.

Der Bund Naturschutz fordert in Icking mehr "Baubotanik", bei der Pflanzen in Bauten integriert werden. Denn in der Gemeinde müssen immer mehr Bäume weichen - mal für Bauprojekte auf privatem Grund wie hier am Wenzberg, mal auf gemeindeeigenen Flächen, etwa um die Krippe zu erweitern.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Laut Wagner hatte es im Jahr 1991/92 einen Gemeinderatsbeschluss gegeben, einzelne Bäume und Baumgruppen gezielt unter Schutz zu stellen. 1994 war dann ihr zufolge eine "Erfassungsbeschreibung" von 68 Bäumen fertig. Doch mittlerweile seien sehr viele dieser 68 Bäume verschwunden, signifikant viele in den vergangenen fünf Jahren. Mit dem Fällen der ortsprägenden Bäume "entwurzeln Sie einen Teil der personellen Identität der Ickinger Mitbürger", sagt Wagner.

Ickinger Bauprojekte: Beatrice Wagner engagiert sich als Vorsitzende des Ickinger Bund Naturschutz für den Erhalt des gewachsenen Grüns in der Gemeinde.

Beatrice Wagner engagiert sich als Vorsitzende des Ickinger Bund Naturschutz für den Erhalt des gewachsenen Grüns in der Gemeinde.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Als vor wenigen Tagen das private Grundstück am Ende des Wenzbergs "leer geräumt" wurde, wie es die BN-Ortsvorsitzende nennt, nämlich die darin gewachsenen, etwa 80 Jahre alten Bäume gefällt wurden, sei sie von Mitbürgern angerufen worden: "Wir standen dann da und mussten ohnmächtig und teilweise mit Tränen in den Augen zusehen, wie die alten wuchtigen Bäume zu Boden gingen." Aus ihrer Sicht hätten einige Bäume stehen bleiben können, trotz geplantem Neubau. Nun ist das betreffende Grundstück aber nicht in der Hand der Gemeinde. Doch ein paar Wochen zuvor sei eben auch die Kommune selbst mit schlechtem Beispiel vorangegangen, indem sie laut Wagner die Lärchen am Wenzberg, Ecke Kirchenleite, wegen der Kinderkrippenerweiterung hat fällen lassen. Hierzu fragt Wagner: "Geht es nicht auch anders?" Mit den Worten "Icking - Perle des Isartals" habe Bürgermeisterin Menrad die Kommune im Jahresrückblick 2016/2017 des Isartalvereins vorgestellt. Was aber mache die "Perle des Isartals" aus? Es ist laut Wagner - neben anderen Aspekten - in ganz entscheidendem Maße die Natur. "Und warum geschieht dann so wenig, um die Natur - im Speziellen die erhaltenswerten Bäume - zu schützen", fragt sich Wagner. Unter dem Stichwort "Baubotanik" würden derzeit immer mehr innovative Architekten ausgezeichnet, welche es verstehen, lebende Pflanzen in künstliche Bauten zu integrieren. "Das wäre bei der Erweiterung des Hortes auch eine Möglichkeit gewesen, anstatt erst einmal abzuholzen und dann zu bauen", sagt Wagner.

Ihre Forderung, alte Bäume in der Isartalkommune künftig zu erhalten, begründet Wagner mit deren ortsbildprägenden Charakter, aber auch mit ihrer ökologischen und klimatischen Funktion. Gerade weil Icking auch durch seine Hanglage am Hochufer der Isar und durch fortschreitende Flächenversiegelung inzwischen bei Starkregenereignissen Probleme mit Oberflächenwasser habe und unter Überschwemmungen leide, hätten Bäume als Wasserspeicher eine wichtige Funktion. Viele Tiere hätten zudem dort ihre Lebensräume. Mit den Baumfällungen aber beraube sich Icking "der lebenden Natur, die es auszeichnet", sagt Wagner und schlussfolgert: "Das können und wollen wir nicht zulassen."

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