Bad Tölzer Kulturpreis:Ein Signal für die Kraft der Kunst

Der Landkreis verleiht Preise an die Blasmusik-Combo "Tromposaund", den Bildhauer Otto Süßbauer und die Malerin Ruth Kohler. Laudator Zorn hebt die Durchsetzung des Schöpferischen gegen das Kommerzielle hervor

Von Felicitas Amler, Bad Tölz

Otto Süßbauer dürfte nach diesem Mittwochabend seinen Spitznamen weghaben: "Der stille Sokrates von Mooseurach". Mit diesem liebevollen Ehrentitel benannte ihn SZ-Redakteurin Stephanie Schwaderer in der Laudatio zum Kulturpreis des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen. Der Bildhauer Süßbauer aus Mooseurach bei Königsdorf, die Malerin Ruth Kohler aus Münsing und die Blasmusik-Combo Tromposaund aus Holzhausen bei Münsing sind die Träger des seit 2002 alle zwei Jahre verliehenen Preises in den Kategorien "Kunstpreis", "Förderpreis" (2400 Euro) und "Ehrenbrief". Im großen Sitzungssaal des Landratsamts übergab Landrat Josef Niedermaier ihnen die Auszeichnungen vor begeistertem Publikum inmitten vieler Arbeiten der beiden bildenden Künstler.

Niedermaier sprach von Kunst und Kultur als "Markenzeichen des Landkreises", würdigte ganz allgemein die Künstler verschiedener Sparten wie deren Sponsoren und nannte es einen "traurigen Fakt", dass Landkreis und Kommunen sich manch erwünschte Förderung nicht leisten könnten. Wichtig sei es aber, Kunst und Kultur "öffentlichen Raum und Aufmerksamkeit" zu geben. Der Landkreis arbeite gerade an einem elektronischen Künstlerportal, erklärte Niedermaier, das bisher 300 Namen umfasse und noch dieses Jahr im Internet freigeschaltet werden soll, als Recherche- und Kommunikationsplattform.

Bürgermeister Michael Grasl würdigte in seiner Preisrede auf Tromposaund die "schneidigen Buam", die sich in der "Blasmusik-Hochburg" Münsing mit Talent und Witz entwickelt hätten. Sie seien ein gutes Vorbild, eine freche, junge Gruppe, die alles ausprobiere, ihren eigenen Weg gehe, aber authentisch bleibe und nicht abhebe. Der Preis solle sie daher selbst motivieren, so weiterzumachen, aber auch andere anspornen. Den Laudator hatten die sechs Musikanten - Christoph, Hans-Peter, Moritz und Simon Huber, Josef Schmid und Quirin Sturm - nicht zuletzt deshalb ausgewählt, weil er wie sie ein Münsinger Blasmusiker ist.

"Da ist die Kunst, da ist das Büffet, macht's euch einen schönen Abend": So wäre die Begrüßung ausgefallen, hätte der wortkarge Otto Süßbauer sie selbst übernommen, meinte Stephanie Schwaderer. Die Laudatorin hatte etwas mehr zu sagen. Wie Süßbauer, heute 57 Jahre alt, sich als junger Mann mit zig Jobs, vom Schreinern bis zum Bodenverlegen, den Lebensunterhalt sicherte, während er ein autodidaktisches Kunststudium absolviert: "Die Akademie taugte ihm nicht." Wie er sich schließlich an der Seite seiner Ehefrau, der Künstlerin Marianne Süßbauer, zum Bildhauer entwickelte, der aus schwerer Bronze skurrile Figuren ("Dickwänste auf Hühnerfüßen, viel Lächerliches und Absurdes") schafft. Und der sich seit zwanzig Jahren auf große, eigenwillige Kugeln spezialisiert hat: solche aus Holzscheiben, aus Metall, aus Alltagsgegenständen. Und - ein Meisterwerk - eine aus schier unverbiegbaren Tischlernägeln. Auf die Frage, warum er sich das antue, habe er erwidert: "Weil es mich reizt, aus etwas Geradem etwas Rundes zu machen." Schwaderer würdigte dieses 400 Kilogramm schwere Kunstwerk als "Manifestation einer irrwitzigen Idee, die man anfassen kann". Da war der gedankliche Weg zum Philosophen Sokrates, der im Übrigen auch die Bildhauerei gelernt haben soll, nicht weit.

Geradezu der extrovertierte Gegenpol zum stillen Otto Süßbauer ist die gebürtige Fürther Malerin Ruth Kohler, die seit 42 Jahren in Münsing lebt und arbeitet. Der Kunst-Publizist Elmar Zorn hielt die Laudatio auf die 85-Jährige, deren Laufbahn er als "Wunder an Dynamik und Schaffenskraft" bezeichnete. Er zeigte ihre Entwicklung auf, von der figürlichen Darstellung in Kirchenfresken und Glasfenstern bis zur ungegenständlichen, impulsiven, "manisch expressiven" Malerei. Zorn würdigte die weltgereiste Kohler, die an der Seite ihres Ehemanns, des Dokumentarfilmers Werner Prym, auf allen Kontinenten war, als eine "besonders treue Kollegin" und erwähnte die ebenso rastlos tätige Alinde Rothenfußer. Immer wieder arbeitete er jenes Charakteristikum heraus, das er den "Drive in ihrer Malerei" nannte. Und nicht zuletzt dankte Zorn der " wunderbaren Frau" Ruth Kohler mit ihrer Ausstrahlung von Freundschaft, Solidarität und Herzenswärme. Die Ehrung dieser großen Künstlerin sei ein Signal: für die Kraft einer freien schöpferische Kunst, die sich im allgegenwärtigen Kommerz doch immer noch durchsetze.

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