Bad Tölz-Wolfratshausen:Weitere Gewässer

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Bürgermeister und Aktivisten wundern sich, dass das staatliche Pumpspeicher-Kataster neben dem Walchensee und dem Sylvenstein nun auch den Kochelsee auflistet. Doch kaum einer glaubt, dass überhaupt eine Anlage gebaut wird

Von Suse Bucher-Pinell, Bad Tölz-Wolfratshausen

Die am Montag bekannt gewordene Analyse mit möglichen Standorten für Pumpspeicherwerke in Bayern und im Landkreis hat wenig Überraschung ausgelöst. Bis auf einen Namen, der darin auftaucht: Kochelsee. Dass er für ein Pumpspeicherwerk auf dem Jochberg als Unterbecken genutzt werden könnte, war bisher stets ausgeschlossen worden. Nun taucht der See als Alternative zum bisher favorisierten Walchensee auf der Liste auf. Außerdem sind der Mitterberg in der Nähe des Jochbergs sowie der Sylvensteinspeicher unter den vier potenziellen Flächen im Landkreis aufgeführt.

Nicht nur Kochels Bürgermeister Thomas Holz (CSU) wundert es, dass auf einmal auch der Kochelsee unter den insgesamt 16 Standorten bayernweit genannt wird. "Bisher war ich der Meinung, dass er auf keinen Fall genutzt werden kann", sagte Holz am Dienstag. Ein stark schwankender Wasserspiegel, hervorgerufen durch das Hinaufpumpen von Wasser ins Speicherbecken auf dem Jochberg und das anschließende Ablassen über Turbinen zur Stromerzeugung, hätte auch Auswirkungen auf das unter Naturschutz stehende Loisach-Kochelseemoor. Es würde bei jedem Ablassen teilweise überflutet und müsste durch zusätzliche Bauten geschützt werden. Bisher galten diese Argumente in der Diskussion um ein mögliches Pumpspeicherwerk auf dem Jochberg als Ausschlusskriterium. Wie das Ganze technisch zu bewältigen wäre, so weit ins Detail geht die Studie nicht.

Bisher galt es stets als ausgeschlossen, dass der Kochelsee als Unterbecken dienen könnte. Nun steht er doch im Kataster. (Foto: Manfred Neubauer)

Aufgrund des großen Potenzials an Speichervolumen sei der Sylvensteinspeicher aufgenommen worden, heißt es in der Studie. Der Name des Hochwasserrückhaltespeichers ist zwar hier und da schon mal in der Jochberg-Diskussion gefallen, aber ohne dass je konkret darüber gesprochen worden wäre. Und auch jetzt ist man in Lenggries offenbar überrascht, offiziell in den Reigen möglicher Standorte aufgenommen worden zu sein. Im Vorfeld habe es keine Gespräche gegeben, sagt Franz Schöttl (CSU), Zweiter Bürgermeister der Gemeinde. "Wir werden uns kundig machen", sagte er am Dienstag. Einer Realisierung von Pumpspeicherwerken gibt er derzeit ohnehin wenig Chancen, weil sie unter den geltenden Rahmenbedingungen nicht wirtschaftlich betrieben werden könnten. Das bekräftige Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) erneut in einem Schreiben an die Fraktionen im Landtag, das auch Friedl Krönauer, dem Vorsitzenden des Aktionsbündnisses "nochBerg ", vorliegt. Sie prophezeit darin einen vermehrten Bedarf zur Stromspeicherung, delegiert es aber an die Bundesregierung, ein entsprechendes Marktmodell zu schaffen. "Dieses Relativierende von Frau Aigner stößt mich vor den Kopf", schimpft Krönauer. Die Bevölkerung habe ein Anrecht zu wissen, wie es weitergehe; er kündigt an, die Studie genau zu hinterfragen und von der Staatsregierung ein konkretes Konzept zu verlangen. Auf der Bevölkerung im Isarwinkel und Loisachtal werde herumgetrampelt, klagt er. "Das ist fahrlässig."

Wo genau am Sylvensteinspeicher ein Pumpspeicher gebaut werden könnte, ist auch Joachim Martini, Geschäftsführer der Energieallianz Bayern, "nicht ganz klar". Der Verbund kommunaler Stadtwerke ist Träger des auf Eis gelegten Projekts am Jochberg, der durch das Kataster nun als Top-Standort bestätigt wurde. "Wie wir damit umgehen, wissen wir noch nicht", sagt er und fügt an: "Erst mal sacken lassen." In Gesprächen mit den Verantwortlichen will er die Bedeutung der Standortanalyse klären, an der auch Albert Orterer zweifelt. Er glaubt nicht, dass das lang geforderte Kataster überhaupt noch gebraucht werde und mutmaßt, dass es nur deshalb fertiggestellt wurde, weil sonst darauf gepocht worden wäre.

© SZ vom 01.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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