Bad Tölz-Wolfratshausen:Weihnachten ist überall

Lesezeit: 5 min

Wie Partnergemeinden und befreundete Orte in Frankreich, Italien, Ungarn, Norwegen, Japan und der Ukraine das Fest begehen.

Die Kommunen im Landkreis und im angrenzenden Schäftlarn haben Partnerschaften und Freundschaften überall auf der Welt. Und überall wird Weihnachten gefeiert - sogar in Wolfratshausens japanischer Partnerstadt Iruma. Die SZ hat erfragt, welche Bräuche es wo gibt.

Iruma

In Japan herrschen zwar Shintoismus und Buddhismus vor, christliche Bräuche spielen kaum eine Rolle. Dennoch weihnachtet es dort sehr, auch in der Wolfratshauser Partnerstadt Iruma. "Wir haben keine Tradition für das christliche Weihnachtsfest", sagt Yori Ishihara vom Partnerschaftsverein. "Aber wir haben sie nach dem Zweiten Weltkrieg aus den USA importiert." Weihnachten, sagt die gebürtige Tokioterin, die seit zehn Jahren in Icking lebt, sei in Japan sehr populär - vor allem kommerziell. So seien alle Schaufenster in den Geschäften geschmückt, mit Rentieren und "Santa Claus"-Figuren. Und überall ertönten Weihnachtslieder aus den Lautsprechern. "Es ist eigentlich genau wie in Amerika", sagt Ishihira, die jahrelang in den USA gelebt hat.

Weihnachten zu feiern, werde in Japan immer beliebter. Besonders Familien beschenkten inzwischen ihre Kinder - allerdings, wiederum nach amerikanischem Vorbild, erst am Morgen des 25. Dezember. Und sogar Weihnachtsbäume gebe es. "Aber die künstlichen", sagt Ishihira und lacht. "Und sie sind meistens sehr klein, genau wie die Wohnungen in den großen Städten." Für die jungen Leute in Japan sei Weihnachten ein willkommener Anlass zum Feiern. "Japaner lieben Partys und sind immer froh, wenn sie einen Grund dafür haben", sagt sie. Das sei nicht anders als an Halloween oder auch am Valentinstag. An Weihnachten gebe es in Japan zwar keine Feiertage, dafür aber besonders große Partys, die eher weniger besinnlich ausfielen.

Chamalières

Gerhard Meinl, Dritter Bürgermeister von Geretsried, kennt sich als Vorsitzender des Partnerschaftsvereins Geretsried-Chamalières bestens mit den weihnachtlichen Gebräuchen der französischen Freunde aus. "In Chamalières gab es auch einen Weihnachtsmarkt, wie er dort im auch im Advent heißt - ganz ähnlich wie bei uns in Geretsried", erzählt er. Weihnachten versammle sich die ganze Familie aus Nah und Fern. An Heiligabend gebe es schon das große mehrgängige Festessen, genannt Le reveillon, ganz unterschiedlich nach Familientradition, aber immer mit Meeresfrüchten, meist Austern - als Hauptgang zum Beispiel einen Truthahn gefüllt mit Gänse- oder Entenleber und Kastanien. "Jedenfalls ist der Nachtisch ein Muss: eine Kuchen mit Schokoladenüberzug in rechteckiger Form, genannt Buche de Noël", sagt Meinl. "Er erinnert an ein großes Holzscheit im Kamin, dessen Asche dann in den Weihnachtstagen auf den Feldern ausgestreut wird, was Glück und Segen bei der Ernte bringen soll." Danach gehe es in die Mitternachtsmette. Die Geschenke für die Kinder werden in der Nacht zum 25. Dezember vom "Pere Noël" durch den Kamin gebracht.

Barbézieux

In der französischen Partnerstadt von Wolfratshausen gab es am vierten Adventssonntag einen großen Weihnachtsmarkt mit 70 Buden, einer Eislauffläche, Ponyreiten, einem Geschichtenerzähler und einem Weihnachtsmann. Wie der Vorsitzende des Wolfratshauser Partnerschaftsvereins, Rainer Kebekus, erzählt, werden dort statt Bratwurst und gebrannten Mandeln vor allem Austern und poule de Barbézieux gegessen, die berühmte heimische Hühnerrasse. In der ganzen Adventszeit gab es eine besondere Aktion in der Stadt, wie Chantal Gaborit, die dort für die Partnerschaft mit Wolfratshausen verantwortlich ist, berichtet: Leer stehende Geschäfte in der Innenstadt wurden von Händlern bezogen, die dort lokale handgemachte Produkte wie Schokolade und Pralinen, aber auch Weihnachtsschmuck anboten. Auf dem Weihnachtstisch stehen laut Bénard auch das im Südwesten Frankreichs verbreitete Entenkonfit und die Steinpilze der Region, die eingelegt oder eingekocht serviert würden. Dazu trinke man einen guten Bordeaux. Bei Bénard, der aus der Champagne stammt, gibt es zudem reichlich Champagner.

Der große Christbaum im norwegischen Eidsvoll. (Foto: privat)

Pidkamin

Auch im westukrainischen Pidkamin ist die Vorfreude auf Weihnachten groß. Anders als in Deutschland werden die Feste in der Schäftlarner Freundschaftsstadt aber nicht nach dem gregorianischen, sondern nach dem julianischen Kalender berechnet. Pidkamin ist ukrainisch-orthodox, Weihnachten fällt dort auf den 6. Januar, erklärt die in Schäftlarn lebende Ukrainerin Viktoria Sidorova. "Es ist ein sehr familiäres Fest." Die ganze Familie beteilige sich an der Zubereitung der Speisen. Der Tradition entsprechend müssen zwölf Gerichte auf dem Tisch stehen - angelehnt an die zwölf Apostel. Außerdem ist Heiligabend der letzte Tag der Fastenzeit. Deshalb besteht das Abendessen aus fleischlosen Gerichten. Dazu gehören Maultaschen mit Kartoffeln, Kraut, Fisch und Pilzen. Das wichtigste Gericht ist die süße Kutja. Sie besteht aus gekochtem Weizen, Walnüssen, Mohn, Honig und einem Kompott aus getrockneten Früchten. Das älteste anwesende Familienmitglied eröffnet mit einem Gebet, der Segnung der Kutja und dem ersten Löffel davon das Abendessen. "Die Weihnachtsfeiertage fallen auf den 7. und 8. Januar", erklärt Sidorova. "Man geht in die Kirche und versammelt sich danach zum Mittagessen." Dieses Mal mit Fleischspeisen: mit gebratenem Geflügel, hausgemachtem Schinken und geräucherter Wurst. Sternsingergruppen ziehen umher, Verwandte werden besucht. Und man sammelt Geld für einen Tanz- oder Spieleabend.

San Giuliano Terme

Francesco Lombardi und Alessandro Ceccanti sind auf dem Tölzer Christkindlmarkt nicht leicht zu finden. Der Stand von San Giuliano Terme liegt in einer Einkaufspassage abseits der Budenstadt in der Fußgängerzone. In einem großen Verkaufsraum haben sie Würste und Schinken, Pestos, Olivenöl, Weine und Käsesorten von Gorgonzola bis Parmesan auf langen Tischen ausgebreitet. Einen solchen Weihnachtsmarkt gebe es in der Partnerstadt von Bad Tölz nicht, sagt Lombardi. Nur ein paar Kilometer weiter in Vecchiano. "Und bloß unter der Woche." Ansonsten feiert man Weihnachten in der Toscana nicht viel anders als in Bayern. Schon am Tag vor Heiligabend komme die ganze Familie zusammen und bleibe beieinander bis zum ersten Feiertag, erzählt Lombardi. Großeltern, Eltern, Kinder, Enkel - alle seien da. Zumindest an Heiligabend büchse niemand aus und verschwinde etwa in einer Bar. An Ostern sei das anders: "Natale mit Familien, Pasqua mit Freunden", sagt Lombardi.

Deutsche Kinder, wie sie einst in Ungarn als Maria und Josef von Haus zu Haus gingen. (Foto: privat)

Nach der Bescherung unterm Weihnachtsbaum gehen die meisten Italiener in die Christmette. In San Giuliano sei es Brauch, in einer kleinen Prozession eine große Kerze zur Statue der Gottesmutter in der Kirche zu bringen und anzuzünden, sagt Lombardi. Auch am ersten Feiertag ist der Besuch der Festmesse mit Sängern, Chor und Orchester um 11 Uhr mehr oder weniger Pflicht. Lombardi zufolge sind die Straßen in San Giuliano über Weihnachten zumeist leer gefegt. Alle seien zu Hause bei ihren Familien, sagt er. In den Urlaub fahre man erst nach Neujahr. "In die Berge, wenn Schnee liegt."

Pusztavám

Mit dem ungarischen Pusztavám verbindet Geretsried eine Freundschaft mit tiefen Wurzeln - vor 70 Jahren kamen die ersten Vertriebenen von dort an die Isar. Hans Schmuck, Vorsitzender der Landsmannschaft der Deutschen aus Ungarn in Geretsried und im Landesverband, stammt aus einem Ort im selben Gebiet westlich von Budapest: aus Vértesacsa. Schmuck, heute 85 Jahre alt, erinnert sich gern an die weihnachtlichen Bräuche seiner Heimat: Kinder gingen in weißer Tracht als Maria und Josef, begleitet von Engeln und Hirten, von Haus zu Haus zum "Osingr", dem Ansingen des Christkinds (Kriszkindl). Die Hausleute bedankten sich dafür mit Nüssen. In der Familie wurde dann gegessen, man traf sich mit Freunden, ging in die Christmette und aß später zu Hause die Weinsuppe: "Sie sieht aus wie Eierlikör", sagt Schmuck, "die Pusztavámer kennen die auch."

Austern, die in Frankreich auf den Weihnachtstisch kommen. (Foto: Alina Novopashina/dpa)

Eidsvoll

Im Süden Norwegens, 75 Kilometer nördlich von Oslo, liegt die Stadt Eidsvoll, der Geretsried ebenfalls freundschaftlich verbunden ist. Dort bringt der Weihnachtsmann, der Julenisse, an Heiligabend nach dem Essen die Geschenke - oft sei es der Vater selbst, der die Kinder überrascht, erzählt Karin Finskud vom Servicebüro der Stadt. Den Weihnachtsbaum schmücken die Norweger am 23. Dezember abends mit Glaskugeln - und mit kleinen norwegischen Flaggen. Dazu kommen Girlanden. Beim Essen könnte man sich an Karin Finskuds Tisch leicht zu Hause fühlen: Es gibt Würste, Sauerkraut, Kartoffeln und Preiselbeeren. Getrunken werde Bier und Mineralwasser, auch Aquavit, Schnaps, der aus Kartoffeln gebrannt wird und sehr stark sei, weshalb man davon nur wenig trinke. Im Zentrum Eidsvolls steht seit 1. Dezember ein großer Weihnachtsbaum. Wenn er aufgestellt wird, kommen, wie Karin Finskud erzählt, viele Menschen dorthin und werden von Weihnachtsmännern beschenkt.

© SZ vom 24.12.2016 / aip/fam/luga/sci/ihr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: