Bad Tölz-Wolfratshausen:Verfeindete Parteifreunde

Der Kreisverband der Grünen stellt einen förmlichen Ausschlussantrag gegen Paul Wildenauer.

Felicitas Amler

Bad Tölz-Wolfratshausen: Paul Wildenauer zeigt sich gelassen angesichts des Parteiausschlussverfahrens.

Paul Wildenauer zeigt sich gelassen angesichts des Parteiausschlussverfahrens.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Sein Kreisverband will ihn loswerden, aber Paul Wildenauer möchte nicht loslassen: Nach jahrelangen Auseinandersetzungen haben die Bad Tölz-Wolfratshauser Grünen einen Antrag auf Parteiausschluss Wildenauers gestellt. Im Kern geht es um Loyalität und Vertrauen. Beides hält der Kreisverband im Verhältnis zu seinem Mitglied und Kreisrat nicht mehr für gewährleistet. Sollte bei einem Gütetermin, den das Landesschiedsgericht der Partei für März avisiert, keine Einigung erzielt werden, kann sich das Verfahren monatelang hinziehen. Die Antragsbegründung umfasst so viele Details und Belege in Form von E-Mails und Presseausschnitten, dass Stefan Walter, Vorsitzender des Schiedsgerichts, zur Klärung mit einem Dreivierteljahr "Hin- und Herschreiben zwischen den Parteien" rechnet. Die Hürden für einen Parteiausschluss seien grundsätzlich hoch, sagt Walter. "Es muss ein vorsätzliches parteischädigendes Verhalten und gleichzeitig ein Satzungs- oder Gesetzesverstoß vorliegen."

Wildenauer selbst hat in einer E-Mail einmal geschrieben: "Wenn die Fraktion eine privatwirtschaftliche Firma wäre, die Geld verdienen muss, hätten wir uns längst getrennt." Diese Bemerkung war an Klaus Koch gerichtet, den Vorsitzenden der Grünen-Kreistagsfraktion. Die schubweise äußerst intensiven E-Mail-Korrespondenzen Wildenauers sind ein wesentlicher Punkt im Ausschlussantrag. Der Absender verbreite Mails mit "unseriösem und rufschädigendem Inhalt", und dies weit über einen internen Kreis hinaus auch an Medien und konkurrierende Parteien, schreiben Hubert Prömmer und Rudi Seibt namens des Kreisverbands und versuchen dies mit einem "unvollständigen Konvolut" an Belegen zu untermauern.

Wildenauer hat in Pressemitteilungen und Leserbriefen mehrmals Parteifreunde angegriffen. So warf er der Kreisrätin Lucia Schmidt im Zusammenhang mit dem seinerzeit geplanten orientalischen Wellnessbad bei Geretsried Islamfeindlichkeit vor und forderte sie zum Rücktritt auf. Die Grünen verbreiteten Unsinn, schrieb er und legte der Basis nahe, sich einen anderen Vorstand zu wählen. Er attackierte Rudi Seibt und Hans Schmidt als "zwei alte Männer", die im Namen der Grünen über Jugendarbeit fabulierten, "von der sie keine Ahnung haben".

Der von einem ständigen Auf und Ab geprägte Konflikt zwischen Wildenauer und seiner Partei lässt sich auch in SZ-Schlagzeilen darstellen - von "Wildenauer förmlich abgewählt" über "Vertrauen zu Wildenauer" und "Grüne akzeptieren Wildenauers Rücktritt" bis zu "Wildenauer will bleiben" und "Wildenauer legt Amt nieder". Im Ausschlussantrag erklärt der Kreisvorstand, zahllose Gespräche in den vergangenen zehn Jahren hätten nie "zu Einsicht und Veränderung" geführt.

Vorstandsbeisitzer Seibt sagt: "Das Kernproblem ist, dass man sich nicht auf ihn verlassen kann bezüglich Loyalität." Wildenauer sei "eine zwiegespaltene Person". Einerseits habe er immer wieder gute grüne Ideen, andererseits könne keiner im Kreisverband vertrauensvoll etwas mit ihm bereden.

Der Beschuldigte findet, es gehe nur um "persönliche Animositäten". Dann räumt er ein, es könne sein, dass er es "mit den E-Mails mal übertrieben" und "scharfe, polemische Formulierungen unter der Gürtellinie" verwendet habe. Es sei in der Kreistagsfraktion zu wenig geredet worden: "Ich bin immer nur abgeprallt, und dann habe ich halt geschrieben." Aus seiner Sicht sei aber alles beigelegt, er habe sich in einem Online-Forum entschuldigt. An seinen Vorwürfen gegen Lucia Schmidt hält er allerdings fest: Dieser Konflikt sei "nie aufgearbeitet worden".

Wildenauer zeigt sich überzeugt, dass er nicht ausgeschlossen werde. Der Landesvorsitzende Dieter Janecek habe ihn zwar "streng ermahnt", ihm aber signalisiert, das Verfahren werde "im Sande verlaufen". Janecek dementiert dies: "Wir äußern uns nicht zu den Verfahren."

Den kompletten Ausschlussantrag hat nicht der Kreisverband, sondern Wildenauer selbst an die Presse geschickt - per Mail-Anhang.

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