Bad Tölz-Wolfratshausen:Für Fluss, Wild und Gemüse

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Im April 2023 wurden zunächst acht Steinböcke an der Benediktenwand ausgewildert. Zwei weitere folgten. Das Projekt, das den Genpool der Tiere verbessern soll, wurde mit dem Umweltpreis ausgezeichnet. (Foto: Manfred Neubauer)

Der Landkreis zeichnet mit dem Umweltpreis den Verein „Rettet die Isar jetzt!“, den Kreisjagdverband mit der Hochwildhegegemeinschaft Isarwinkel und das Klostergut Schlehdorf aus.

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz-Wolfratshausen

Die Liebe zur Heimat, der respektvolle Umgang mit der Natur und deren Bewahrung für künftige Generationen – all dies ist den Umweltpreisträgern 2024 gemein. Die Auszeichnung, die der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen seit 1993 alle zwei Jahre vergibt, erhielten bei einem Festakt im Landratsamt auf der Tölzer Flinthöhe das Klostergut Schlehdorf, der Verein „Rettet die Isar jetzt!“ und der Kreisjagdverband mit der Hochwildhegegemeinschaft Isarwinkel.

Besonderer Treffpunkt: das Hofcafé am Klostergut Schlehdorf. (Foto: Hartmut Pöstges)

Der Preis soll laut den Richtlinien eine Anerkennung für besondere Leistungen auf allen denkbaren Gebieten des Umwelt- und Naturschutzes und der Erhaltung des hiesigen Lebensraumes sein. Ferner soll er dazu dienen, das Bewusstsein und Verständnis der Landkreisbürgerinnen und -bürger für die vielen, täglichen Umweltprobleme zu erweitern. Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) sagte zu Beginn der Feier, es ließe sich trefflich darüber diskutieren, auf welche Weise Flora und Fauna geschützt werden müssten. Auf alle Fälle verbinde die drei Preisträger, dass jeder auf seine Weise dazu beitrage, den Landkreis in seiner Schönheit zu bewahren. „Jeder Landrat behauptet, dass sein Landkreis der schönste sei“, so Niedermaier. Doch wer dies über Bad Tölz-Wolfratshausen sage, „lügt bestimmt nicht“. Auf die drei Preisträger von diesem Jahr könne man jedenfalls „extrem stolz“ sein.

Die Preisträger des diesjährigen Umweltpreises mit den Laudatoren und Landrat Josef Niedermaier (rechts). (Foto: Harry Wolfsbauer)

Als ökologisches und gemeinwohl-orientiertes Projekt mit Landwirtschaft, Gemüsegärtnerei, Herberge, Werkstätten, Bioladen und Hofcafé erhielt das Klostergut Schlehdorf den mit 1500 Euro und einer Plastik dotierten Preis. Laudator Klaus Koch ging in seiner Rede auf die Bedeutung der Klöster im Landkreis ein. Sie seien besondere Lebensgemeinschaften gewesen, die sich dem Miteinander mit der Natur, der Urbarmachung, aber auch dem Forschen und der Weitergabe von Bildung verschrieben hätten. In dieser Tradition sieht der dritte Landrat das Genossenschaftsprojekt, das die ehemalige Hofstelle und die landwirtschaftlichen Flächen von den Missions-Dominikanerinnen im Kloster Schlehdorf übernommen hat. 65 Hektar werden vom Klostergut bewirtschaftet. In ihrem Tun orientiere sich die Genossenschaft am Wohlergehen von Mensch und Natur, sagte Koch. So sei das Projekt, das 2012 startete, zu einem Dorf im Dorf geworden.

Laudator Franz Schöttl ließ die Anfänge des Vereins "Rettet die Isar jetzt!" Revue passieren. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Wichtiger denn je schätzt Landrat Niedermaier die Arbeit des Vereins „Rettet die Isar jetzt!“ ein. Dies unterstrich auch Festredner Franz Schöttl, Zweiter Bürgermeister der Gemeinde Lenggries: 50 Jahre alt sei der Verein 2024 geworden, der als Notgemeinschaft gegründet worden war. Bei dieser Bezeichnung könne man sich fragen, „ob jemand gestorben ist“, sagte er. Ja, für die obere Isar wäre dies beinahe so gekommen, wenn nicht streitbare Bürger sich für ihren Erhalt als schützenswertes Naturgut eingesetzt hätten. Der Laudator erinnerte an den Anlass der Vereinsgründung: Mit dem Bau der ersten Wasserkraftanlagen, allen voran des Walchenseekraftwerks 1924, habe sich die Flusslandschaft im Isarwinkel und Loisachtal massiv verändert – was einen „enormen Widerstand“ hervorgerufen habe. Denn die geringeren Wassermengen in der Isar bedeuteten das Aus der Flößerei. Um ausreichend Wasser für die Kraftwerke bereitzustellen, wurden Isarzuflüsse umgeleitet. Nicht allein auf deutscher Seite brachte die Nutzung der Wasserkraft Einschnitte für die Flusslandschaft: Nach dem Bau des Achensee-Kraftwerks in Tirol wurde das Wasser der Walchen, eines weiteren Isarzuflusses, zurückgehalten. Sosehr die Wasserkraft einen wertvollen Beitrag als erneuerbare Energie für die Klimawende leiste und der Sylvensteinspeicher Gutes für die Anliegergemeinden gebracht habe, hätten all diese Maßnahmen tiefe Wunden geschlagen. „Naturschutz hat damals eine untergeordnete Rolle gespielt“, sagte Schöttl. Die Nebenbäche der Isar seien zu „reinen Kieswüsten“ verkommen. Beim Rißbach sei dies heute noch so. Vor diesem Hintergrund könne das Wirken des Vereins „Rettet die Isar jetzt!“ nicht hoch genug bewertet werden.

Der Künstler Hans Neumann hat den Umweltpreis gestaltet. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Steinböcke an der Benediktenwand – ein besonderer Anblick, wie Niedermaier konstatierte. Dass dieser Wanderer weiterhin erfreut, war ein Ziel des Auswilderungsprojekts des Kreisjagdverbands und der Hochwildhegegemeinschaft Isarwinkel. Die dortige Steinwildpopulation wies einen hohen Inzuchtgrad auf. Um die Gene aufzufrischen, wurden im vergangenen Jahr zehn Tiere aus dem Schweizer Kanton Wallis an der Benediktenwand ausgewildert.

Als „lebendige Apotheke“ sei das Steinwild lange angesehen worden, führte Laudator Eberhard Freiherr von Gemmingen-Hornberg aus. Bis ins 18. Jahrhundert wurden etwa dem Blut, den Magensteinen, der Milz oder den Hörnern Heilwirkung zugesprochen, was dazu führte, dass der Steinbock Anfang des 19. Jahrhunderts nahezu im gesamten Alpenraum ausgerottet wurde. Bis auf etwa 100 Exemplare im Gran Paradiso, die dem italienischen König Vittorio Emanuele II. gehörten. Er erkannte ihren Wert: Das Steinwild wurde 1821 unter Schutz gestellt. Die Population wuchs danach auf 3000 Tiere an, was Begehrlichkeiten weckte, so der Festredner. Es waren Schweizer, die mithilfe von Josef Berard aus Aymavilles – Mitglied einer legendären Wilderer-Dynastie aus dem Aostatal – lebende Tiere von Italien in ihr Heimatland schmuggelten. Die Tiere wurden Anfang des 20. Jahrhunderts im Wildpark „Peter und Paul“ in St. Gallen angesiedelt. Sie bildeten den Grundstock des Steinwilds in den Schweizer Alpen.

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