Süddeutsche Zeitung

Geschlossene Schulen:Eine Woche schneefrei

Seit Dienstag sind alle staatlichen Schulen im Landkreis geschlossen. Am Freitag entscheidet das Landratsamt, ob der Unterricht kommende Woche wieder stattfinden kann.

Konstantin Kaip und Katharina Schmid

Luisa hat sich "erst mal gefreut", als sie am Sonntag hörte, dass am Montag die Schule ausfallen sollte. Ein "Irrsinnsjubel" sei das gewesen, sagt ihre Mutter Annette Flebbe. Die Elfjährige ist Schülerin der sechsten Klasse am Ickinger Rainer-Maria-Rilke-Gymnasium und sie nutzt die verlängerten Weihnachtsferien, um mit Freunden draußen im Schnee zu spielen und sich - noch mehr als sonst - um ihren Hamster zu kümmern. Allein zuhause sein kennt sie, da ihre Mutter berufstätig ist, für sie ist das deshalb nichts Außergewöhnliches. Aber Luisa ist auch vernünftig und sagt: "Ich hätte gar keine Lust, dass wir nächste Woche noch mal schulfrei haben." Zu viel Stoff würde den Schülern dann "nachhängen", glaubt sie. Ihr Vorschlag: den Unterricht einfach ein wenig später beginnen, damit auch die Schüler, die mit der S-Bahn kommen, rechtzeitig da seien.

Am Montag hatte das Landratsamt mitgeteilt, dass wegen des starken Schneefalls an allen staatlichen Schulen im Landkreis der Unterricht bis einschließlich Freitag entfällt. Wegen des starken Schneefalls sei es nicht gewährleistet, dass Kinder und Jugendliche sicher die Schulen erreichen. Seitdem sind Notgruppen zur Betreuung der Schüler, die dennoch an die Schulen kommen, eingerichtet.

So auch am Gymnasium in Icking. Schulleiterin Astrid Barbeau sagt: "Wir erleben eine absolute Ausnahmesituation. Anfang der Woche war es noch weniger beängstigend, jetzt türmen sich die Schneeberge auf dem Schulweg." 15 bis 20 Lehrer standen noch zu Wochenanfang für den Notdienst an der Schule parat, am Donnerstagmorgen habe Barbeau diesen jedoch auf "ein absolutes Minimum" heruntergeschraubt. Nur noch Lehrer aus Icking seien jetzt vor Ort. Jenen, die aus dem südlichen Landkreis ans Gymnasium pendeln, wolle Barbeau den Schulweg derzeit nicht zumuten. Durch die Schneemassen gebe es kaum mehr Parkmöglichkeiten an der Schule, auch sei es schon zu Unfällen auf dem Schulweg gekommen. Hinzu kommt, dass bislang kein einziger Schüler des Gymnasiums die Betreuung an der Schule in Anspruch genommen habe.

Anders an der Grundschule in Bad Heilbrunn. Etwa zwölf von normalerweise 140 Schülern kommen dort täglich an die Schule, Vormittags- und Nachmittagsbetreuung der Schüler laufen in Notgruppen. Jahrgangsstufenübergreifend wird gebastelt, Sport getrieben oder die Lehrer lesen den Kindern vor. "Beschäftigung, ohne Stoff zu machen", sagt Rektorin Gabi Bauernfeind. Die meisten Eltern hätten für die Entscheidung, den Unterricht ausfallen zu lassen, Verständnis gezeigt. An der Grund- und Mittelschule am Hammerschmiedweg in Wolfratshausen hat der Unterricht am Montag noch ganz normal stattgefunden. Von der Entscheidung des Landratsamts hatte Schulsekretärin Angelika Weigl erst gegen 14 Uhr erfahren. Sie vermeldete die Nachricht sogleich auf der Homepage und informierte den Elternbeirat. Den restlichen Nachmittag war Weigl vor allem am Telefon, um ungläubigen Eltern die verordnete schulfreie Zeit zu bestätigen.

Auch die Wolfratshauser Schule hat eine Notbetreuung eingerichtet. Das Angebot nutzten jedoch nur wenige, sagt Rektor Frank Schwesig. "Wir haben im Schnitt 13 Kinder, die betreut werden mussten." Alle kämen aus der Grundschule. Am Dienstag habe er noch das Kollegium in voller Stärke einbestellt, seit Mittwoch aber gebe es nur noch einen Notdienst von einigen betreuenden Lehrkräften, die anderen hätten Rufbereitschaft. "Die Kinder werden beaufsichtigt, spielen Gesellschaftsspiele oder gehen raus in den Schnee", beschreibt Schwesig die vergangenen Tage. "Sie vertreiben sich die Zeit sehr schön."

Die Notbetreuung gehe dann nahtlos in die Mittags- und Nachmittagsbetreuung über. Doch auch die werde mäßig angenommen, wie Eva Bruschek vom Kinder- und Jugendförderverein (KJFV) berichtet. Am Dienstag sei die Mittagsbetreuung noch geöffnet gewesen, doch nur wenige Kinder hätten sie beansprucht. Seitdem sei sie geschlossen, alle Kinder würden in den beiden Horten betreut. Es komme jedoch "nicht einmal die Hälfte" der Schüler. Die meisten Eltern kommen offenbar mit der Ausnahmesituation zurecht. "Von Problemen habe ich nichts mitbekommen", sagt Kathrin Ries vom Elternbeirat der Wolfratshauser Grundschule. Viele Berufstätige gäben ihre Kinder bei den Großeltern oder bei Schulfreunden ab. Ries selbst befindet sich derzeit in Elternzeit, ihr Sohn aus der zweiten Klasse bleibe bei ihr und seinen zwei jüngeren Brüdern daheim. "Er beschäftigt sich sehr gut alleine", sagt sie. Beschäftigung böten nicht nur Brettspiele und Bücher, sondern auch die extreme Wetterlage: Am Donnerstag habe ihr Sohn vor dem Haus Schnee geschippt. Die schneefreie Woche habe für ihn schon auch "etwas Spektakuläres", erzählt Ries. "Die ersten zwei Tage haben wir uns in Wolfratshausen ehrlich gesagt schon gewundert", sagt sie. "Aber jetzt versteht man, warum."

Das anhaltende Schneechaos hat inzwischen auch die Nachbarlandkreise dazu bewogen, ihre Schulen zu schließen. Am Freitag fällt der Unterricht auch in Penzberg und in Schäftlarn aus. Wie es weitergeht, hängt von der Wetterlage ab. Für Bad Tölz-Wolfratshausen entscheidet das Schulamt am Freitag, ob die Schulen am Montag wieder öffnen oder nicht. Eine ganze Woche schneefrei hat auch Schulleiter Frank Schwesig noch nicht erlebt. Den Schülern gehe die Zeit aber ab, betont er - "besonders den Abschlussklassen".

Es sei daher wünschenswert, dass der Unterricht am Montag wieder stattfindet. Bleibt das Wetter so, hält er weitere freie Tage trotz allem für gerechtfertigt. Schließlich sei ein sicherer Schulweg nicht mehr gewährleistet. <NM1>"Klar würden wir gerne wieder anfangen", sagt Schwesig. "Die Gesundheit von Schülern und Lehrern geht vor."

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SZ vom 10.01.2019/emo
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